Verbotene Küsse in der Halbzeit (German Edition)
blickte sie über ihre Schulter und sah in das verkniffene Gesicht ihrer Mom.
„Ja“, entschlossen nickte sie. „Sie hätte ihren Freundinnen verbieten sollen, solch gemeine Sachen zu dir zu sagen.“
Innerlich schnitt Erin eine Grimasse. Holly hatte natürlich ausgelassen, dass sie selbst nicht weniger gehässig gewesen war, als sie zu tief ins Glas geschaut hatte. Leider benahm sich ihre kleine Schwester noch wie ein verzogenes Kind, das Mommys und Daddys Liebling sein wollte und gerne die Schuld auf andere abwälzte.
„Ärgere dich nicht mehr darüber, Liebling.“ Ihre Mom gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Ich habe noch einmal mit Harriet gesprochen, Schatz. Sie sagt, dass ihr Neffe ein ganz feiner Kerl wäre, der dich gerne auf Hollys Hochzeit begleiten würde.“
„Mom“, seufzte sie hilflos.
„Hast du etwa schon einen Begleiter?“ Neugierig blickte ihre Mom ihr ins Gesicht.
Im Anflug geistiger Umnachtung hatte Erin mit dem Gedanken gespielt, Tom zu bitten, sie auf die Hochzeit zu begleiten. Damals hatte sie ihn noch für einen anständigen Kerl gehalten, der sie gern genug hatte, die nervige Hochzeit ihrer Schwester in Kauf zu nehmen, um ihr einen Gefallen zu tun. Sein Interesse an ihr hatte sich augenscheinlich auf das Bett konzentriert, während Erin begonnen hatte, tiefere Gefühle für ihn zu entwickeln.
Anstatt sich ganz auf ihren Liebeskummer zu konzentrieren, musste sie jetzt auch noch mit ihrer Mom über ein fehlendes Date für Hollys Hochzeit debattieren.
„Nein, aber ich will nicht neben irgendeinem Fremden auf Hollys Hochzeit sitzen müssen und Smalltalk betreiben.“
Das Gesicht ihrer Mom wurde eine Spur ernster. „Willst du wirklich alleine sein, Erin? Das ist Hollys Hochzeit.“
Entschlossen hob Erin das Kinn. „Mom, ich sitze lieber allein am Tisch und ertrage die Blicke unserer Verwandtschaft, als mit einem Alibi-Date zur Hochzeit zu kommen.“
„Es muss doch niemand wissen ...“
„Ich weiß es“, unterbrach sie ihre Mutter etwas grob. „Soll Tante Sue mir peinliche Fragen zu meinem Liebesleben stellen, Mom. Das ist mir lieber, als mir entsetzlich erbärmlich vorzukommen, weil ich einen unbekannten Mann an meiner Seite habe.“
„Ach, Schätzchen“, seufzte ihre Mutter auf jene mitleidige Art und Weise, bei der sich Erins Nackenhaare aufstellten.
„Dad ist seiner Garage, richtig? Ich schaue mal, was er macht.“
„Aber, Erin ...“
Erin stürmte aus der Küche und begab sich in die Garage zu ihrem Vater. Sie verstand allzu gut, dass er sich manchmal hier verkriechen musste, um dem Chaos im Haus zu entgehen.
Anders als sie vermutet hatte, lag ihr Vater nicht unter seinem Ford aus dem Jahre 1960 und schraubte an ihm herum, sondern saß in einem Gartenstuhl und hörte Musik. Er hatte ein Faible für das Ratpack und hörte gerade Sammy Davis Junior.
„Hi, Dad.“ Sie runzelte die Stirn. „Wo ist der Thunderbird?“
„Hallo, Pumpkin. Komm’ und setz’ dich zu mir. Aber sei leise“, er stöhnte. „Drinnen ist es unerträglich. Deine Mutter heult, weil sie sich zu fett findet, und deine Schwester treibt mich in den Wahnsinn, weil mein Anzug angeblich nicht schwarz genug ist.“
„Oh je.“
„Allein Corey benimmt sich normal. Der Junge ist verrückt, wenn er in diese Familie einheiratet.“
Ihrer Meinung nach war Corey nicht unbedingt normal, wenn man bedachte, dass er Treuegelöbnisse für schwul hielt und sich vierundzwanzig Stunden am Tag in Unterwäsche bekleidet Computerspiele reinziehen konnte. Dennoch konnte Erin ihrem Dad nur beipflichten, dass Corey verrückt war, wenn er sich diesem Wahnsinn freiwillig aussetzte. Lächelnd nahm sie sich einen Gartenstuhl, klappte ihn auf und setzte sich neben ihren Dad.
Schweigend saßen sie beisammen, bevor sich ihr Dad nach rechts beugte und ihr eine Bierflasche anbot. Zwar war Bier normalerweise nicht ihr Ding, aber sie nahm ihm dankbar die Flasche ab und hob sie an ihre Lippen. Durstig trank sie einen Schluck und genoss die wohltuende Ruhe in der Garage, die nur durch Sammy Davis Junior unterbrochen wurde, der den Rauch einer Zigarre besang,
„Dad?“
„Mhh.“
„Wo hast du deinen Thunderbird?“
„Verkauft“, antwortete er ruhig und nahm einen weiteren Schluck Bier.
Ungläubig starrte sie erst das Profil ihres Vaters an und blickte dann hinüber zu dem leeren Platz, auf dem in den letzten vier Jahren der Ford Thunderbird gestanden hatte. An dem Tag, als ihr Dad die völlig marode Karosserie
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