Vampirsaga 02 - Honigblut
welches bislang unter seinem langen, schwarzen Mantel verborgen gewesen war, bereits mit einer beinahe beiläufigen Bewegung gezogen, bevor der erste Blutsauger in seine Reichweite kam.
Die ersten fünf erledigte er mit einem Streich, schnitt mit der dunklen Klinge durch das untote Fleisch wie durch Butter. Die anderen Angreifer schienen nicht einmal zu bemerken, dass die Gefallenen wirklich tot waren.
Das Schwert, eine weitere Kostprobe von Mornas Magie, kannte keine Gnade. Was es tötete, blieb tot und würde nie wieder aufstehen.
„Brauchst du Hilfe?“ Die Stimme schien direkt aus dem Schatten der Statue hinter ihm zu kommen. Weiblich und amüsiert.
Joel hatte die Ankunft der Vampirin eben so wenig bemerkt wie seine Angreifer. Doch es gab nur eine einzige Frau, die sich in solch einer Situation hinter ihm stellen würde und darauf vertraute, dass er sie rechtzeitig erkannte.
„Nein, danke!“, lehnte er ab. Aus dem Augenwinkel sah er, wie sich Sofia auf die Brückenbrüstung setzte und ihm zusah. Immerhin wusste er nun, auf wen es die Rebellen tatsächlich abgesehen hatten. Wahrscheinlich dachten die Toten anders darüber, aber sie hatten Glück gehabt.
Sofia setzte sich auf den kalten Stein und sah Joel zu, wie er einen makaberen Tanz aufführte, nach dem er der einzige Überlebende sein würde. Anmutig und höchst elegant verfehlte seine Klinge nie ihr Ziel, blitzte auf und schien zu verschwinden, ebenso wie der Anführer der Schatten selbst. Ein dunkler Racheengel auf einer höllischen Mission. Er vernichtete und löschte aus, war genau da, wo sein Gegner ihn nicht erwartete, und schien in der Realität zu zerfließen wie das Wort, welches seiner Eliteeinheit den Namen verliehen hatte. Finster und nicht greifbar huschte er durch eine Zeitdimension, die für die anderen Vampire nicht zu erfassen war, und selbst die allgemeinen Naturgesetze schienen extra für ihn außer Kraft gesetzt worden zu sein. Er wurde zu der Verkörperung einer allumfassenden Dunkelheit, die alles Leben auslöschte und nichts übrig ließ – nicht einmal Chaos.
Die Vampirin war mit einem Mal sehr dankbar dafür, dass sie ihn nie erzürnt hatte, und dass Edward sie in Venedig gefunden hatte, bevor sie mit Joels tödlicher Seite konfrontiert worden war.
Wieder verschmolz der finstere Vampir mit der Dunkelheit – seine Kleidung und seine schwarzen Haare unterstützten sein Verschwinden – und tauchte hinter der nächsten Linie der Angreifer wieder auf. Der Todestanz diente lediglich dazu, Joels wahre Macht und seine Anwesenheit in Prag zu verschleiern. Es hätte nur einen Gedanken von ihm gebraucht, um seine Feinde zu vernichten.
Doch er war DER Schatten und hatte einen Ruf zu verlieren, und jede seiner Bewegungen fällte mehrere Vampire, die kurz darauf verschwanden, als hätten sie nie existiert. Sofia seufzte. Ein weiteres Rätsel der Vampire, auf das sie eigentlich gar keine Antwort haben wollte. Jennifer Schreiner Honigblut
Ihr Blick wanderte zur Statue des heiligen Nepomuk, und sie konnte sich ein bitteres Lächeln nicht verkneifen. War es wirklich erst wenige Wochen her, seitdem sie einem Anschlag auf der Karlsbrücke entkommen war?
Sie lauschte in sich hinein, fand dort aber keine Angst, nur morbide Faszination. Inzwischen kannte sie ihre Macht und ihre Ausmaße. Es würde eine Menge älterer Vampire brauchen, um sie zu kontrollieren oder zu vernichten.
Doch selbst jetzt war ihr rätselhaft, über welche Macht Joel verfügte. Der Finsterste und Rätselhafteste der Vampire. Auf eine gewisse Weise war er für sie immer noch ebenso enigmatisch wie Xylos, bei dem man nie wissen konnte, auf welcher Seite er wirklich stand. Bis es zu spät war.
Sie dachte an den faszinierenden Vampircallboy zurück. Auf seiner eigenen Seite! entschied sie schließlich.
Joels Attacke überrumpelte Sofia vollkommen. Er hatte sich ihres Mundes bemächtigt, bevor sie überhaupt begriffen hatte, dass alle Angreifer fort waren – und sie allein auf der Brücke.
Seine Erregung ob des vorangegangenen Kampfes war verführerisch, und der Bund zwischen Edward und Sofia erwachte als Resonanz zu Joels Leidenschaft zum Leben.
„Spiel mit!“, befahl Joel in ihrem Mund und verwandelte seinen Kuss in die hitzige Antwort auf Edwards Gegenwart in Sofias Gedanken. Er benutzt dich, um Edward zu provozieren!
Und es gelang nur zu gut.
„Wenn du die Zunge nimmst, reiße ich sie dir heraus!“,
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