Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verbrechen und Strafe (Übersetzung von Swetlana Geier)

Verbrechen und Strafe (Übersetzung von Swetlana Geier)

Titel: Verbrechen und Strafe (Übersetzung von Swetlana Geier) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Michajlowitsch Dostojewskij
Vom Netzwerk:
bezahlt haben«, antwortete Nastasja.
    »Zwanzig Kopeken – dumme Gans!« rief er gekränkt. »Heutzutage kauft man selbst dich nicht für zwanzig Kopeken. Achtzig Kopeken habe ich gegeben! Und das auch nur, weil sie getragen ist. Allerdings mit der Bedingung: wenn du diese abträgst, bekommst du im nächsten Jahre eine andere umsonst, bei Gott! Schreiten wir nun zu den Vereinigten Staaten von Amerika, wie man dieses Kleidungsstück bei uns im Gymnasium nannte. Das sage ich gleich: auf die Hosen bin ich stolz!« Und er breitete vor Raskolnikow eine graue Hose aus leichtem wollenen Sommerstoff aus. – »Kein Löchelchen, kein Fleckchen, dabei ist sie aber noch sehr anständig, wenn auch getragen; dazu eine ebensolche Weste von der gleichen Farbe, wie es die Mode verlangt. Und daß die Sachen getragen sind, ist, offen gestanden, besser: sie sind weicher und zarter ... Siehst du, Rodja, um in dieser Welt Karriere zu machen, genügt es, meiner Meinung nach, stets die Saison zu beobachten: wenn du im Januar keinen Spargel verlangst, so bleiben dir ein paar Rubel im Beutel zurück; so verhält es sich auch mit diesem Kauf. Jetzt ist die Sommersaison, und ich habe euch einen Sommerkauf gemacht, denn die Herbstsaison wird sowieso einen wärmeren Stoff verlangen, und so wird man es wegwerfen müssen ... um so mehr, als dies alles bis dahin ganz von selbst zerfallen wird, und wenn nicht alle erhöhter Prunksucht, so aus innerer Zerrüttung. Nun taxiere es einmal! Wieviel glaubst du? Zwei Rubel fünfundzwanzig Kopeken! Und merk es dir, wieder mit derselben Bedingung: wenn du diese Hose abgetragen hast, bekommst du im nächsten Jahre eine neue umsonst! Im Laden Fedjajews werden die Sachen nur so verkauft: wenn du einmal bezahlt hast, so gilt das fürs ganze Leben, denn ein zweites Mal gehst du selbst nicht hin. Nun, jetzt zu den Stiefeln, – wie gefallen sie dir? Man sieht wohl, daß sie getragen sind, aber an die zwei Monate werden sie noch halten, denn es ist ausländische Arbeit und ausländische Ware: der Sekretär der englischen Botschaft hat sie in der vorigen Woche auf dem Trödelmarkte verkauft; bloß sechs Tage hat er sie getragen, brauchte aber dringend Geld. Der Preis ist ein Rubel fünfzig Kopeken. Ein guter Kauf?«
    »Vielleicht passen sie ihm gar nicht!« bemerkte Nastasja.
    »Sie passen nicht! Und was ist das?« Er zog aus der Tasche den alten, eingeschrumpften, ganz mit trockenem Schmutz bedeckten durchlöcherten Stiefel Raskolnikows. »Ich bin mit einem Muster hingegangen, und man hat mir nach diesem Ungeheuer das richtige Maß rekonstruiert. Diese Angelegenheit habe ich mit Liebe behandelt. Und was die Wäsche betrifft, so habe ich mit der Wirtin gesprochen. Hier sind erstens drei leinene Hemden, doch mit modernem Einsatz ... Also: achtzig Kopeken die Mütze, zwei Rubel fünfundzwanzig die übrige Kleidung, macht drei Rubel fünf Kopeken; ein Rubel fünfzig die Stiefel – weil sie gar so gut sind, – macht vier Rubel fünfundfünfzig Kopeken und fünf Rubel die ganze Wäsche – wir haben sie engros gekauft, – alles in allem neun Rubel fünfundfünfzig Kopeken. Den Rest von fünfundvierzig Kopeken in kupfernen Fünfkopekenstücken überreiche ich Ihnen hiermit. So ist nun, Rodja, deine ganze Kleidung instand gesetzt, denn dein Mantel kann, wie ich glaube, nicht nur weiterdienen, sondern sieht sogar noch besonders vornehm aus: ja, wenn man bei Scharmer arbeiten läßt! Was die Strümpfe und das übrige betrifft, so überlasse ich es dir selbst; an Geld sind uns noch fünfundzwanzig Rubel geblieben, aber wegen Paschenjka und der Miete kannst du unbesorgt sein; ich sagte dir ja: dein Kredit ist unbeschränkt. Jetzt aber erlaube, daß ich dir die Wäsche wechsele, Bruder, denn deine Krankheit sitzt jetzt vielleicht nur noch im Hemde ...«
    »Laß ab, ich will nicht!« wehrte sich Raskolnikow, der mit Widerwillen den geschraubt-scherzhaften Bericht Rasumichins über den Einkauf der Kleider gehört hatte ...
    »Nein, Bruder, das geht nicht: warum habe ich mir die Sohlen abgelaufen!« drang. Rasumichin in ihn. – »Nastasjuschka, schämen Sie sich nicht, sondern helfen Sie, ja so!«
    Trotz des Widerstandes Raskolnikows wechselte er ihm die Wäsche. Jener fiel auf die Kissen und sprach an die zwei Minuten kein Wort.
    »Jetzt lassen Sie mich lange nicht in Ruhe!« dachte er.
    »Von welchem Gelde ist das alles gekauft?« fragte er endlich, auf die Wand blickend.
    »Von welchem Geld? Hat man so was gehört! Doch

Weitere Kostenlose Bücher