Unzaehmbares Verlangen
eindeutig aus -, würde er mit ihr fertig werden. Er würde ihr den gleichen Vorschlag unterbreiten, den er bereits Charlie gemacht hatte.
Mit ein wenig Glück wäre Miß Thornquist begeistert von der Aussicht, in wenigen Monaten reich zu sein, und würde sofort in das nächste Flugzeug nach Kansas - oder wo auch immer sie herkam - steigen.
Joel erinnerte sich dunkel, daß auch einmal die Rede von einem Verlobten gewesen war.
Während er versuchte, einen Ring an ihrer schmalen Hand zu entdecken, drehte sich Letitia wieder zu dem Priester um, der jetzt die abschließenden Worte sprach.
»Charlie hat diese Welt verlassen, während er seiner Lieblingsbeschäftigung nachging«, sagte der Priester. »Nicht alle haben so viel Glück. Seine Familie und seine Freunde werden ihn vermissen, aber sie können sicher sein, daß er sein Leben so gelebt hat, wie er es wollte.«
Joel starrte auf die Urne. Ich werde dich vermissen, du alter
Gauner, auch wenn du alle meine Pläne über den Haufen geworfen hast.
Interessiert beobachtete er, wie Letitia ihre schwarze Handtasche öffnete, ein weiteres Taschentuch herausholte und sich damit die Nase putzte. Dann schob sie das zerknüllte Tuch in die Tasche zurück und versuchte, unauffällig ihren Blazer zu glätten. Ein sinnloses Unterfangen, wie Joel für sich feststellte. Letty - so hatte Charlie sie genannt -gehörte anscheinend zu den Menschen, die bereits wenige Minuten, nachdem sie sich angezogen hatten, aussahen, als hätten sie in ihrer Kleidung geschlafen.
Letty schien seinen Blick zu spüren und drehte sich erneut um. Joel ertappte sich dabei, wie er sich plötzlich fragte, ob sie auch dann diesen neugierigen Gesichtsausdruck zeigte, wenn sie mit einem Mann im Bett lag. Er stellte sich vor, wie ihre Augen aussahen, wenn sie den Höhepunkt erreichte. Bei dem Gedanken daran mußte er unwillkürlich lächeln - zum ersten Mal seit Tagen.
»Und nun wollen wir uns einen Augenblick besinnen und Charlie gemeinsam immerwährendes Anglerglück wünschen.« Der Priester beugte den Kopf, und die Trauergemeinde folgte seinem Beispiel.
Als Joel nach einer Weile den Blick hob, sah er, wie der Priester Morgan Thornquist die Urne überreichte. Die kleine Gruppe in den vorderen Bänken erhob sich und schritt langsam zur Kirchentür.
Morgan und Stephanie blieben stehen, um mit einigen Trauernden ein paar Worte zu wechseln. Joel beobachtete Letitia, die schon wieder nach einem Taschentuch suchte. Als sie ihre Handtasche öffnete, fielen zwei zerknüllte Tücher auf den Boden. Sie bückte sich, um sie unter der Kirchenbank hervorzuangeln. Dabei rutschte ihr die Bluse aus dem Rock, und sie stellte die Kurven eines außergewöhnlich wohlgeformten Pos zur Schau. In diesem Augenblick beschloß Joel, daß Miß Letitia Thornquist ihm vielleicht Unannehmlichkeiten, aber keine bedeutenden Probleme bereiten solle. Instinktiv ging er auf die Bank zu, wo Letitia auf allen vieren den Boden nach ihren Taschentüchern absuchte.
»Lassen Sie mich Ihnen helfen, Miß Thornquist.« Joel bückte sich und hob die feuchten Taschentücher auf. Dann reichte er sie Letitia, die immer noch halb unter der Bank kniete. Ihre riesigen meergrünen Augen musterten ihn erstaunt.
»Danke«, murmelte sie und versuchte aufzustehen und dabei gleichzeitig Rock und Jacke zurechtzuziehen.
Joel unterdrückte einen Seufzer, während er sie an ihrem Arm nach oben zog. Miß Thornquist fühlte sich leicht, aber erstaunlich stark und lebendig an.
»Alles in Ordnung?« fragte er.
»Natürlich. Ich weine immer auf Beerdigungen.«
Morgan Thornquist kam lächelnd herübergeschlendert. »Hallo, Joel. Wie schön, daß Sie kommen konnten.«
»Nichts in der Welt hätte mich davon abhalten können, an Charlies Beerdigung teilzunehmen«, meinte Joel trocken.
»Das verstehe ich. Haben Sie meine Tochter schon kennengelernt?« fragte Morgan. »Letty, das ist Joel Blackstone, Charlies Geschäftsführer bei Thornquist Gear.«
Lettys Augen funkelten neugierig. »Schön, Sie kennenzulernen.«
»Ganz meinerseits«, erwiderte Joel knapp.
»Sie begleiten uns doch zur Hütte, nicht wahr?« forderte Morgan ihn auf. »Wir werden uns auf Charlies Wohl einige Drinks und ein gutes Abendessen gönnen.«
»Danke, aber ich will noch heute abend nach Seattle zurückfahren.«
Stephanie kam herüber und stellte sich neben Joel. »Warum bleiben Sie nicht über Nacht? Dann können wir gemeinsam essen.«
Warum, zum Teufel, eigentlich nicht? So hatte er
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