Venus im Pelz
phantastischer und übersinnlicher. Und immer hatte ich ein schönes ideales Weib im Kopfe, das mir von Zeit zu Zeit gleich einer Vision auf Rosen gebettet, von Amoretten umringt, zwischen meinen Lederbänden und Totenbeinen erschien, bald in olympischer Toilette, mit dem strengen weißen Antlitz der gipsernen Venus, bald mit den üppigen braunen Flechten, den lachenden blauen Augen und in der rotsamtenen hermelinbesetzten Kazabaika meiner schönen Tante.
Eines Morgens, nachdem sie mir wieder in vollem lachenden Liebreiz aus dem goldenen Nebel meiner Phantasie aufgetaucht war, ging ich zu Gräfin Sobol, welche mich freundlich, ja herzlich empfing und mir zum Willkomm einen Kuß gab, der alle meine Sinne verwirrte. Sie war jetzt wohl nahe an vierzig Jahre, aber wie die meisten jener unverwüstlichen Lebefrauen noch immer begehrenswert, sie trug auch jetzt stets eine pelzbesetzte Jacke, und zwar diesmal von grünem Samt mit braunem Edelmarder, aber von jener Strenge, die mich damals an ihr entzückt hatte, war nichts zu entdecken.
Im Gegenteil sie war so wenig grausam gegen mich, daß sie mir ohne viel Umstände die Erlaubnis gab, sie anzubeten.
Sie hatte meine übersinnliche Torheit und Unschuld nur zu bald entdeckt, und es machte ihr Vergnügen, mich glücklich zu machen. Und ich – ich war in der Tat selig wie ein junger Gott. Welcher Genuß war es für mich, wenn ich, vor ihr auf den Knien liegend, ihre Hände küssen durfte, mit denen sie mich damals gezüchtigt hatte. Ach! was für wunderbare Hände! von so schöner Bildung, so fein und voll und weiß, und mit welch' allerliebsten Grübchen. Ich war eigentlich nur in diese Hände verliebt. Ich trieb mein Spiel mit ihnen, ließ sie in dem dunklen Pelz auf- und abtauchen, ich hielt sie gegen die Flamme und konnte mich nicht satt sehen an ihnen.«
Wanda betrachtete unwillkürlich ihre Hände, ich bemerkte es und mußte lächeln.
»Wie zu jeder Zeit das Übersinnliche bei mir überwog, sehen Sie daraus, daß ich bei meiner Tante in die grausamen Rutenhiebe, welche ich von ihr empfangen hatte und bei einer jungen Schauspielerin, welcher ich etwa zwei Jahre später den Hof machte, nur in ihre Rollen verliebt war. Ich habe dann auch für eine sehr achtbare Frau geschwärmt, welche die unnahbare Tugend spielte, um mich schließlich an einen reichen Juden zu verraten. Sehen Sie, weil ich von einer Frau, welche die strengsten Grundsätze, die idealsten Empfindungen heuchelte, betrogen, verkauft wurde: deshalb hasse ich diese Sorte poetischer, sentimentaler Tugenden so sehr; geben Sie mir ein Weib, das ehrlich genug ist, mir zu sagen: ich bin eine Pompadour, eine Lucretia Borgia, und ich will sie anbeten.«
Wanda stand auf und öffnete das Fenster.
»Sie haben eine eigentümliche Manier, die Phantasie zu erhitzen, einem alle Nerven aufzuregen, alle Pulse höher schlagen zu machen. Sie geben dem Laster eine Aureole, wenn es nur ehrlich ist. Ihr Ideal ist eine kühne geniale Kurtisane; oh! Sie sind mir der Mann, eine Frau von Grund aus zu verderben!«
Mitten in der Nacht klopfte es an mein Fenster, ich stand auf, öffnete und schrak zusammen. Draußen stand Venus im Pelz, genau so wie sie mir das erstemal erschienen war.
»Sie haben mich mit Ihren Geschichten aufgeregt, ich wälze mich auf meinem Lager und kann nicht schlafen«, sprach sie, »kommen Sie jetzt nur, mir Gesellschaft leisten.«
»Im Augenblicke.«
Als ich eintrat, kauerte Wanda vor dem Kamin, in dem sie ein kleines Feuer angefacht hatte.
»Der Herbst meldet sich«, begann sie, »die Nächte sind schon recht kalt. Ich fürchte, Ihnen zu mißfallen, aber ich kann meinen Pelz nicht abwerfen, ehe das Zimmer nicht warm genug ist.«
»Mißfallen – Schalk! – Sie wissen doch –« ich schlang den Arm um sie und küßte sie.
»Freilich weiß ich, aber woher haben Sie diese große Vorliebe für den Pelz?«
»Sie ist mir angeboren«, erwiderte ich, »ich zeigte sie schon als Kind. Übrigens übt Pelzwerk auf alle nervösen Naturen eine aufregende Wirkung, welche auf ebenso allgemeinen als natürlichen Gesetzen beruht. Es ist ein physischer Reiz, welcher wenigstens ebenso seltsam prickelnd ist, und dem sich niemand ganz entziehen kann. Die Wissenschaft hat in neuester Zeit eine gewisse Verwandtschaft zwischen Elektrizität und Wärme nachgewiesen, verwandt sind ja jedenfalls ihre Wirkungen auf den menschlichen Organismus. Die heiße Zone erzeugt leidenschaftlichere Menschen, eine warme Atmosphäre
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