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Urban Gothic (German Edition)

Urban Gothic (German Edition)

Titel: Urban Gothic (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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wohnte. Niemand bei klarem Verstand wagte sich nach Einbruch der Dunkelheit nach Camden, aber Tyler schwor, dass er wusste, was er tat. Er versprach, sein Freund hätte tolles Gras. Und so lenkte Tyler den Kombi durch ein verwirrendes Labyrinth von Straßen und behauptete weiterhin steif und fest, zu wissen, was er tat.
    Sie fuhren an einem Reihenhausblock nach dem anderen vorbei und sahen nur gelegentlich ein Geschäft – einen Matratzenladen, eine Münzwäscherei, ein Pizzalokal, das Büro eines Kautionsvermittlers. Auf der offenen Veranda von einem der Reihenhäuser lungerten einige Typen herum und beobachteten sie, als sie vorbeikamen. Ihre eindringlich starrenden Blicke machten Kerri nervös. Trotz seiner Beteuerung, sich auszukennen, wurde auch Tyler unruhig, als die Straße, durch die er fahren musste, wegen Bauarbeiten ein Weiterkommen unmöglich machte. Orange-weiße Ölfässer mit blinkenden gelben Lichtern blockierten den Weg.
    »Was zum Henker soll das?« Stirnrunzelnd zeigte Tyler auf ein großes, verbeultes Schild mit der Aufschrift STRASSE GESPERRT.
    »Hier ist gesperrt«, teilte ihm Brett mit.
    »Das seh ich selbst, du Penner. Vielen Dank auch.«
    »Du brauchst ein Navi«, warf Stephanie ein. »Meine Eltern haben mir letztes Jahr eins zum Geburtstag geschenkt. Ich verfahr mich nie .«
    Tyler runzelte die Stirn nur noch tiefer. »Deine Eltern kaufen dir alles, Prinzessin.«
    Stephanie zuckte mit den Schultern. »Tja, hättest du ein Navi, säßen wir jetzt nicht hier fest, oder?«
    »Mich überrascht, dass du weißt, wie man so ein Scheißding bedient.«
    »Hey.« Brett meldete sich zu Wort und wollte seine Freundin verteidigen, allerdings klang er nervös. »Ganz ruhig, Tyler.«
    »Halt gefälligst die Klappe, Brett.«
    »Das ist vollkommen unnötig. Hör auf damit, oder ich ...« Brett ließ den Satz unvollendet. Unbehaglich rutschte er hin und her.
    »Oder was?«, zog Tyler ihn auf. »Schlägst du mich sonst beim Schach? Lehn dich einfach zurück und halt’s Maul, Weichei.«
    Kerri, die Tylers wachsende Aggression spürte, versuchte, ihren Freund zu beruhigen. »Tyler, warum drehst du nicht einfach um, und wir fahren nach Hause? So dringend brauchen wir das Gras nicht.«
    Einen Moment lang knautschten sich Tylers attraktive Züge zusammen, und Kerri konnte förmlich sehen, wie er darum kämpfte, nicht die Beherrschung zu verlieren. Wenn sie unter sich waren, konnte Tyler wirklich süß sein, aber manchmal ging sein Temperament mit ihm durch, und das endete selten gut. Er hatte sie zwar noch nie geschlagen oder war ihr gegenüber sonst irgendwie gewalttätig geworden, aber er sagte dann Sachen, die schlimmer schmerzten als jeder Schlag.
    Er schüttelte den Kopf. »Alles bestens. Ich kann die Straße umfahren. Wir müssen nur einen Block weiter und dann zurück.«
    Letztlich führte sie der Umweg in die entgegengesetzte Richtung der Ben-Franklin-Brücke. Tylers mühsam beherrschte Fassade bekam Risse, als sie sich auf einem gewundenen Abschnitt des Lower Carlysle Thruway wiederfanden und durch einige der übelsten Gegenden von Philadelphia kurvten. Verlebte, ausgemergelte Nutten streunten über den Bürgersteig. Eine Frau mit gehetztem Blick und feuerroten Haaren zeigte ihnen den Mittelfinger, als sie an ihr vorbeifuhren. Ein riesiges Herpesbläschen verunstaltete einen ihrer Mundwinkel. Brett winkte ihr zu. Steph stieß ihm den Ellenbogen in die Rippen.
    Die Straße erwies sich als zerfurcht und rissig. Das Auto holperte über ein klaffendes Schlagloch und polterte und ratterte dermaßen, dass Dustin seinen kleinen Bruder zweifellos mit einem Sturmgewehr verfolgt hätte, wäre er hier gewesen. Etwas schrammte an der Unterseite der Karosserie entlang. Brett schnaufte auf dem Rücksitz, den anderen zog sich alles zusammen, als das schabende Geräusch andauerte.
    »Leck mich am Arsch«, stieß Tyler leise hervor.
    »Das hättest du wohl gern«, murmelte Kerri.
    Er lächelte, doch es wirkte eher mechanisch. Sie setzten den Weg fort und verlangsamten die Fahrt, bis ein träges Kriechen daraus wurde. In der zunehmend trostloseren Umgebung passierten sie eine Reihe versifft aussehender Kneipen, vor denen Gäste in grelles Neonlicht getaucht herumlungerten. Dann wichen die Kneipen allmählich Pfandleihen, Schnapsläden und völlig verwahrlosten Wohnhäusern.
    »Meine Fresse«, meldete sich Brett zu Wort. »Seht euch diese Häuser an. Wie kann jemand nur so leben?«
    Sie hielten vor einer roten Ampel.

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