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Urban Gothic (German Edition)

Urban Gothic (German Edition)

Titel: Urban Gothic (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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Bruders.«
    »Daran hättest du früher denken sollen.«
    Tyler wirbelte zu ihm herum und rammte Javier einen Finger in die Brust.
    »Dieser Scheißdreck ist nicht meine Schuld. Brett war derjenige, der sie Nigger genannt hat.«
    Javiers Körper versteifte sich. Seine Kiefermuskeln spannten sich an. Einen Moment lang dachte Kerri, er wollte Tyler schlagen, dann jedoch entspannte er sich und hob kapitulierend die Hände.
    »Schon gut«, flüsterte er. »Schon gut. Bleib cool. Aber wir können die Tür nicht aufbrechen, Mann. Wenn die noch da draußen sind, hören sie uns. Am besten gehen wir in eins der Zimmer, suchen uns ein Fenster und spähen durch die Spalte zwischen den Brettern raus. Vielleicht können wir erkennen, wo sie sind.«
    Tyler nickte. Seine Schultern sackten herab.
    »Du hast recht.«
    Er ging los und öffnete die erste Tür zu seiner Linken. Die rostigen Angeln knarrten, als sie langsam aufschwang und weitere Dunkelheit offenbarte. Kerri trat hinter Tyler und hielt ihr Feuerzeug über seinen Kopf, um das Zimmer zu beleuchten.
    »Beeil dich«, flüsterte sie. »Mein Feuerzeug wird immer heißer.«
    Tyler zögerte.
    Und nach diesem Zögern änderte sich alles.
    Alles lief komplett aus dem Ruder.
    Kerri sah die bedrohliche, schattige Gestalt auf der anderen Seite des Eingangs. Sie wusste, dass Tyler sie ebenfalls bemerkt hatte, denn sein gesamter Körper versteifte sich. Er gab keinen Laut von sich. Kerri wollte die anderen warnen, aber ihr Mund fühlte sich plötzlich staubtrocken, ihre Zunge wie Schleifpapier an. Der Atem stockte ihr in der Brust.
    Die Person im Zimmer wirkte unglaublich groß. Ihre Gesichtszüge konnte Kerri nicht ausmachen, aber der Kopf musste beinahe die Decke berühren. Unter den breiten Schultern folgte ein Rumpf so massiv wie ein Ölfass. Die Gestalt hielt etwas in der Hand. Es sah wie ein riesiger Hammer aus.
    Tyler stöhnte.
    Dann setzte eine blitzschnelle Bewegung ein.
    Kurz nach Kerris zwölftem Geburtstag hatte ihr älterer Bruder von irgendwoher Chinakracher aufgetrieben. So groß wie ihre Handfläche, und sie hatte sich nicht wohl damit gefühlt, die Böller in der Hand zu halten. Ihr Bruder und seine Freunde vom College hatten die Sprengkörper in eine Wassermelone gesteckt, um herauszufinden, was passierte. Nachdem sie die Lunten angezündet hatten, gab es einen gewaltigen Donnerschlag, gefolgt von einem wilden Schauer aus Samen, rosa Pampe und Schalenteilen.
    Dasselbe geschah mit Tylers Kopf. Nur handelte es sich nicht um Samen und Schalenteile, sondern um Knochen, Haare und Gehirnmasse. Warme Feuchtigkeit spritzte Kerri ins Gesicht und durchtränkte ihre Bluse und ihren BH. Sie schmeckte die Flüssigkeiten am Gaumen und spürte, wie sie ihr den Kopf hinab und in die Ohren liefen. Etwas Heißes, Widerliches und Festes kroch über ihre Lippen. Sie würgte und ließ das Feuerzeug fallen.
    Tyler stand noch einen Moment lang zitternd da. Dann sackte er mit einem dumpfen Laut zusammen.
    Kerri öffnete den Mund, um zu schreien, doch Brett kam ihr zuvor.
    Die riesige Gestalt stürzte auf sie zu.

2
    »Scheiß drauf«, murmelte Leo. »Weiter geh ich nicht.«
    Markus und die anderen glotzten ihn ungläubig an. Sie waren am Rand des Lichtkegels der Straßenbeleuchtung stehen geblieben, etwa 50 Meter von dem verlassenen Haus am Ende des Blocks entfernt. Wolken hatten sich vor den Mond geschoben. Dieser Abschnitt präsentierte sich stockfinster.
    »Willst du denen das etwa durchgehen lassen?«, fragte Jamal. »Hast du eigentlich gehört, was die gesagt haben?«
    Leo nickte. »Hab ich. Aber sieh dir mal die Fakten an, Jamal. Sechs Weißbrote. Ihrer Kleidung nach zu urteilen, würde ich sagen, die sind aus den Vororten. Sie kommen in die Stadt, verfahren sich, haben ausgerechnet in diesem Viertel eine Panne – und dann traben wir an. Wahrscheinlich haben wir denen eine Scheißangst eingejagt.«
    »Stimmt«, räumte Markus ein. »Wahrscheinlich dachten sie, wir wollen Crack oder so verhökern. Hocken wohl ständig daheim rum, sehen sich The Wire an und glauben, alle Kids in einem schwarzen Viertel müssen automatisch mit Drogen dealen.«
    »Das ist voll beschissen«, meldete sich Chris zu Wort. Er war der Jüngste der Gruppe und schaute zu allen anderen auf, vor allem zu Leo und Markus. Da er von ihnen anerkannt werden wollte, schloss er sich immer ihren Entscheidungen an. »Und was machen wir jetzt?«
    Leo schwieg und dachte über ihre Optionen nach. Er starrte zu dem Haus und in

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