Vampyrus
die treuesten Diener seines Herrn? Er gab sich einen Ruck. „Nicht ein Zauberbuch, das Zauberbuch, das mächtigste Zauberbuch, das die Welt je gesehen hat!“
Anastas und Valerius warfen sich einen Blick zu.
„Es gehörte einst der Hexe Báthory, die unseren Herrn durch Magie bezirzt hatte“, fuhr der Bibliothekar fort. „Nachdem ihre Liebestränke den Geist unseres Herrn verwirrt hatten, fiel er in einen tiefen Schlaf. Die Hexe nahm eine Athame, eine dünne und sehr scharfe Zeremonienklinge, und schnitt ihm ein Stück Haut aus dem Rücken. Das Blut unseres Herrn fing sie in einer Phiole auf und versteckte es zusammen mit dem Stück Haut an einem sicheren Platz.“ Der Alte hustete und fuhr danach mit seinem Bericht fort. „Wie ihr wisst, kann unser Herr nicht durch normale Waffen verletzt oder gar getötet werden, solcherart Wunden schließen sich einfach wieder. Also wollte die Hexe warten, bis das Stück Haut auf dem Rücken nachgewachsen sei, ehe sie unseren Herrn wieder erweckte.“
Wieder hustete der Alte und Valerius goss ihm einen Kelch voll Wein ein, der in einer Karaffe auf dem Arbeitstisch bereitstand. Dankbar nahm der Bibliothekar das Gefäß, nippte mit geschlossenen Augen und fuhr mit seiner Erzählung fort.
„Doch die besonderen Kräfte, über die unser Herr verfügt, ließen ihn vorzeitig erwachen, und als er bemerkte, was die Hexe getan hatte, kam es zum Kampf zwischen den beiden. Schließlich floh Báthory in höchster Bedrängnis und ließ ihr Hab und Gut zurück. Unser Herr durchsuchte das Schloss der Hexe und fand das Grimoire, welches er mir zur Verwahrung übergab. Nur das Stück Haut und die Phiole mit Blut konnte er nirgends entdecken.“ Wieder hustete der Alte.
„Was macht das Buch denn so gefährlich?“, fragte Anastas und berührte den Bibliothekar an der Schulter, um ihn zum Weitererzählen zu ermuntern. Der nippte noch einmal an seinem Wein und begann wieder zu sprechen.
„Ein Zauberspruch darin ist mächtiger als alle anderen, gefährlich nicht nur für das Geschlecht der Draculea, sondern für jeden, ob Mensch, Magier oder Vampir. Ich kenne den Spruch nicht genau, denn unser Herr verbat mir, das Grimoire je zu lesen. Aber soviel habe ich verstanden: Wer auf die Haut eines Vampirs den Namen einer Person mit deren eigenem Blut schreibt und dabei jene Worte spricht, erlangt für alle Zeit Macht über den Willen dieser Person.“
Valerius warf Anastas einen erschreckten Blick zu und diese entblößte als Antwort ihre spitzen Vampirzähne. „Alter, wisst Ihr, was Ihr da sagt? Wenn dieser Dieb nun Macht über unseren Herrn erlangt …“ Valerius riss den Bibliothekar hoch, sodass dessen Beine in der Luft baumelten und der Weinkelch polternd zu Boden fiel. „Wer hat das Buch gestohlen? Antwortet mir sofort!“
„Ich weiß es nicht!“, wimmerte der Alte, „Vielleicht ein Magier? Nur einem Magier wäre es möglich, unbemerkt in die Festung der Draculea einzudringen …“
„Wir müssen den Dieb finden und das Buch wiederbeschaffen!“ Anastas Stimme klang fest, als sie ihre Hand auf Valerius Arm legte. „Du weißt, was der Fürst mit uns anstellt, wenn er erfährt, wie wenig wir auf seine Schätze achtgaben. Ein Holzpfahl durchs Herz dürfte noch das Angenehmste dabei sein.“ Zum Bibliothekar gewandt zischte sie „Dass Ihr auch nicht das geringste Wort darüber verliert!“
Ängstlich nickte der Bibliothekar, während Valerius ihn wieder auf seine Füße stellte. „Sucht nach einem Magier, vielleicht einem aus dem Geschlecht der Báthory“, flüsterte er, „Ich werde mir für Eure Abwesenheit eine Erklärung ausdenken!“
Valerius blickte den Alten durchdringend an. Zu Anastas gewandt meinte er „Wir haben Reisevorbereitungen zu treffen. Komm!“ Dann verließen die beiden Vampire das geheime Gemach, ohne zurückzublicken.
Zwei Gestalten, zu Pferde und in dunkle Umhänge gehüllt, verließen lange vor Morgengrauen Burg Bran, fest entschlossen das Grimoire wiederzubeschaffen, wie lange es auch dauern und was es auch kosten möge.
Gabriele Stegmeier
Mondscheintyp
E r sei anders, sagte er. Na klar, aber sagen das nicht alle Typen? Jeder will anders sein als die Masse der Kerle. Mal abgesehen davon, dass selbstverständlich jeder Mensch einzigartig und damit anders ist. Aber darüber haben solche Typen wahrscheinlich noch gar nicht nachgedacht, denn das Einzige, woran sie denken, ist der Onenightstand, auf den sie hinbaggern.
Gut sah er ja aus, der
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