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Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne)

Titel: Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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du, dein Vater ... pflegte es als Bräutigam zu singen ... Oh, diese Tage! ... Ach, wenn wir es jetzt singen könnten! Aber wie geht es noch, wie geht es noch? ... ich hab es ganz vergessen ... helft mir nach, wie geht es noch?«
    Sie war in außerordentlicher Erregung und bemühte sich, aufzustehen. Endlich begann sie mit schrecklicher, heiserer, überspannter Stimme zu singen, bei jedem Worte aufschreiend und um Atem ringend, mit dem Ausdruck eines immer anwachsenden Entsetzens:
     
    In Mittagsglut! ... im Dagestanschen! ... Tale! ...
    Vom Blei getroffen! ...
     
    »Eure Exzellenz!« schrie sie plötzlich mit herzzerreißender Stimme, in Tränen ausbrechend. »Schützen Sie die Waisen! Gedenken Sie der Gastfreundschaft des verstorbenen Ssemjon Sacharytsch! ... Man kann sogar sagen, eines aristokratischen! ... Ha! ...« fuhr sie auf, plötzlich zur Besinnung kommend und alle entsetzt betrachtend; doch sie erkannte sofort Ssonja. »Ssonja, Ssonja!« sagte sie mild und freundlich, gleichsam erstaunt, sie vor sich zu sehen. »Ssonja, Liebste, bist du auch hier?«
    Man hob sie wieder auf.
    »Genug! Es ist Zeit! ... Leb wohl, Armste! ... Man hat die Mähre zu Tode geritten! ... Sie kann nicht mehr!« schrie sie verzweifelt und voller Haß auf und fiel mit dem Kopf auf das Kissen.
    Sie wurde wieder bewußtlos, doch diese letzte Bewußtlosigkeit dauerte nur kurz. Das blaßgelbe, ausgemergelte Gesicht fiel nach hinten, der Mund öffnete sich, die Füße streckten sich krampfhaft aus. Sie stöhnte sehr tief auf und starb.
    Ssonja fiel über ihre Leiche her, umschlang sie mit den Armen und erstarrte, den Kopf an die eingefallene Brust der Toten geschmiegt. Poljetschka sank zu Füßen der Mutter nieder und küßte sie laut weinend. Kolja und Lenja, die noch nicht erfaßt hatten, was geschehen war, aber etwas Schreckliches ahnten, faßten einander mit den Händen bei den Schultern, sahen sich in die Augen, öffneten plötzlich gleichzeitig die Münder und begannen zu schreien. Beide hatten noch ihre Kostüme an: der eine den Turban, die andere das Mützchen mit der Straußfeder.
    Wie kam aber das lobende Attest plötzlich auf das Bett neben Katerina Iwanowna? Es lag dicht neben dem Kissen, Raskolnikow sah es.
    Er ging zum Fenster, Lebesjatnikow eilte zu ihm.
    »Sie ist gestorben!« sagte Lebesjatnikow.
    »Rodion Romanowitsch, ich muß Ihnen ein paar wichtige Worte sagen«, wandte sich an ihn Swidrigailow.
    Lebesjatnikow trat ihm sofort den Platz ab und ging diskret zur Seite. Swidrigailow führte den erstaunten Raskolnikow noch weiter in die Ecke.
    »Diese ganze Schererei, das heißt die Beerdigung und das übrige nehme ich auf mich. Wissen Sie, es kommt bloß auf das Geld an, und ich sagte Ihnen doch, daß ich überflüssiges habe. Diese beiden Kücken und Poljetschka will ich in besseren Waisenanstalten unterbringen und für jedes bis zur Volljährigkeit ein Kapital von fünfzehnhundert Rubeln einzahlen, so daß Ssofja Ssemjonowna sich ihretwegen keine Sorgen zu machen braucht. Und auch sie will ich aus dem Sumpfe herausziehen, denn sie ist ein gutes Mädchen, nicht wahr? Richten Sie also, bitte, Awdotja Romanowna aus, daß ich ihre zehntausend Rubel auf diese Weise verwendet habe.«
    »Was für Absichten verfolgen Sie mit diesem Wohltun?« fragte Raskolnikow.
    »Ach, Sie mißtrauischer Mensch!« antwortete Swidrigailow lachend. »Ich sagte Ihnen doch, daß dieses Geld bei mir überflüssig ist. Können Sie denn gar nicht annehmen, daß ich es einfach aus Menschlichkeit tue? Sie ist doch keine ›Laus‹ gewesen (er deutete mit dem Finger auf die Ecke, wo die Verstorbene lag), wie jene alte Wucherin! Nun, geben Sie es selbst zu – ›soll Luschin wirklich weiterleben und seine Gemeinheiten begehen, und sie soll sterben?‹ Und wenn ich nicht helfe, so wird Poljetschka vielleicht – ›denselben Weg gehen‹ ...«
    Er sagte dies irgendwie besonders anzüglich , mit listigem Ausdruck, ohne Raskolnikow aus den Augen zu lassen. Dieser erbleichte und erschauerte, als er seine eigenen, an Ssonja gerichteten Worte hörte. Er taumelte zurück und sah Swidrigailow wild an.
    »Woher ... woher wissen Sie ... das ?!« flüsterte er, kaum noch atmend.
    »Ich wohnte ja gleich hier hinter der Wand, bei der Madame Rößlich. Hier wohnt Kapernaumow und dort Madame Rößlich, meine alte, ergebene Freundin ... Ich bin der Nachbar.«
    »Sie?!«
    »Ja, ich«, fuhr Swidrigailow fort, sich vor Lachen schüttelnd. »Und ich kann Ihnen auf Ehre

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