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Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne)

Titel: Verbrechen und Strafe (Schuld und Sühne) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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ihn der Teufel!«
    Er ging und blickte zerstreut und gehässig um sich. Alle seine Gedanken drehten sich jetzt um einen einzigen Punkt, den Hauptpunkt – und er fühlte selbst, daß es wirklich der Hauptpunkt sei und daß er jetzt, gerade jetzt, vor diesem Hauptpunkte stehe – und das sogar zum erstenmal seit diesen zwei Monaten.
    »Hol alles der Teufel!« sagte er sich plötzlich in einem Anfalle unerschöpflicher, Wut. »Nun, wenn es begonnen hat, so hat es eben begonnen, mag der Teufel das neue Leben holen! Mein Gott, wie dumm ist doch das alles! ... Und wieviel habe ich zusammengelogen, wie gemein habe ich mich heute benommen! Wie häßlich habe ich vorhin vor dem niederträchtigen Ilja Petrowitsch scharwenzelt und mich erniedrigt! Übrigens ist alles Unsinn ... Ich spucke auf sie alle und auch auf das, daß ich scharwenzelt und mich erniedrigt habe! Das ist es nicht, das ist es gar nicht!«
    Plötzlich blieb er stehen; eine neue, völlig unerwartete und äußerst einfache Frage brachte ihn auf einmal aus der Fassung und verblüffte ihn bitter:
    »Wenn du diese ganze Sache wirklich bewußt und nicht wie ein Narr gemacht hast, wenn du wirklich ein bestimmtes und festes Ziel gehabt hast, warum hast du bisher nicht mal in den Beutel hineingeschaut und weißt nicht, was dir zugefallen ist und weswegen du alle Qualen auf dich genommen und dich mit vollem Bewußtsein zu einer so gemeinen, häßlichen und niedrigen Tat entschlossen hast? Du wolltest doch eben den Beutel mit den anderen Sachen, die du gleichfalls nicht gesehen hast, ins Wasser werfen ... Wie ist es nun?«
    Ja, es ist so; alles ist so. Er hatte es übrigens auch vorher gewußt, und die Frage war für ihn gar nicht neu; und als es damals in der Nacht beschlossen wurde, alles ins Wasser zu werfen, so war es ohne jedes Schwanken und ohne Widerspruch beschlossen worden, vielmehr so, als hätte es so sein müssen, als wäre es anders unmöglich ... Ja, er hatte das alles gewußt und alles verstanden; vielleicht schon gestern war es so beschlossen, im gleichen Augenblick, als er über der Truhe hockte und aus ihr die Etuis herausholte ... Es ist doch so! ...
    »Es kommt daher, weil ich sehr krank bin,« entschied er plötzlich finster, »ich habe mich selbst zermartert, und ich weiß selbst nicht, was ich tue ... Auch gestern und vorgestern und diese ganze Zeit habe ich mich gemartert ... Wenn ich gesund werde, werde ich mich nicht mehr martern ... Wenn ich aber nicht gesund werde? Mein Gott, wie habe ich das alles satt!« Er ging, ohne stehen zu bleiben. Er wollte so furchtbar gern sich irgendwie zerstreuen, wußte aber nicht, was zu tun, was zu unternehmen. Eine neue, unüberwindliche Empfindung bemächtigte sich seiner von Augenblick zu Augenblick stärker; es war ein grenzenloser, beinahe physischer Ekel vor allem, was ihm begegnete und ihn umgab, ein hartnäckiger, boshafter, gehässiger Widerwille. Alle Menschen, denen er begegnete, waren ihm ekelhaft – ekelhaft waren ihre Gesichter, ihr Gang, ihre Bewegungen. Er wäre imstande, jeden von ihnen anzuspeien oder zu beißen, der ihn angesprochen hätte ...
    Er blieb plötzlich stehen, als er den Kai der Kleinen Newa auf der Wassiljewskij-Insel dicht bei der Brücke erreicht hatte. »Hier wohnt er, in diesem Hause«, sagte er sich. »Was, bin ich gar zu Rasumichin gekommen?! Wieder dieselbe Geschichte wie damals ... Es ist doch immerhin interessant: ob ich mit Absicht hergekommen bin oder mich nur zufällig verirrt habe? Ich habe doch sowieso damals ... vorgestern ... gesagt, daß ich ihn ... am andern Tage nach dem aufsuchen werde; nun, ich werde zu ihm hinaufschauen! Als ob ich jetzt nicht mehr zu ihm gehen dürfte ...«
    Er stieg zu Rasumichin in den vierten Stock hinauf.
    Jener war daheim, in seiner Kammer; er war gerade mit Schreiben beschäftigt und hatte ihm selbst geöffnet. An die vier Monate hatten sie sich nicht gesehen. Rasumichin trug zu Hause einen vollkommen zerfetzten Schlafrock und Pantoffeln auf den bloßen Füßen und war zerzaust, unrasiert und ungewaschen. Sein Gesicht drückte großes Erstaunen aus.
    »Was hast du?« rief er aus, indem er seinen Freund vom Kopf bis zu den Füßen musterte. Dann verstummte er und stieß einen Pfiff aus.
    »Steht es denn wirklich so schlecht? Du hast unsereins übertroffen, mein Bester«, fügte er mit einem Blick auf Raskolnikows Lumpen hinzu. »Setz dich doch, du bist wohl müde!«
    Und als jener sich in sein wachstuchüberzogenes türkisches Sofa

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