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Verbrechen und Strafe (Übersetzung von Swetlana Geier)

Verbrechen und Strafe (Übersetzung von Swetlana Geier)

Titel: Verbrechen und Strafe (Übersetzung von Swetlana Geier) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Michajlowitsch Dostojewskij
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so schmutzig und schmierig sein und nach dem Wirtshaus riechen, ich spucke drauf! Und ich will es noch mehr sein!« ...
    Bei solchen Monologen traf ihn Sossimow an, der im Gastzimmer Praskowja Pawlownas übernachtet hatte.
    Er war eben im Begriff, nach Hause zu gehen, und wollte vor dem Weggehen nach dem Kranken schauen. Rasumichin berichtete ihm, daß jener wie ein Murmeltier schlafe. Sossimow ordnete an, daß man ihn nicht wecke, bis er selbst aufwache. Gegen elf Uhr wollte er wiederkommen.
    »Wenn er nur zu Hause bleibt«, fügte er hinzu. »Pfui Teufel! Selbst über meinen Patienten habe ich keine Gewalt, und da soll ich ihn noch behandeln. Weißt du nicht, wird erzu ihnen gehen, oder werden sieherkommen?«
    »Ich glaube, sie werden herkommen«, antwortete Rasumichin, der den Sinn der Frage erriet. »Ich werde fortgehen. Du als Arzt hast natürlich mehr Rechte als ich.«
    »Auch ich bin doch kein Beichtvater; ich werde kommen und gleich wieder weggehen; auch ohne sie habe ich genug zu tun.«
    »Eines macht mir nur Sorge«, unterbrach ihn Rasumichin düster. »Gestern habe ich ihm im Rausche auf dem Wege hierher allerlei Dummheiten ausgeplaudert ... verschiedenes ... unter anderem deine Befürchtung, daß er ... zum Wahnsinn neige ...«
    »Auch den Damen hast du es gestern ausgeplaudert.«
    »Ich weiß, daß es dumm ist! Du kannst mich schlagen. Hast du wirklich einen bestimmten Gedanken darüber gehabt?«
    »Ich sage doch, daß es Unsinn ist! Was für einen bestimmten Gedanken? Du hast ihn mir doch selbst als einen Monomanen geschildert, als du mich zu ihm führtest ... Nun, und gestern haben wir diesen Verdacht noch mehr geschürt, eigentlich du, mit diesen Erzählungen ... von dem Anstreicher; das war ein schönes Gespräch, wenn er vielleicht wirklich deswegen verrückt geworden ist! Wenn ich nur sicher wüßte, was damals im Polizeibureau geschehen ist und daß ihn dort irgendeine Kanaille mit ihrem Verdacht beleidigt hat! Hm! ... dann hätte ich gestern solch ein Gespräch nicht geduldet. Diese Monomanen machen doch aus einem Tropfen einen Ozean und sehen jeden Unsinn leibhaftig vor sich ... Soweit ich mich erinnere, war mir gestern aus der Erzählung Samjotows die Hälfte der Sache klar geworden. Aber was hat das zu sagen! Ich kenne einen Fall, wo ein vierzigjähriger Mann, ein Hypochonder, der es nicht ertragen konnte, daß ein achtjähriger Junge sich über ihn bei Tisch täglich lustig machte, ihn ermordete! Hier aber: sein zerlumpter Zustand, die Frechheit des Revieraufsehers, die beginnende Krankheit und dazu dieser Verdacht! Und das sagt man einem rasenden Hypochonder! Bei seiner wahnsinnigen außergewöhnlichen Eitelkeit! Hier sitzt vielleicht gerade der Ausgangspunkt der ganzen Krankheit! Na, hol's der Teufel! Dieser Samjotow ist übrigens wirklich ein netter Junge, aber hm! ... es war ganz unnötig, daß er es gestern erzählte. Ein furchtbarer Schwätzer!«
    »Wem hat er es denn erzählt? Doch nur mir und dir!«
    »Und dem Porfirij.«
    »Was macht das, daß er es auch Porfirij erzählt hat?«
    »Übrigens, hast du irgendeinen Einfluß auf jene, ich meine auf seine Mutter und Schwester? Sie müßten ihn heute vorsichtiger behandeln ...«
    »Sie werden sich schon einigen!« antwortete Rasumichin unwillig.
    »Warum ist er nur so über Luschin hergefallen? Der Mensch hat doch Geld und ist ihr anscheinend gar nicht zuwider ... sie haben wohl keinen Heller? Wie?«
    »Was fragst du mich so aus?« rief Rasumichin gereizt. »Woher soll ich wissen, ob sie einen Heller haben oder nicht? Frag sie selbst, vielleicht wirst du es erfahren.«
    »Pfui, wie dumm du zuweilen bist! Der gestrige Rausch sitzt dir noch im Kopfe ... Auf Wiedersehen; bedanke dich in meinem Namen bei deiner Praskowja Pawlowna für das Nachtquartier. Sie hat sich eingeschlossen, hat auf mein ›Guten Morgen‹ durch die Tür nicht geantwortet, war aber schon um sieben Uhr aufgestanden; man hatte ihr den Samowar aus der Küche durch den Korridor gebracht ... Ich bin nicht für würdig befunden worden, ihr Antlitz zu schauen ...«
    Punkt neun Uhr erschien Rasumichin in den möblierten Zimmern Bakalejews. Die beiden Damen erwarteten ihn schon längst mit einer hysterischen Ungeduld. Sie waren schon um sieben aufgestanden, vielleicht sogar früher. Er trat finster wie die Nacht ein und machte eine ungeschickte Verbeugung, worüber er sofort böse wurde, – natürlich auf sich selbst. Er hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht: Pulcheria

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