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Verbrechen und Strafe

Verbrechen und Strafe

Titel: Verbrechen und Strafe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Michajlowitsch Dostojewskij
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gedeckt; die beiden Kleineren saßen auf einer Bank, und Poljetschka, als die Erwachsene, mußte auf sie aufpassen, sie füttern und ihnen »wie Kindern aus vornehmem Hause« die Näschen putzen. Mit einem Wort, Katerina Iwanowna konnte nicht umhin, alle mit verdoppelter Würde und sogar mit Hochmut zu empfangen. Einige Gäste musterte sie besonders streng und forderte von oben herab auf, sich an den Tisch zu setzen. Da sie aus irgendeinem Grunde für alle Nichterschienenen Amalia Iwanowna verantwortlich machte, fing sie plötzlich an, diese äußerst nachlässig zu behandeln, was die Wirtin sofort merkte und wodurch sie sehr pikiert wurde. Ein solcher Anfang verhieß kein gutes Ende. Endlich saßen alle bei Tisch. Raskolnikow war fast in demselben Augenblick gekommen, als alle vom Friedhof zurückkehrten. Katerina Iwanowna freute sich sehr über sein Erscheinen, erstens, weil er der einzige »gebildete« Gast sei und »bekanntlich in zwei Jahren einen Lehrstuhl an der hiesigen Universität bekommen würde«, und zweitens, weil er sich bei ihr unverzüglich und respektvoll entschuldigte, daß er trotz seines guten Willens zur Beerdigung nicht hatte kommen können. Sie fiel förmlich über ihn her, setzte ihn bei Tisch links neben sich (zu ihrer Rechten saß Amalia Iwanowna) und wandte sich, trotz der ununterbrochenen Sorgen, daß die Speisen richtig herumgereicht würden und daß alle etwas bekämen, trotz des qualvollen Hustens, der sie jeden Augenblick unterbrach und würgte und in den letzten zwei Tagen eine besonders hartnäckige Form angenommen zu haben schien, immerfort an Raskolnikow; sie beeilte sich, vor ihm halb flüsternd alle Gefühle, die sich in ihr angesammelt hatten, und ihre ganze gerechte Entrüstung über das mißlungene Totenmahl zu ergießen, wobei die Entrüstung oft von einem sehr lustigen und ausgelassenen Lachen über die versammelten Gäste, hauptsächlich aber über die Wirtin, unterbrochen wurde.
    »An allem ist dieser Kuckuck schuld. Sie verstehen doch, wen ich meine: jene dort!« Und Katerina Iwanowna zeigte mit dem Kopf auf die Wirtin. »Schauen Sie sie an: sie glotzt mit den Augen und ahnt, daß wir von ihr sprechen, kann aber kein Wort verstehen und schaut darum so dumm. Pfui, wie eine Eule! Ha-ha-ha! ... Kchi-kchi-kchi! Und was will sie bloß mit ihrer Haube beweisen? Kchi-kchi-kchi! Haben Sie es schon bemerkt, sie will immer, daß alle glauben, sie protegiere mich und erweise mir durch ihre Anwesenheit eine Ehre. Ich hatte sie als eine anständige Person gebeten, bessere Leute einzuladen, und zwar die Bekannten des Verstorbenen; schauen Sie aber, wen sie hergebracht hat: lauter Hanswürste und Schmutzfinken! Sehen Sie nur diesen da mit dem Ausschlag im Gesicht an: der sieht doch genau aus wie Rotz auf zwei Beinen! Und diese Polen ... Ha-ha-ha! Kchi-kchi-kchi! Niemand, niemand hat sie hier je gesehen, auch ich habe sie nie gesehen; warum sind sie bloß gekommen, frage ich Sie? Sie sitzen so manierlich nebeneinander. – Panje, he!« schrie sie plötzlich einem von ihnen zu: »Haben Sie schon Pfannkuchen gehabt? Nehmen Sie noch! Trinken Sie Bier! Wollen Sie keinen Schnaps? – Schauen Sie nur: er ist aufgesprungen, er verbeugt sich, sehen Sie nur, sehen Sie nur: die Ärmsten sind wohl ganz ausgehungert! Macht nichts, sollen sie nur essen. Sie machen wenigstens keinen Lärm, aber ... aber ich fürchte wirklich für die silbernen Löffel der Wirtin! – Amalia Iwanowna!« wandte sie sich plötzlich fast laut an diese: »Wenn man Ihre Löffel stiehlt, so übernehme ich keine Verantwortung, das sage ich Ihnen im voraus! – Ha-ha-ha!« lachte sie, sich wieder an Raskolnikow wendend, wieder auf die Wirtin weisend und sich über den Witz freuend: »Sie hat es nicht verstanden, hat mich wieder nicht verstanden! Sie sitzt mit offenem Maul, schauen Sie nur: eine Eule, eine echte Eule, eine Eule mit neuen Bändern, ha-ha-ha!«
    Ihr Lachen ging wieder in einen qualvollen Hustenanfall über, der an die fünf Minuten dauerte. Auf dem Taschentuche blieb etwas Blut zurück, Schweißtropfen traten ihr auf die Stirn. Sie zeigte das Blut schweigend Raskolnikow, holte kaum etwas Atem und fing sofort wieder an, ihm mit außerordentlicher Begeisterung zuzuflüstern, während sich an ihren Wangen rote Flecke zeigten:
    »Sehen Sie, ich hatte ihr den, man kann wohl sagen, schwierigen Auftrag gegeben, jene Dame und ihre Tochter einzuladen, Sie verstehen doch, wen ich meine? Hier hätte sie in der delikatesten

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