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Vaethyr - Die andere Welt

Vaethyr - Die andere Welt

Titel: Vaethyr - Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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zu sagen. Alle habe fürchterliche Angst vor ihm.«
    Sams unpassende Anwesenheit und Jons quälender Anblick hatten sie in eine merkwürdige Stimmung versetzt. Fast so, als hätte mit ihnen bereits die wirre Atmosphäre von Stonegate Manor in der Schule Einzug gehalten. »Ich habe keine Angst vor ihm«, sagte sie.
    »Tapfere Rosie. Dann habe ich auch keine Angst.«
    »Gut«, sagte sie, »denn sollte er dir auch nur ein Haar krümmen, bringe ich ihn um.« Beruhigend tauchte Oakholme hinter dem Gespinst der Winterbäume auf. Nach einer kurzen Pause fragte Rosie: »Magst du Jon eigentlich, Lucas?«
    »Der scheint in Ordnung zu sein«, kam prompt die Antwort. »Aber noch kenne ich ihn nicht. Ist ein bisschen still. Wenn wir in derselben Jahrgangsstufe wären, könnten wir uns vielleicht gemeinsam vom Sportunterricht drücken.«
    Eine Stunde später, als Rosie aus ihrem Zimmer nach unten kam,hörte sie ihre Mutter in der Küche mit jemandem sprechen. Ihr Herz hüpfte. Sie hatte sich umgezogen und trug jetzt Jeans und ein weinfarbenes Samttop, hatte sich das Haar so lange gebürstet, bis es glänzte … für den Fall, dass Jon käme.
    Ruhig ging sie den Flur hinunter auf den Lichtschein zu, der aus der Küche kam, und sah ihre Mutter dort am warmen Aga-Herd lehnen, das Haar zu einem lockeren Pferdeschwanz zusammengebunden. Sie lächelte und plauderte mit jemandem, der von der Tür verborgen war. Rosie biss sich auf ihre Unterlippe, damit diese röter wurde, schluckte und trat dann lässig ein.
    Doch der junge Mann, der am Landhaustisch saß, war nicht Jon, sondern Sam. Auch er hatte seine Schuluniform gegen Jeans und einen grauen Zopfpullover getauscht, wirkte viel älter als seine siebzehn Jahre und absolut engelsgleich.
    Unter Rosies Füßen bebte die Erde.
    »Hallo Liebling«, sagte Jessica. »Du hast Besuch bekommen. Kann ich euch allein lassen, ich habe oben noch was zu erledigen? Das Wasser hat schon gekocht.« Und weg war sie, wartete nicht, bis Rosie antwortete, geschweige denn sie bat zu bleiben. Sam stand auf, ging zur Küchentür und schloss diese ganz beiläufig.
    »Hi«, sagte er.
    »Würdest du bitte gehen?« Rosie stand steif und feindselig mitten im Raum.
    »In einer Minute. Jon sagte, du –« Sams Schultern waren reumütig hochgezogen und seine Augen waren ernst, ohne einen Anflug von Spott. Er streckte ihr eine geschlossene Hand entgegen. Als sie nicht darauf reagierte, legte er einen Gegenstand auf den Tisch. Man hörte ein wasserfallartiges leises Klimpern, dann lag, an seiner Kette hängend, ihr glänzender Kristallanhänger vor ihr. »Du hast danach gefragt, also …«
    »Ich dachte, er würde ihn mir selbst bringen.« Die Worte, die ihre Bestürzung verrieten, kamen ihr ungewollt über die Lippen. Innerlich stöhnte sie. Verdammt, verdammt .
    Sams Augenbrauen zuckten. »Verstehe.« Er seufzte, trat von einem Bein auf das andere und schien sich nicht wohl in seiner Haut zu fühlen. »Tut mir leid, dass ich dich enttäusche, aber es schien ihmnichts auszumachen, als ich ihm anbot, an seiner statt zu kommen. Ich habe übrigens die Kette repariert. Hör zu, Rosie …«
    Wütend und hilflos stand sie mit verschränkten Armen vor ihm.
    »Es tut mir leid«, sagte er. »Wirklich und aufrichtig leid. Wir hatten einen denkbar schlechten Start.«
    »Das sehe ich nicht so«, sagte sie. »Für mich sah es so aus, als hättest du genauso angefangen, wie du weitermachen wolltest.«
    »Nein, nein, habe ich nicht. Ich bin ein Idiot. Ich möchte es wiedergutmachen.«
    Ihr freundliches Naturell hätte ihm seine Entschuldigung gern abgenommen, aber sie erinnerte sich an den blauen Fleck, den er auf der Party an ihrem Arm hinterlassen hatte, und an seine sadistische Freude, sie zu quälen. »Du könntest es mal mit einer Erklärung versuchen, warum du die Schule gewechselt hast«, sagte sie steif. »Ich hab da was von gewalttätigen Schikanen und schwerwiegender Körperverletzung gehört.«
    »Wer hat dir das erzählt?«
    »Wer erzählt das nicht?«, konterte sie.
    Er wandte sich von ihr ab und sagte mit leiser, aber entschlossener Stimme: »Ja, ich bin wegen einer Schlägerei von der Schule geflogen. Und? Sie hatten es verdient.«
    Dass er es einfach so zugab, schockierte sie. »Und das gibt dir wohl das Gefühl, groß und stark zu sein?«
    »Nein, eigentlich nicht.«
    »Und was ist mit Jon?«
    »Allein wollte er dort nicht bleiben, also hat Vater uns beide runtergenommen.«
    »Und jetzt hast du vor, stattdessen auf

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