Vampirgeflüster
Urgroßvater kniete sich vor mich hin.
»Niall«, begann ich. Es fiel mir sehr schwer, die Lippen zu bewegen. »Niall, ich dachte, du schaffst es nicht mehr rechtzeitig.«
Ehrlich gesagt, war ich zu diesem Zeitpunkt so benommen, dass ich kaum noch wusste, was ich sagte oder auf welche gefährliche Situation genau ich mich bezog. Zum ersten Mal erschien es mir so schwierig, weiterzuleben, dass ich nicht sicher war, ob es sich tatsächlich lohnte.
Mein Urgroßvater nahm mich in die Arme. »Du bist jetzt in Sicherheit. Ich bin der einzige noch lebende Prinz, und das kann mir keiner nehmen. Fast alle meine Feinde sind tot.«
»Sieh dich um«, sagte ich, obwohl ich gerade meinen Kopf auf seine Schulter legte. »Niall, sieh dir nur all die Opfer an.« Tray Dawsons Blut tröpfelte noch immer gemächlich aus dem durchtränkten Laken auf den Fußboden. Bill lag leblos in sich zusammengesunken da. Während mein Urgroßvater mich festhielt und mir übers Haar strich, sah ich über seinen Arm hinweg Bill an. Er hatte so viele Jahre überlebt, auf Biegen und Brechen, und war bereit gewesen, für mich zu sterben. Es gibt keine Frau - sei sie Mensch, Elfe, Vampir oder Wergeschöpf -, die so etwas nicht berühren würde. Ich dachte an all die Nächte, die wir miteinander verbracht hatten, an die Zeit, die wir redend nebeneinander im Bett gelegen hatten - und weinte bittere Tränen, auch wenn ich beinahe zu erschöpft war, um noch welche zu produzieren.
Mein Urgroßvater setzte sich auf seine Fersen und sah mich an. »Du musst dringend nach Hause«, sagte er.
»Claudine?«
»Sie ist im Sommerland.«
Ich konnte einfach keine weiteren schlechten Nachrichten mehr ertragen.
»Elf, die Aufräumarbeiten hier überlasse ich dir«, sagte Eric. »Deine Urenkelin ist meine Frau, meine und meine ganz allein. Ich bringe sie nach Hause.«
Verärgert sah Niall Eric an. »Nicht alle Leichen sind Elfen«, sagte er und deutete mit einem Blick auf Clancy. »Und was sollen wir mit dem da machen?« Niall nickte in Richtung Tray.
» Der da muss zurück in sein Haus«, sagte ich. »Er soll eine richtige Beerdigung bekommen, er kann nicht einfach so verschwinden.« Ich hatte keine Ahnung, was Tray gewünscht hätte, aber ich durfte einfach nicht zulassen, dass die Elfen irgendeine Grube für ihn schaufelten. Er hatte etwas sehr viel Besseres verdient. Und Amelia musste es auch noch erfahren. Oh, Gott. Ich versuchte, meine Beine anzuziehen, um aufzustehen, doch die Wundnähte spannten, und Schmerz zuckte mir durch den Körper. » Ahh «, keuchte ich und biss die Zähne zusammen.
Ich starrte den Boden an, während ich versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Und während ich so vor mich hinstarrte, zuckte einer von Bills Fingern.
»Er lebt noch, Eric.« Auch wenn es wehtat wie Hölle, konnte ich plötzlich wieder lächeln. »Bill lebt noch.«
»Das ist gut.« Erics Worte klangen etwas zu ruhig für meinen Geschmack. Er klappte sein Handy auf und drückte eine Kurzwahltaste. »Pam«, sagte er. »Sookie lebt. Ja, und Bill auch. Clancy nicht. Komm mit dem Van hierher.«
Ich hatte das Zeitgefühl längst verloren, doch irgendwann kam Pam mit einem großen Van, in dem hinten eine Matratze lag. Bill und ich wurden dort hineingeladen, von Pam und Maxwell Lee, einem Geschäftsmann, der nur zufällig auch ein Vampir war. Jedenfalls vermittelte Maxwell diesen Eindruck stets. Und sogar an diesem Abend der Gewalt und des Krieges sah Maxwell aus wie aus dem Ei gepellt. Obwohl er größer war als Pam, bugsierten die beiden uns behutsam und mit viel Würde in den Van, wofür ich sehr dankbar war. Pam verzichtete sogar auf ihre übliche Spöttelei, was zur Abwechslung mal ganz erfreulich war.
Auf der Fahrt zurück nach Bon Temps konnte ich hören, wie die Vampire leise über das Ende des Elfenkriegs sprachen.
»Es wäre zu schade, wenn sie diese Welt verlassen«, sagte Pam. »Ich bin ganz vernarrt in sie, auch wenn sie schwer einzufangen sind.«
»Ich hatte leider noch nie eine Elfe«, erwiderte Maxwell bedauernd.
»Hmmm«, machte Pam, und es war das vieldeutigste »Hmmm«, das ich je gehört hatte.
»Seid ruhig«, befahl Eric, und sie hielten beide den Mund.
Bills Hand fand meine und hielt sie fest.
»Clancy lebt in Bill weiter«, sagte Eric zu Pam und Maxwell.
Diese Neuigkeit nahmen die beiden mit einem Schweigen auf, das mir respektvoll erschien.
»So wie du in Sookie weiterlebst«, flüsterte Pam sehr leise.
Zwei Tage später kam mein Urgroßvater
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