Vampire Earth 6 - Flug des Adlers

während seiner Reisen in der kurischen Zone gesehen; Unterschiede gab es nur bei den kleinen Gebäuden im Innenbereich. Von außen war es überall das Gleiche: zwei Reihen Drahtzaun mit Bandstacheldraht obenauf und ein hoch aufragender Beobachtungsposten für die Wachen. Manchmal bestanden die Unterkünfte aus netten, kleinen, vorgefertigten Wohncontainern, an anderen Orten gab es nur zugige Bretterbuden, in denen Frauen und Kinder auf der nackten Erde herumlaufen mussten.
    Dieses Lager befand sich, was immerhin bemerkenswert war, auf einem alten Kirchen-und-Schul-Komplex, erbaut aus Steinen, die so grau waren wie der Himmel über den Kaskaden. Der Wachposten war im Kirchturm untergebracht, und der Zaun führte in Form eines ausgedehnten Rhombus von der zugemauerten Seite der Schule zu dem einzigen Kirchenparkplatz und schloss sowohl den alten Sportplatz der Schule als auch einen kleinen Park vor den Kirchentoren ein.

    Er kam als Gefangener der Strafbrigade in das Sally, nachdem er sich seinen Weg durch das verkürzte Militärgerichtssystem des Pazifikkommandos gebahnt hatte wie ein Sandkorn durch das Verdauungssystem eines Wurms. Wie der metaphorische Wurm hatte auch das Pazifikkommando wenig Hirn oder Herz aufzubieten, nur Nervenknoten, die Valentine als Deserteur in Empfang genommen hatten (die Rückreise hatte er, Hände und Füße in Ketten gelegt, unter den wachsamen Augen eines Wärters in einem leeren Nachschublaster hinter sich gebracht, der mit einem schweren Käfig für den Transport von Wertgegenständen nach Osten und Missetätern nach Westen ausgerüstet war). Dann hatte eine Anhörung stattgefunden, in deren Verlauf er zugegeben hatte, sich in der Absicht, nie mehr zurückzukehren, ohne Anweisung von seinem Posten entfernt zu haben. Er hielt eine ausgezeichnete Rede, in der er das Pazifikkommando verwünschte, angefangen mit den Bären, die Befehle befolgten, bis hinauf zu Adlers Methode der Ressourcenminderung, aber keiner der Teilnehmer der Anhörung schien sonderlich beeindruckt. Sie befanden ihn schuldig und verurteilten ihn zu zehn Jahren in der Strafbrigade. Als er seinen Anwalt fragte, wie viele Männer eine so lange Strafe überlebten, erhielt er ein stummes Kopfschütteln zur Antwort.
    In einer Gruppe aneinandergeketteter Gefangener ließ man ihn Straßen teeren und Bäume fällen. Als die Gruppe auf 120 Gefangene angewachsen war - bis dahin vergingen grob sechs Wochen -, wurden sie mit einem Schlauch abgespritzt, in Schulbusse ohne Sitze verfrachtet und auf die Reise zum ›Salvage Training‹ im Bergungstrainingszentrum für Militärstraftäter des Pazifikkommandos geschickt - Sally.

    »Okay, ihr Schwanzlutscher, hört zu, hört gut zu!«, brüllte der Top Sergeant, der mit dem Rücken zur Kirchentür am Kopf der Treppe stand. Wie Valentine hatte er eine gehörige Portion indianischen Bluts in seinen Adern. Er trug
ein Hemd aus Matratzenbezugsstoff und grüne Freizeitshorts. Nur auf der flotten Polizeimütze prangte ein militärisches Wappen, der Adlerkopf des Pazifikkommandos.
    Valentine und die anderen warteten in Gruppen von je zwanzig Mann, jede unter der Aufsicht eines Police Corporals. Seit man ihm in Mount Omega Handschellen angelegt hatte, hatte er die Hoffnung aufgegeben. Er fühlte sich wie ein ausgewrungener Lappen, besaß aber immer noch genug intellektuelle Neugier, sich zu fragen, in welche Art Abfalleimer man ihn geworfen hatte.
    »Ich bin Sergeant Kugel. Ihr werdet mich genauso hassen wie diesen Ort und jede Minute, die ihr hier verbringt. Die einzige Möglichkeit, euren Aufenthalt hier abzukürzen, besteht darin, Befehle zu befolgen. Ihr bleibt hier, bis ich entscheide, dass ihr gehen könnt, entweder mit dem Bus an die Front oder in einem Leichensack. Ihr habt die Wahl.
    Hier gibt es keine Beamten, keine Blabla-Rechtsoffiziere. Es gibt nur euch Schwanzlutscher und eure SB-Trainer und ein paar Wärter mit großkalibrigen Gewehren und Zielfernrohren, die euch über den Haufen schießen, sobald ihr euch auch nur zu dicht zusammenrottet.«
    Er nahm seinen Pistolengürtel ab und hängte ihn hinter sich an die Kirchentür. »Ich werde uns allen viel Zeit und eine Menge Stress ersparen. Falls einer von euch Schwanzlutschern es gern mit mir aufnehmen möchte, gebe ich ihm hier und jetzt die Gelegenheit dazu, und danach heißt es Schwamm drüber. Wenn aber einer von euch nach diesem großen Willkommensschmatzer irgendwas versucht, erschieße ich den Schwanzlutscher und