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Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne)

Titel: Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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Warum? Klangen denn die Schritte irgendwie eigentümlich und bedeutungsvoll? Es waren schwere, gleichmäßige, langsame Schritte. Da ist er schon im ersten Stock, nun steigt er höher, die Schritte werden immer hörbarer. Er hörte auch schon den keuchenden Atem des Unbekannten. Nun ist er bereits im zweiten Stock. Er kommt her! Und plötzlich fühlte er, wie alle seine Glieder hölzern wurden. Er hatte das Gefühl, das man im Traume hat, wenn man sich von einem Mörder verfolgt sieht, fliehen will und dabei nicht vom Platz kommt und nicht einmal eine Hand zu rühren vermag.
    Endlich, als der Gast sich bereits dem dritten Stock näherte, raffte er sich auf, sprang in das Vorzimmer zurück und schloß die Tür. Dann riegelte er vorsichtig und unhörbar zu. Hier half ihm der Instinkt. Als er damit fertig war, postierte er sich mit verhaltenem Atem dicht an der Tür. Die beiden standen sich jetzt genau so gegenüber, mit der Tür dazwischen, wie Raskolnikow vorhin der Alten gegenüber gestanden hatte.
    Der Gast holte einige Male schwer Atem. Er ist wohl groß und dick, kombinierte Raskolnikow; er hielt das Beil fest umklammert. Das war wirklich wie im Traum. Der Gast ergriff den Glockenzug und läutete stark.
    Beim ersten Ton der Klingel glaubte er ein Geräusch im Zimmer zu vernehmen. Einige Sekunden lang horchte er auch ernsthaft hinüber. Der Unbekannte läutete wieder, wartete einige Augenblicke und begann dann ungeduldig an der Türklinke zu zerren. Raskolnikow sah entsetzt, wie der Riegel dabei wackelte, und erwartete mit Angst, daß der Verschluß aufginge. Dies konnte leicht geschehen, denn der Gast riß mit aller Kraft an der Klinke. Er wollte anfangs den Riegel mit der Hand festhalten, aber dann fiel ihm ein, daß der andere es merken könnte. Er fühlte wieder Kopfschwindel. »Ich falle gleich hin!« ging es ihm durch den Kopf, aber in diesem Augenblick begann der Unbekannte zu sprechen, und Raskolnikow beherrschte sich wieder.
    »Schlafen dort alle, oder hat sie jemand erwürgt? Die Verfluchten!« Seine Stimme klang wie aus einem hohlen Faß. »He, Aljona Iwanowna, alte Hexe! Lisaweta Iwanowna, unbeschreibliche Schönheit! Macht auf! Ha, diese Verfluchten, schlafen sie beide?«
    Er geriet in Wut und riß noch an die zehnmal am Glockenzug. Offenbar war er im Hause gut bekannt und genoß Respekt.
    In diesem Augenblick ertönten neue rasche Schritte auf der Stiege. Es kam noch jemand herauf. Raskolnikow hatte es anfangs überhört.
    »Ist denn niemand da?« fragte der Neuankömmling mit heller, klingender Stimme den ersten Gast, der noch immer am Glockenzug riß. »Guten Abend, Koch!«
    »Seiner Stimme nach scheint er jung zu sein«, dachte Raskolnikow.
    »Das weiß der Teufel! Ich habe schon beinahe das Schloß abgerissen«, erwiderte Koch. »Wieso kennen Sie mich?«
    »Haben Sie es schon vergessen? Ich habe Ihnen ja vorgestern im ›Gambrinus‹ drei Partien Billard abgewonnen!«
    »Ach so ...«
    »Es ist also niemand da? Sonderbar. Es ist übrigens dumm. Wo kann die Alte nur hingegangen sein? Ich muß sie sprechen.«
    »Ja, Väterchen, ich muß sie auch sprechen!«
    »Was soll man da machen? Umkehren? Und ich habe gehofft, daß ich hier Geld bekomme!« rief der junge Mann.
    »Natürlich müssen wir umkehren. Warum bestellt sie aber einen zu einer bestimmten Stunde? Ich mußte ja einen weiten Weg machen. Wo treibt sie sich nur herum? Das ganze Jahr hockt die alte Hexe zu Hause, so daß sie schwarz wird und ihr die Füße schmerzen, und gerade heute muß sie einen Ausflug machen!«
    »Soll man nicht den Hausknecht fragen?«
    »Was denn?«
    »Wo sie hingegangen ist, und wann sie heimkommt?«
    »Hm ... den Teufel auch! ... fragen ... Sie geht aber nie aus ...« Er riß noch einmal an der Türklinke.
    »Zum Teufel, nichts zu machen! Wir müssen umkehren!«
    »Warten Sie!« rief plötzlich der Jüngere. »Schauen Sie her; sehen Sie, wie die Tür wackelt, wenn man an der Klinke zieht?«
    »Nun?«
    »Folglich ist sie nicht versperrt, sondern nur verriegelt. Hören Sie, wie der Riegel klirrt?«
    »Nun?«
    »Verstehen Sie noch immer nicht? Folglich ist eine von den beiden zu Hause. Wären sie ausgegangen, so hätten sie die Tür von außen mit einem Schlüssel abgesperrt und nicht von innen zugeriegelt! Sie hören doch, wie der Riegel klirrt! Um aber die Tür von innen zu verriegeln, muß man zu Hause sein, nicht wahr? Folglich sind sie zu Hause und sperren nicht auf!«
    »Wirklich!« rief Koch erstaunt aus. »Was

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