Utopolis
deutschen bürgerlichen Arbeiterdichtung zwischen den beiden Weltkriegen; als solches belegt es ein politisches und gesellschaftskritisches Engagement, an das die westdeutsche Unterhaltungsliteratur nach 1945 nicht mehr anzuknüpfen vermochte und unter den Konstellationen des Kalten Krieges, in dessen Dienst sie sich weithin stellte, auch gar nicht anknüpfen wollte. Daß der Roman auch sonst lesenswert geblieben ist, davon überzeugt die Lektüre; vor allem jene Passagen, in denen das babylonische Wirrwarr der Großstadtmetropole U-Privat vor ihrer Vernichtung in grelle Schaubilder gesetzt wird, erreichen eine gewisse literarische Höhe und bieten Assoziationen zu Werken, die zum festeren Bestand der Literatur jener Jahre gehören. – Angesprochen auf die zeitgenössische Aufnahme des Romans und seine unmittelbare Wirkung, antwortete Werner Illing: »Sie fragen, wie ›Utopolis‹ damals angekommen ist? Ich glaube, recht gut. Ich bekam viele Zuschriften, die zu beantworten nicht leicht waren, weil ich spezifizieren sollte, was ich selbst nicht so genau wußte … Bei Par teiversammlungen der SPD in Berlin wurde ich oft auf das Buch angesprochen. Dort mochte man es. 1935 wurde ich deshalb von der Gestapo vorgeladen. Ich arbeitete damals am Deutschlandsender in der Sparte der gehobenen Unterhaltung. Der dringenden Aufforderung, Nazi zu werden, widerstand ich. Und nun ›Utopolis‹! Die Befragung war peinlich, ich wurde verwarnt, kam aber noch einmal davon.«
Karl Riha
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