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Unwiederbringlich

Unwiederbringlich

Titel: Unwiederbringlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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umgebende Wiesenplaine war, weil zu nahe, wie in der Tiefe verschwunden, dafür aber zeigte sich alles Fernergelegene klar und deutlich, und während, nach links hinüber, die Wipfel eines weiten Waldzuges in der niedergehenden Sonne blinkten, sah man nach rechts hin die blauflimmernde Fläche des Meeres. Holk und Ebba wollten aufstehen, um erst von dem einen und dann vom andern Fenster aus das Bild voller genießen zu können, die Prinzessin aber litt es nicht; sie verstände sich auch auf Landschaft und könne versichern, daß gerade so, wie's jetzt sei, das Bild am schönsten wäre. Zudem habe der Kaffee (die Kastellanin erschien eben mit einem mit dem schönsten Meißner Service besetzten Tablett) auch sein Recht, und was die Pracht der momentan allerdings unsichtbar gewordenen Plaine betreffe, so würde diese schon wieder zutage treten, wenn auch erst später. Alles zu seiner Zeit. »Und nun, liebe Schimmelmann, bitte machen Sie die Honneurs. Offen gestanden, ich sehne mich nach einer Erfrischung; so nah der Weg war, so war er doch gerade weit genug. Wenigstens für mich.«
    Die Prinzessin schien bei bester Laune, was sich neben anderem auch in ihrer noch gesteigerten Gesprächigkeit zeigte. Sie scherzte denn auch darüber und suchte bei Pentz, der heute gar nicht zu Worte komme, Indemnität nach. »Indemnität«, fuhr sie dann fort, »auch solch Wort aus dem ewig Parlamentarischen. Aber, parlamentarisch oder nicht, auf die Sache selbst, auf Straferlaß, hab ich insoweit einen wirklichen Anspruch, als es keinen Platz gibt, selbst mein geliebtes Frederiksborg nicht ausgenommen, wo mir so plauderhaft zumut sein dürfte wie gerade an dieser Stelle. Es gab Zeiten, wo ich beinah täglich hier war und mich stundenlang dieser Meer- und Waldherrlichkeit freute. Freilich, wenn ich sagen sollte, daß diese Freude das gewesen wäre, was man so landläufig ›Glück‹ nennt, so würd ich's damit nicht treffen. Ich habe nur immer erquickliche Ruhe hier gefunden, Ruhe, die weniger ist als Glück, aber auch mehr. Die Ruh ist wohl das Beste.«
    Holk horchte auf. Ihm war, als ob er dieselben Worte ganz vor kurzem erst gehört habe. Aber wo? Und suchend und sinnend fand er's auch wirklich, und der Abend auf Holkenäs und das Bild Elisabeth Petersens traten mit einem Male vor ihn hin, und er hörte wieder das Lied und die klare Stimme. Das war noch keine Woche, und schon klang es ihm wie aus weiter, weiter Ferne.
    Die Prinzessin mußte bemerkt haben, daß Holks Aufmerksamkeit abirrte. Sie ließ deshalb das Allgemeine fallen und fuhr fort: »Sie werden kaum erraten, lieber Holk, welcher Küstensaum es ist, der da, von drüben her, uns ins Fenster sieht.«
    »Ich dachte Schweden.«
    »Doch nicht eigentlich das. Es ist Hveen, das Inselchen, darauf unser Tycho de Brahe seinen astronomischen Turm baute, sein ›Sternenschloß‹, wie's die Welt nannte... Ja, die Brahes, auch um meiner eigenen Person willen muß ich ihrer immer in Anhänglichkeit und Liebe gedenken. Es sind nun gerade fünfundvierzig Jahre, daß Ebba Brahe, die damals bewunderte Schönheit bei Hofe, mein Hoffräulein war und meine Freundin dazu, was mir mehr bedeutete. Denn wir bedürfen einer Freundin, immer und allezeit« (die Prinzessin reichte der Schimmelmann die Hand), »und nun gar, wenn wir jung sind und im ersten Jahr unserer Ehe. Pentz lächelt natürlich; er kennt nicht das erste Jahr einer Ehe.«
    Der Baron verneigte sich und schien nicht bloß seine Zustimmung, sondern auch eine gewisse humoristische Befriedigung über diesen Tatbestand ausdrücken zu wollen, die Prinzessin ließ es aber nicht dazu kommen und sagte: »Doch ich wollte von Ebba Brahe sprechen. Auf manchem Namen liegt ein Segen, und mit den Ebbas habe ich immer Glück gehabt. Wie wenn es gestern gewesen wäre, steht der Tag vor mir, an dem ich, von eben dieser Stelle aus, nach Hveen hinüberwies und zu Ebba Brahe sagte: ›Nun, Ebba, möchtest du nicht tauschen? Hast du keine Sehnsucht nach dem Schloß deiner Ahnen da drüben?‹ Aber sie wollte von keinem Tausche wissen, und ich höre noch, wie sie mit ihrer bezaubernden Stimme sagte: ›Der Blick von der Eremitage nach Hveen ist mir doch lieber als der von Hveen nach der Eremitage.‹ Und dann begann sie zu scherzen und zu behaupten, daß sie ganz irdisch sei, viel zu sehr, um sich für das ›Sternenschloß‹ begeistern zu können. Unter allen Sternen interessiere sie nur die Erde, zu deren nächtlicher Beleuchtung die andern bloß da

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