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Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)

Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)

Titel: Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Günder-Freytag
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selbstverständlich war, dass ich im Saal beim Bedienen half. Allerdings wurde ich nicht so behandelt, wie man denken könnte. Nicht wie die Tochter des Hauses, die den Hausfrauenpflichten nachkommt, sondern wie eine Leibeigene, die sich besonders ungeschickt anstellte. Oft schlug mich der Graf, wenn ich Wein verschüttete. Es verhielt sich allerdings so, dass meine Arme diese schweren Kannen kaum halten konnten. Half mir einer seiner rauen Gesellen, schimpfte der Graf.
    Als ich mich nach einer Woche im Saal beim Grafen beklagte, ich könnte kaum noch die Augen offen halten, da schlug er mir ins Gesicht. Um mich zu wecken, wie er sagte. Dann gab er mir einen echten Ansporn, weiterzuarbeiten: Er erklärte, wenn ich nicht mehr könne, müsse Lisette meine Aufgabe übernehmen. Die kleine, zarte Lisette! Allein der Gedanke ließ ungeahnte Kräfte in mir wachsen.
    Lisette fürchtete sich. Die wilden Gesänge, das Schießen, das Grölen. Sie war den ganzen Tag in der Küche und versuchte zu helfen. Eigentlich war sie allen im Weg, aber niemand besaß die Grausamkeit, sie aus dem Raum zu schicken. So saß sie am großen Feuer, versuchte die Aufgaben, die sie sich von den Köchen gewünscht hatte, zu erfüllen und lauschte dabei doch eher, wie es ein Hase tut, nach oben, nach dem Saal. Wann immer ich Zeit fand, setzte ich mich zu ihr und brachte ihr Lesen und Schreiben bei. Louis spionierte uns nach und erzählte dem Grafen von dem Unterricht, den ich Lisette zuteilwerden ließ.
    »Was hältst du dich mit solch unnützen Sachen auf? Lisette braucht nicht Lesen und Schreiben zu lernen. Sie ist schön«, schnauzte mich der Graf eines Nachts an. Er war in gefährlicher Laune. Ein kapitaler Bock war ihm entkommen und er grollte nicht nur seinen Jagdkumpanen, sondern der ganzen Welt. Dann starrte er mich aus seinen blutunterlaufenen Augen an und ich erkannte, dass er überlegte, wie er mich loswerden konnte. Es war ihm gleichgültig, ob ich alles tat, was in meiner Macht stand, ihm zu gefallen oder ihm wenigstens nicht unangenehm aufzufallen. Er hasste mich. Das wurde mir in diesem Augenblick klar.
    »Weiber! Lisette kann ich wenigstens verheiraten. Was ich mit dir hässlichem Wesen anstellen soll, das weiß der Teufel.« So schimpfte er vor sich hin. Ich trat erschrocken zurück. In seinen Augen stand Mordlust.
    Louis, der sich an seiner Seite aufgehalten hatte, grinste. »Du könntest sie in den Keller sperren, damit sie dort vermodert.«
    Der Graf lachte und schlug dem kleinen Kerl so kräftig in den Rücken, dass dieser das Gleichgewicht verlor und vorwärts gegen den Tisch prallte und mir einen Krug aus der Hand schlug. Dieser zerbrochene Krug hätte mich unter anderen Umständen eine Tracht Prügel gekostet, doch ich hatte Glück, da im selben Moment ein Sänger gemeldet wurde.
    Dieser Sänger lenkte von mir und den Scherben ab und enthob mich meiner Strafe. Ich kehrte die Überreste des Malheurs zusammen und betrachtete kauernd den Mann, der in den Saal trat. Ich hatte gedacht, Barden müssten älter sein. Die Männer waren gleicher Meinung, denn sie überzogen den Jüngling mit gutmütigem Spott.
    »Ein Sänger soll das Bürschlein sein?«, grölte der Graf. »Höchstens ein Spatz, keine Nachtigall kommt da geflogen.«
    Der Barde, der seine Laute fest unter den Arm geklemmt hatte, ließ sich durch solche Worte nicht aus der Ruhe bringen. Selbstbewusst lächelnd schritt er auf die abseitsstehende Erhöhung zu, die seinen Platz darstellte. Er trug die Haare, die dunkel wie Gefieder leuchteten, offen. Sein Blick wanderte abschätzend durch den Raum und ich mochte mir nicht vorstellen, was er dachte, als er sein Publikum in Augenschein nahm.
    Sein Name lautete Salvador und ich bin mir sicher, wäre er nicht die nächsten Wochen auf dem Gut gewesen, ich hätte den Freitod gewählt. Er allein und das Wissen, dass Lisette meinen Dienst verrichten müsste, wenn es mich nicht mehr gäbe, hielten mich am Leben. Ich reichte dem Sänger einen Krug Wein, doch er schüttelte den Kopf und verlangte Wasser. Dann sang er.
    Die Männer, die gerade noch am lautesten geschrien hatten, man solle das Bürschlein in den Brunnen werfen – selbst diese lauten Gesellen verstummten, als Salvador sein erstes Lied anstimmte. Hatte er auch die Statur eines noch jungen Mannes, seine Stimme besaß das ausgebildete, sichere Timbre eines Erwachsenen. Die Männer lauschten ihm eine Weile, dann ging das Lärmen weiter.
    »Für heute lasst ihn singen, er

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