Verbotene Nächte - Kent, A: Verbotene Nächte - The Shaughnessey Accord (02 Spies)
marschierte einfach auf die Stelle zu, wo sie stand und drückte ihr den Lauf der Pistole an den Hals. »Ab in den Lagerraum, Miss Brighton.«
Sie hätte sich am liebsten geweigert, ihm die Augen ausgekratzt, nach vorn gestürmt und ihn wie einen Kegel umgerannt. Aber sie verlor zunehmend die Fähigkeit, zu atmen oder zu schlucken. Daher wich sie zurück in den Flur.
Nachdem er sie durch die Tür gestoßen und von ihr abgelassen hatte, rieb sie sich über die schmerzende Stelle an ihrem Hals. »Wie sind Sie hierher gekommen? Ich habe doch gesehen, wie die Polizei Sie und Ihre Bande verhaftet hat.«
»Sie haben gesehen, wie sie meine Männer verhaftet haben«, sagte er mit hochgezogener Braue. »Ich habe
es geschafft, mich von meinen Fesseln zu befreien und mich an der Stelle oben in der Decke zu verstecken, wo Ihre Retter eingestiegen sind.«
Das ergab doch keinen Sinn. Überhaupt keinen Sinn. »Warum hat man nicht nach Ihnen gesucht, als man nur die fünf anderen gefunden hat?«
»Haben Sie denn jemandem erzählt, dass wir sechs waren? Denn Sie waren die Einzige, die die Wahrheit kannte. Zumindest die Einzige, die noch hier geblieben war, um die Einzelheiten zu schildern.«
Hatte sie der Polizei gesagt, dass es sechs Männer gewesen waren? Hatte sie eine Zahl genannt?
Oder war sie zu sehr damit beschäftigt gewesen, Tripps Version der Geschichte zu erzählen, wonach Danhs Männer sich plötzlich zerstritten hätten. Zwei die anderen entwaffnet hätten. Der Anführer die beiden Verräter daraufhin ausgeschaltet hätte. Und wie es ihr gemeinsam mit dem Professor gelungen wäre, den Anführer bewusstlos zu schlagen und alle, während sie ohnmächtig am Boden lagen, mit den Kabelbindern zu fesseln, die sie bei sich trugen.
Eigentlich grotesk. Aber der Professor hatte ihre Geschichte in allen Punkten bestätigt. Und die Beweise sprachen ebenfalls dafür. Ganz besonders, da die Polizeiüberwachung erbracht hatte, dass niemand durch die Eingangstür, die Hintertür oder die Seitentür, die ins Parkhaus führte, hinein- oder hinausgegangen war.
»Und was jetzt?«
»Jetzt werde ich mich an der Eingangstür postieren
und sämtliche Kunden wieder wegschicken, bis der Mann kommt, auf den ich warte.«
Der von dem Diamantenhändler. »Wieso glauben Sie, dass er noch einmal hier auftauchen wird?«
»Weil er entsprechende Anweisungen erhalten hat. Falls er es nicht tut, werde ich seine Familie umbringen.«
»Sie machen wohl Witze!« Der Kerl war verrückt. »Worum zum Teufel geht es Ihnen überhaupt, dass Sie bereit sind, das Leben so vieler Menschen zu ruinieren?«
»Das geht Sie nichts an, Miss Brighton.«
»Ich finde, dass mich das sehr wohl etwas angeht, wenn ich deshalb sterben soll!«
Er bedeutete ihr, in den hinteren Teil des Raumes zu gehen, und schritt zu der offenen Tür hinüber, sobald sie es getan hatte. »Es geht um Ehre, Miss Brighton. Darum, Ware wiederzubekommen, die meinem Arbeitgeber gestohlen wurde. Und darum, ihm zugleich eine persönliche Schuld zurückzuzahlen.«
Und damit zog er die Tür zu.
Sie schritt in dem kleinen Raum auf und ab, auf und ab, bis sie schließlich ihre Faust gegen den Metallschrank schlug, in dem sich der Überwachungsmonitor befand. Die Tür sprang infolge des Schlages auf, und sie sah, wie Danh auf dem Weg zur Eingangstür unter der Kamera herging.
Wenn sie Tripps Leuten doch nur irgendeine Nachricht zukommen lassen könnte! Aber die Sicherheitsfirma
hatte die Kabel am Morgen ausgetauscht. Sie fuhr sich verzweifelt mit den Fingern durchs Haar und zog daran, während sie im Kreis marschierte.
Passierte all das hier wirklich? Das konnte doch einfach nicht wahr sein! Wieso widerfuhr ihr so etwas noch einmal? Sie beugte sich vor und stützte die Hände auf die Knie, um Atem zu holen.
Als sie sich wieder aufrichtete, landete ihr Blick auf dem geöffneten Deckel der Kiste mit den Kopfschmerzmedikamenten, in der Tripps Messer versteckt lag.
»Dieser ganze Papierkram ist noch mal mein Verderben«, brummte Tripp, der damit beschäftigt war, ein Formular zur Spesenabrechnung für Smithson Engineering auszufüllen, wozu er gefälschte Reise-, Essensund Getränkebelege benutzte. Er begriff sehr wohl, dass die Firma Belege benötigte, um zu beweisen, dass er sich seinen Lebensunterhalt auch wirklich verdiente.
Aber es war verdammt schwierig, irgendeinen Mist für die Projekte zu erfinden, bei denen er als angeblicher Ingenieur »beratend« tätig gewesen wäre. Es
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