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Venezianische Verlobung

Venezianische Verlobung

Titel: Venezianische Verlobung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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Löffel. «Du magst sie, nicht wahr?»
    Die Principessa nickte, ohne aufzublicken. Dann hob sie den Kopf. «Was geschieht, wenn sie wieder gesund ist?» Sie sah Tron misstrauisch an. «Muss sie dann wieder zurück zu diesen furchtbaren Leuten?»
    «Ich habe noch nicht darüber nachgedacht», sagte Tron.
    Das war eine Lüge, denn er hatte ziemlich oft darüber  nachgedacht. «Was wäre die Alternative?»
    «Sie bei Leuten unterzubringen, die sie nicht als Putze  missbrauchen», sagte die Principessa. Sie überlegte einen Moment lang – jedenfalls tat sie so. Dann sagte sie, als sei ihr der Gedanke eben erst gekommen: «Angelina könnte notfalls bei mir bleiben, bis wir eine geeignete Unterbringung gefunden haben.»
    «Oder auch bei uns», sagte Tron, wobei er sich bemühte, einen ebenso beiläufigen Ton anzuschlagen wie die Principessa. «Gegenüber der Küche steht ein Zimmer leer.»
    Die Principessa musterte ihn mit zusammengekniffenen  Augen. «Das Zimmer, das sich nicht richtig heizen lässt?»
    Tron hatte erwartet, dass sie, einmal in Schwung, sich  noch über das durchfeuchtete Mauerwerk des Palazzo Tron (oder den fehlenden Speisenaufzug) auslassen würde, doch stattdessen wechselte sie das Thema. «War Toggenburg mit der Übersetzung seiner Gedichte zufrieden?»
    Ein unsinnige Frage. Toggenburg konnte gar nicht ge nug Italienisch, um Trons Übersetzung beurteilen zu können. «Er hat sich schriftlich bedankt und mich mit Zustimmung Spaurs auf die Winterliste setzen lassen», antwortete Tron.
    «Die Winterliste ?»
    «Das ist die Liste mit den Ordensempfehlungen, die der  entsprechenden Hofstelle vorgelegt wird.»
    «Du kriegst einen Orden? » Das schien die Principessa zu amüsieren.
    «Den Kronenorden am Band. Franz Joseph wird ihn mir  persönlich verleihen. Hier in Venedig.»
    «Weil der Emporio della Poesia Toggenburgs Gedichte veröffentlicht?»
    «Auch für meinen unerbittlichen Kampf gegen die Feinde des Kaisers.»
    «Und welche Feinde des Kaisers bekämpfst du?»

    Tron räusperte sich. «Zum Beispiel den angeblichen  Vetter von Signorina Violetta.»
    «Spaurs Nebenbuhler?»
    «Wir haben ihn verhaftet, weil er im Café Florian die Stampa di Torino gelesen hat. Jetzt darf er ein Jahr lang venezianisches Stadtgebiet nicht mehr betreten.»
    «Was dir den Kronenorden verschafft.»
    Tron nickte.
    Die Principessa musste lachen. «Weiß der Erzherzog,  dass sein Bruder dir einen Orden verleihen wird?»
    «Er hat mir bereits dazu gratuliert. Ich war heute Morgen bei ihm, um mich zu verabschieden. Die Novara ist wieder auf dem Weg nach Triest. Übrigens steht das Datum fest.»
    «Was für ein Datum?»
    «Das Datum seiner Einschiffung nach Mexiko. Maximilian wird Triest Mitte April nächsten Jahres verlassen, Station in Rom machen und von dort aus nach Vera Cruz weitersegeln.»
    Die Principessa starrte einen Augenblick lang auf ihre  Fingernägel. Dann sagte sie langsam: «Die Franzosen werden ihn in Mexiko verheizen. Aber es wird ein paar Monate lang gute Kurse geben. Die kann ich benutzen, um die Anleihen zu verkaufen.»
    «Und dann?»
    «Bin ich saniert, und du kannst mich meines Geldes wegen heiraten», sagte die Principessa sachlich.
    Tron lächelte. «Vielleicht sollte ich das wirklich tun. Alle Grundsätze über Bord werfen und dich den Palazzo Tron renovieren lassen.»
    Die Principessa blieb ernst. «Du kennst meine Konditio nen, Tron.»

    Natürlich. Das Tron-Glas. Tron musste an den Speisenaufzug denken, an dicht schließende Fenster und an trockenes Mauerwerk. Auf einmal erschienen ihm seine Bedenken kleinlich und irrational.
    Er stand auf, umrundete den Tisch, der zwischen ihnen  stand, und kniete neben der Récamiere nieder. Dann nahm er die Hand der Principessa, zog sie an seinen Mund und küsste schweigend ihre Finger – einen nach dem anderen.

***

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