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Verbrechen und Strafe (Übersetzung von Swetlana Geier)

Verbrechen und Strafe (Übersetzung von Swetlana Geier)

Titel: Verbrechen und Strafe (Übersetzung von Swetlana Geier) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Michajlowitsch Dostojewskij
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hatte. Dann verließ auch er schnell das Zimmer.
    III
    Er eilte zu Swidrigailow. Was er sich von diesem Menschen erhoffen konnte, das wußte er selbst nicht. Doch in diesem Menschen lag irgendeine Gewalt über ihn. Als er das einmal erkannt hatte, konnte er sich nicht mehr beruhigen; nun war auch dazu die Zeit gekommen.
    Unterwegs quälte ihn besonders eine Frage: ob Swidrigailow bei Porfirij gewesen war?
    Soweit er es beurteilen konnte, und das hätte er auch beschwören können – war er bei ihm noch nicht gewesen! Er überlegte es sich noch einmal, ließ sich die ganze Szene mit Porfirij wieder durch den Kopf gehen und kam zur Einsicht: nein, er war nicht bei ihm gewesen, ganz gewiß nicht!
    Aber wenn er noch nicht gewesen ist, wirder noch zu Porfirij hingehen oder nicht?
    Vorläufig schien es ihm, daß er nicht hingehen würde. Warum? Er hätte sich auch dies nicht erklären können, aber selbst wenn er es sich erklären könnte, wollte er sich jetzt nicht den Kopf darüber zerbrechen. Dies alles quälte ihn, und doch kümmerte er sich darum nicht. Es war so seltsam, und niemand würde es vielleicht glauben können, aber für sein jetziges, unmittelbar bevorstehendes Schicksal hatte er nur ein zerstreutes, schwaches Interesse. Ihn quälte etwas anderes, etwas viel Wichtigeres, etwas Außerordentliches, etwas, was ebenfalls nur ihn allein und niemand anders anging, aber etwas ganz anderes, etwas Entscheidendes. Außerdem spürte er eine grenzenlose seelische Ermattung, obwohl sein Verstand an diesem Morgen besser arbeitete als in allen diesen letzten Tagen.
    Lohnte es sich aber auch jetzt, nach allem, was vorgefallen war, alle diese neuen lächerlichen Schwierigkeiten zu besiegen? Lohnte es sich zum Beispiel zu intrigieren, damit Swidrigailow nicht zu Porfirij gehe? zu studieren, auszukundschaften, seine Zeit zu verlieren für einen Swidrigailow?
    Oh, wie er dieser Dinge schon überdrüssig war!
    Und doch eilte er zu Swidrigailow; erwartete er von ihm vielleicht etwas Neues, einen Fingerzeig, einen Ausweg? Der Mensch greift aber manchmal auch nach einem Strohhalm! War es vielleicht das Schicksal oder irgendein Instinkt, was sie jetzt zusammenführte? Vielleicht war es nur eine Ermattung, eine Verzweiflung; vielleicht brauchte er jetzt gar nicht Swidrigailow, sondern einen andern Menschen, und Swidrigailow war ihm nur zufällig in den Weg gekommen? Ssonja? Ja, was hätte er jetzt zu Ssonja gehen sollen? Um sie wieder um ihre Tränen zu bitten? Ssonja war ihm auch schrecklich. Ssonja war für ihn ein unerbittlicher Urteilsspruch, ein unabänderlicher Entschluß. Es galt die Wahl zwischen ihrem und seinem Weg. Besonders in diesem Augenblick wäre er nicht imstande, sie zu sehen. Nein, wäre es nicht besser, Swidrigailow auf die Probe zu stellen: was an ihm sei? Und er konnte nicht umhin, sich innerlich einzugestehen, daß er Swidrigailow schon längst zu etwas brauchte.
    Aber was konnte zwischen ihnen Gemeinsames sein? Selbst ihre Verbrechen konnten einander nicht gleichen. Dieser Mensch war ihm außerdem unangenehm, offenbar äußerst verdorben, ganz gewiß schlau und verlogen, vielleicht auch sehr bösartig. Von ihm wurde doch manches erzählt. Allerdings hatte er sich der Kinder Katerina Iwanownas angenommen; aber wer weiß, was er damit bezweckte und was es zu bedeuten hatte? Dieser Mensch hatte immer irgendwelche Absichten und Projekte.
    In allen diesen Tagen ging Raskolnikow unablässig ein gewisser Gedanke durch den Kopf, der ihn furchtbar beunruhigte, obwohl er sich sogar bemühte, ihn von sich zu verscheuchen – so schwer war ihm dieser Gedanke! Er dachte sich zuweilen: Swidrigailow bemühte und bemüht sich auch jetzt noch, ständig in seiner Nähe zu sein; Swidrigailow hat sein Geheimnis erfahren; Swidrigailow hat irgendwelche Absichten gegen Dunja gehabt. Und was, wenn er sie auch jetzt noch hat? Man kann doch fast mit Bestimmtheit sagen, daß er sie hat? Und was, wenn er jetzt, wo er sein Geheimnis erfahren und auf diese Weise eine Macht über ihn erhalten hat, diese Macht als eine Waffe gegen Dunja gebrauchen wird?
    Dieser Gedanke quälte ihn zuweilen sogar im Traume, doch nie war er ihm so deutlich zum Bewußtsein gekommen wie jetzt, wo er auf dem Wege zu Swidrigailow war. Schon dieser Gedanke allein versetzte ihn in düstere Wut. Erstens würde sich dann alles sofort verändern, sogar seine eigene Lage; darum muß er das Geheimnis sofort Dunja mitteilen. Vielleicht muß er sich auch selbst

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