Vampire schlafen fest
seltsam...«
»Es ist perfekt«, sagte ich mit allem Ernst, den ich zusammenkratzen konnte. Ich wusste nicht recht, was ich davon halten sollte, doch meine Freundin hatte es verdient, dass ich glücklich und fröhlich wirkte. In diesem Moment war dies das wirkliche Leben, und Vampire, Fangzähne und Blut in künstlichem Lampenlicht erschienen wie ein Traum oder wie eine Szene aus einem Film, der mir nicht besonders gut gefallen hatte. »Ich freu mich so für euch! Was für ein Hochzeitsgeschenk möchtet ihr von mir haben?«
»Nur deinen Segen, wir haben die Hochzeitsanzeige erst gestern in die Zeitung gesetzt«, plapperte Tara glücklich drauflos. »Und seitdem steht das Telefon gar nicht mehr still. Die Leute sind ja alle so nett!«
Tara glaubte wirklich, dass sie all ihre schlimmen Erinnerungen in eine Ecke gefegt hatte. Sie war in der Stimmung, aller Welt nur Wohlwollen zu unterstellen.
Genau das würde ich auch versuchen. Ich würde versuchen, die Erinnerung an jenen Augenblick zu unterdrücken, in dem ich mich umdrehte und sah, wie Quinn sich mit den Armen vorwärts zog, hin zu Andre, der bewusstlos und verletzt dalag. Quinn hatte sich auf einen Ellbogen gestützt, mit der freien Hand nach dem Holzsplitter gegriffen, der neben Andres Bein lag, und ihn ihm in die Brust gestoßen. Und damit war, einfach so, Andres langes Leben zu Ende.
Er hatte es für mich getan.
Wie konnte ich danach noch dieselbe sein, fragte ich mich. Wie konnte ich mich über Taras Hochzeit freuen und mich gleichzeitig an etwas so Entsetzliches erinnern - nicht mit Schrecken, sondern mit einer grausamen, wilden Freude? Ich hatte mir Andres Tod gewünscht, genauso sehr, wie ich gewünscht hatte, Tara möge jemanden finden, der nie wegen ihrer schrecklichen Vergangenheit auf sie herabsehen würde, sondern sich um sie kümmern und sie lieben. Und das würde JB tun. Er mochte nicht gerade ein intelligenter Gesprächspartner sein, aber damit hatte Tara anscheinend ihren Frieden geschlossen.
Theoretisch war ich also glücklich und voller Hoffnung für meine beiden Freunde. Aber ich empfand nichts. Ich hatte schreckliche Dinge gesehen und schreckliche Dinge empfunden. Und jetzt fühlte ich mich, als wollten zwei verschiedene Menschen in ein und demselben Körper existieren.
Wenn ich mich eine Weile von Vampiren fernhalte , sagte ich mir selbst, während Tara immer weiter redete und Amelia mir auf die Schulter klopfte, wenn ich jeden Abend bete und mich mit Menschen treffe statt mit Wergeschöpfen, dann wird's mir gutgehen.
Ich umarmte Tara und drückte sie, bis sie aufschrie.
»Was sagen denn JBs Eltern?«, fragte ich. »Und wo habt ihr die Heiratslizenz her? Oben aus Arkansas?«
Als Tara begann, mir alles darüber zu erzählen, zwinkerte ich Amelia zu, die zurückzwinkerte, sich bückte und Bob auf den Arm nahm. Bob blinzelte, als er mir ins Gesicht sah, rieb seinen Kopf an der Hand, die ich ihm hinhielt, und schnurrte. Und dann gingen wir, den hellen Sonnenschein im Rücken und unsere Schatten uns voraus, in das alte Haus hinein.
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