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Verbrechen und Strafe (Übersetzung von Swetlana Geier)

Verbrechen und Strafe (Übersetzung von Swetlana Geier)

Titel: Verbrechen und Strafe (Übersetzung von Swetlana Geier) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Michajlowitsch Dostojewskij
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dahinter, daß sein Bewußtsein sich zeitweise getrübt und daß dieser Zustand mit einigen Unterbrechungen bis zur endgültigen Katastrophe angehalten hatte. Er war fest davon überzeugt, daß er sich damals in vielen Dingen geirrt hatte, zum Beispiel in den Zeitpunkten und der Dauer verschiedener Ereignisse. Wenigstens, als er sich später dessen entsann, erfuhr er vieles über sich selbst nur aus Mitteilungen, die er von anderen erhielt. Er verwechselte zum Beispiel ein Ereignis mit einem anderen und hielt ein anderes für die Folge eines dritten, das nur in seiner Einbildung existierte. Zeitweise bemächtigte sich seiner eine schmerzvolle und quälende Unruhe, die sogar in eine panische Angst überging. Er entsann sich aber auch, daß es Minuten, Stunden und vielleicht auch Tage vollständiger Apathie gegeben hatte, die sich seiner, im Gegensatz zu der früheren Angst, bemächtigte, – eine Apathie, die dem krank haft-gleichgültigen Zustand mancher Sterbenden glich. Überhaupt bemühte er sich in diesen letzten Tagen, der klaren und vollständigen Erkenntnis seines Zustandes aus dem Wege zu gehen; manche wichtigen Tatsachen, die einer sofortigen Aufklärung bedurften, bedrückten ihn besonders schwer; wie froh wäre er gewesen, sich von manchen Sorgen befreien zu können, deren Außerachtlassung ihn unvermeidlich und endgültig ins Verderben gestürzt hätte.
    Die größte Sorge machte ihm Swidrigailow: man könnte sogar sagen, daß Swidrigailow ihm zu einer fixen Idee geworden war. Seit der Zeit, als er die allzu klar ausgesprochenen und für ihn so drohenden Worte von Swidrigailow in Ssonjas Wohnung, in der Todesstunde Katerina Iwanownas gehört hatte, war der gewöhnliche Fluß seiner Gedanken gleichsam gestört. Obwohl aber diese neue Tatsache ihn außerordentlich beunruhigte, beeilte sich Raskolnikow gar nicht, die Sache irgendwie aufzuklären. Zuweilen überraschte er sich selbst, wie er in irgendeinem entlegenen und einsamen Stadtteile, in irgendeinem elenden Wirtshause nachdenklich allein am Tische saß, ohne an wissen, wie er hingeraten war, und dann fiel ihm plötzlich Swidrigailow ein: er sah allzu klar und unruhig ein, daß er mit diesem Menschen so schnell als möglich sprechen und sich mit ihm, so weit es ging, einigen müßte. Als er sich einmal hinter die Stadtgrenze verirrte, bildete er sich ein, daß er Swidrigailow erwartete und daß sie hier eine Zusammenkunft verabredet hätten. Ein anderes Mal erwachte er bei Tagesgrauen irgendwo im Gesträuch, auf der nackten Erde, und konnte fast nicht begreifen, wie er hierhergekommen war. Übrigens hatte er in diesen zwei oder drei Tagen nach dem Tode Katerina Iwanownas den Swidrigailow schon an die zweimal getroffen, fast immer in Ssonjas Wohnung, wohin er ohne jede Absicht, stets nur auf einen Sprung kam. Sie wechselten miteinander einige wenige Worte und berührten niemals den Hauptpunkt, als bestünde zwischen ihnen eine Verabredung, darüber vorläufig zu schweigen. Die Leiche Katerina Iwanownas lag noch immer in der Wohnung. Swidrigailow traf Anordnungen für die Beerdigung und sorgte für alles. Auch Ssonja war sehr beschäftigt. Bei ihrer letzten Zusammenkunft erklärte Swidrigailow Raskolnikow, daß er die Kinder Katerina Iwanownas schon irgendwie versorgt habe, daß es ihm dank seinen Verbindungen gelungen sei, Personen zu finden, mit deren Hilfe man die drei Waisenkinder sofort in sehr anständigen Anstalten unterbringen könnte; daß das Geld, das er für sie deponiert habe, dabei sehr nützlich gewesen sei, da es viel leichter wäre, Waisen mit Kapital unterzubringen als solche, die gar nichts haben. Er sagte auch etwas über Ssonja, versprach Raskolnikow, ihn dieser Tage selbst aufzusuchen, und erwähnte nebenbei, daß er sich mit ihm beraten und ihn dringend sprechen müßte, da es sich um eine wichtige Angelegenheit handle ... Das Gespräch fand auf dem Flur an der Treppe statt. Swidrigailow blickte Raskolnikow unverwandt in die Augen und fragte ihn nach kurzem Schweigen mit gedämpfter Stimme:
    »Was ist denn mit Ihnen, Rodion Romanowitsch? Man kann Sie ja kaum wiedererkennen! Wirklich! Sie schauen einen an und hören zu und scheinen nichts zu verstehen. Nehmen Sie sich zusammen. Wir müssen doch wirklich miteinander sprechen; es ist nur schade, daß ich so viel zu tun habe, für mich selbst und für andere ... Ach, Rodion Romanowitsch«, fügte er plötzlich hinzu, »alle Menschen brauchen Luft, Luft, Luft ... Vor allen Diagen

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