Van Helsing
einstellen sollte. Es lag nicht an seiner äußeren Erscheinung, obwohl er wusste, dass die meisten anderen von Igors Missgestalt abgestoßen wurden, und auch Gerald und die anderen Diener hatten ihre Besorgnis ausgedrückt. Frankenstein verstand ihre Skepsis, doch sein Freund Graf Dracula hatte sich nachdrücklich für Igor eingesetzt. Außerdem zog er es als Wissenschaftler vor, mit dem Realen, dem Fassbaren zu arbeiten – mit Dingen, die quantifiziert werden konnten.
Und als Arzt verstand Frankenstein die Natur und Ursache der Deformität und hatte eine Zeit lang sein Leben der Heilung von Leuten wie Igor gewidmet. Aufgeregt dämmerte ihm, dass er kurz davor stand, seine kühnsten Träume zu überflügeln. Selbst Gerald würde beeindruckt sein, und er hatte nur selten erlebt, dass sein Diener sich von irgendetwas beeindruckt zeigte.
Aber Gerald war fort...
Ja ... sie alle waren fort. Gerald war am längsten geblieben, da seine Loyalität zur Familie am größten gewesen war. Dennoch hatte einer nach dem anderen ihn verlassen. Wann war das gewesen? Vor einem Jahr? Nein, eher vor zwei.
Auf einer gewissen Ebene verstand Frankenstein, warum. Er hatte sich verändert. Seine Arbeit hatte ihn vollständig beansprucht, und er hatte viele andere Dinge vernachlässigt. Selbst jetzt konnte er sich nicht erinnern, wann er zum letzten Mal geruht hatte. Der Schlaf war nicht mehr das Vergnügen, das er einst gewesen war; stets quälten ihn düstere Träume. Seine einzige Erleichterung war die Arbeit, bei der er alles andere vergessen konnte ...
... selbst Elizabeth.
Es schmerzte, an sie zu denken, und zwar so sehr, dass der Graf ihn viele Male gedrängt hatte, sie für immer aus dem Gedächtnis zu streichen. Dracula wollte das, was am besten für ihn war, am besten für seine Arbeit. Der Graf half ihm, seinen Platz unter Hippokrates, Pasteur ... und weiteren Giganten der Medizin einzunehmen.
Große Taten verlangten große Opfer – Opfer wie Elizabeth.
Nein!, rebellierte ein Teil seines Geistes. Ich will sie nicht aufgeben ...
Aber genau das hatte er getan. Sie war länger geblieben als die anderen, aber schließlich hatte auch sie ihn verlassen. Es war unvermeidlich gewesen; sie hatte den Grafen nie gemocht und Victor von seiner Arbeit abgehalten – der Arbeit, die nun fast vollendet war.
Wenn er Erfolg hatte, würde er Elizabeth zurückgewinnen. Sie alle würden zurückkommen ...
Dennoch wusste ein Teil von ihm, dass es zu spät war. Zu viel war geschehen. Als er sich in seinem Labor umsah, fragte er sich, was sein Vater von dem halten würde, was er aus dem Wachturm der Burg Frankenstein gemacht hatte. Dann kam ihm schlagartig die Erkenntnis, dass dies nicht das Haus seiner Vorfahren war.
Der Graf hatte Frankenstein davon überzeugen können, sein Labor in die transsilvanische Region von Rumänien zu verlegen, und ihm diese Burg zur Verfügung gestellt. Es war ein mehr als großzügiges Geschenk: Dracula war wahrlich sein Freund.
Hier hatte Frankenstein die Dynamos installiert, die Generatoren, die leistungsstarken Elektromagneten, die chemischen Reaktionstanks. Sie repräsentierten beste deutsche Ingenieurskunst und basierten zum großen Teil auf Frankensteins eigenen Entwürfen – all das hatte sein Freund, der Graf, ermöglicht. Als er sich so umschaute, sah er Fortschritte, die Zukunft. Dort waren die Maschinen – Werke des Menschen –, die ihm beim ultimativen Akt der Schöpfung helfen würden. Wenn sein Vater noch leben würde, hätte er seine Leistungen zu schätzen gewusst, auch ohne die wissenschaftlichen Hintergründe zu verstehen.
Doch hier war noch etwas anderes, etwas, das sein Vater nicht gebilligt hätte. Es waren nicht der Staub, der Schmutz und die Spinnweben in seinem Labor. Es waren nicht einmal die üblen Gerüche, die von früheren, fehlgeschlagenen Experimenten zeugten. Es war der überwältigende Gestank der Verderbnis.
Ein weiteres Opfer für seine Arbeit, die viel schneller als erwartet vorangeschritten war. Der Graf hatte Frankenstein gedrängt, aggressiver zu sein. Die Experimente an Menschen hatten fast sofort begonnen. Natürlich waren dabei auch ethische Fragen zur Sprache gekommen, doch Dracula hatte all seine Bedenken zerstreut.
Und der Graf war sein Freund.
Er hatte einige berauschende Triumphe feiern können. Wenn er die Resultate nur hätte veröffentlichen können, dann hätten die Narren im Goldstadt-Forschungsstipendiumausschuss begriffen, wie sehr sie im Irrtum
Weitere Kostenlose Bücher