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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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Lachen. Der Junge machte kehrt und flüchtete dem älteren nach, der in einem Kreisbogen den Hang hinaufgerannt war und dort auf ihn wartete. Rosie sah, wie ihr Angreifer mit einem grollenden »Jon!« den Kleineren an den Schultern packte, dann blieben beide Jungs wie zwei Gespenster mit ihren flatternden Mänteln eine Weile stehen, was ein derart schauriger und feindseliger Anblick war, dass selbst Matthew nicht mehr den Mut hatte, die Verfolgung aufzunehmen.
    Er legte seinen Arm um Rosie und zog sie mit sich. »Wichser«, brummte er.
    »Er hat mir meinen Anhänger weggenommen«, war alles, was sie unter Schluchzen herausbrachte.
    »Kommt, lasst uns nach Hause gehen.«
    Der Rückweg schien kein Ende zu nehmen, der Nieselregen machte die Wege glatt wie Glas. Als Rosies Tränen versiegt waren, sagte Matthew: »Aber sag nichts davon zu Mum und Dad.«
    »Wieso nicht?«, fragte Lucas.
    »Weil wir uns nicht dort oben hätten aufhalten dürfen. Wenn Dad das herausfindet, dreht er durch.«
    Rosie ärgerte sich über Matthew, weil er sie in Gefahr gebracht hatte, aber sie hatte es vorher gewusst und sich dennoch auf das Abenteuer eingelassen. »Wer sind diese schrecklichen Jungs überhaupt?«
    »Samuel und Jonathan Wilder. Der Jüngere ist Jon. Der Dieb ist Sam.«
    »Kennst du sie denn?«
    »Nein, aber ich habe von ihnen gehört. Sie besuchen ein vornehmes Internat irgendwo weit weg. Es heißt, der Ältere sei nicht ganz richtig im Kopf. Er steckt ständig in Schwierigkeiten.«
    Rosie schauderte. Ihr Hals brannte schmerzhaft. Sie berührte die Stelle und spürte einen offenen Striemen. Als sie sich die Fingerspitzen ableckte, schmeckte sie Blut. »Mum wird es aber auffallen.«
    »Zieh ein Polohemd an. Und sag ihr, dass du das Herz in deiner Schmuckschatulle aufbewahrst.«
    Sie kämpfte gegen ihre Tränen an. Er hatte recht, sie konnte unmöglich zugeben, das Herz verloren zu haben, weil sie schlichtweg ungehorsam gewesen war.
    »Warum gehen sie nicht auf unsere Schule?«, wollte Lucas wissen.
    »Warum, warum, warum?«, plapperte Matthew. »Die Wilders kommen sich derart erhaben vor, dass sie auf alle anderen herabschauen, egal ob Mensch oder altes Blut. Es sind unglaubliche Snobs. Dad hasst solche Leute.«
    Rosie musste daran denken, wie sie gefährlichen Gespenstern gleich zwischen den Bäumen aufgetaucht waren. »Aber Dad hat doch keine Angst vor ihnen, oder?« Sie unterstrich ihre Worte mit einem vehementen Kopfschütteln und hatte dabei die massige Gestalt ihres Vaters vor Augen, seine Kraft. »Nein, er hat vor nichts Angst.«
    »Hör zu.« Matthew drehte sich um und packte sie an den Schultern. »Wir können Dad nichts davon erzählen, weil er sonst mir die Schuld gäbe. Außerdem würde Mr Wilder ohnehin abstreiten, dass seine Söhne Diebe sind. Es ist aussichtslos, du wirst deine Halskette nicht zurückbekommen.«
    »Ich weiß«, sagte sie kläglich.
    »Also müssen wir das selbst in die Hand nehmen. Ich hole sie für dich zurück. Wenn ich Sam das nächste Mal sehe, werde ich ihn grün und blau schlagen.«
    »Was?« Rosie drehte sich der Magen um und Zorn kochte in ihr hoch. »Nein, das darfst du nicht. Ich werde sie mir selbst zurückholen.«
    »Wie denn?«
    »Ich werde mich ins Stonegate Manor schleichen und sie finden. Und Lucas wird mich begleiten, nicht wahr?«
    Dieser nickte eifrig, aber Matthew sah sie wütend an. »Unter keinen Umständen. Das ist das Dümmste, was ich je gehört habe.«
    »Du hast Angst«, zog Rosie ihn in ihrer Erregung spöttisch auf.
    »Habe ich nicht.«
    »Dann beweis es.«
    »Ich habe keine Angst vor den blöden Wilders!« Matthew hielt inne und steckte seine Hände in die Jeanstaschen. »Also gut. Aber auf keinen Fall unternimmst du was ohne mich, Rosie.«
    »Und du gehst nicht ohne mich «, konterte sie und verschränkte dabei ihre Arme vor der Brust. »Drei Musketiere?«
    Matthew schaute zurück auf den zerklüfteten Hügelkamm. Das Haus war nichts weiter als ein grauer Schatten im Nebel. »Zweieinhalb Musketiere«, sagte er. »Also gut. Morgen.«
    Damals unternahmen sie alles gemeinsam. Mochte Matthew seine Geschwister auch als Last empfinden, so brauchte er doch eine Armee, die er befehligen konnte, ein bewunderndes Publikum.
    Am nächsten Morgen tauchte die Sonne ihren Garten in goldenes Licht. Rosie hatte nicht geschlafen und nahm es den Wilderjungen bitterübel, dass sie einen so idyllischen Tag verdarben. Doch sie war unglaublich aufgeregt. Nichts würde sie mehr davon

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