Verdammnis
Bjurman?«
Sein ehemaliger Chef polterte plötzlich los.
»Du weißt genau, wie Bjurman war. Der Hellste ganz bestimmt nicht.«
»Ich meine … wusste er von den Zusammenhängen? Könnte in seiner Hinterlassenschaft irgendetwas ans Tageslicht kommen, was Hinweise geben könnte auf …?«
»Nein, natürlich nicht. Ich verstehe sehr wohl, worauf du hinauswillst, aber mach dir keine Sorgen. Wir haben es so eingerichtet, dass Bjurman ihr Betreuer wurde, aber nur, damit wir die Kontrolle über sie behielten. Besser er als ein völlig Unbekannter. Wenn sie angefangen hätte zu plaudern, hätten wir es sofort erfahren. Aber jetzt löst sich ja alles zu unserer vollsten Zufriedenheit.«
»Was meinst du damit?«
»Tja, nach dieser Sache wird Salander erst mal eine geraume Weile in der Psychiatrie sitzen.«
»Verstehe.«
»Mach dir keine Sorgen, und ruh dich gut aus, solange du krankgeschrieben bist.«
Aber genau dazu war Abteilungsleiter Gunnar Björck eben nicht in der Lage. Dafür hatte Mikael Blomkvist gesorgt. Björck setzte sich an den Küchentisch und blickte über den See, während er versuchte, sich ein Gesamtbild von seiner Situation zu machen. Von zwei Seiten wurde er bedroht.
Mikael Blomkvist würde ihn öffentlich als Freier brandmarken. Es bestand die unmittelbare Gefahr, dass Björcks Karriere bei der Polizei ein jähes Ende finden würde, sobald er für ein Sexualverbrechen verurteilt wurde.
Das Ernsteste war jedoch, das Mikael Blomkvist hinter Zalatschenko her war. Irgendwie war er in diese Geschichte verwickelt. Und diese Spur führte direkt zu Gunnar Björcks Haustür.
Sein ehemaliger Chef war sicher, dass in Bjurmans Hinterlassenschaft nichts auftauchen würde, was auf sie verweisen könnte. Aber es gab sehr wohl etwas. Den Ermittlungsbericht von 1991. Und den hatte Bjurman von Gunnar Björck persönlich bekommen.
Er versuchte, sich das Treffen mit Bjurman vor neun Monaten ins Gedächtnis zu rufen. Sie hatten sich in der Altstadt getroffen. Eines Nachmittags hatte Bjurman ihn in der Arbeit angerufen und vorgeschlagen, sich auf ein Bier zu treffen. Sie unterhielten sich übers Schießen und alles Mögliche, aber Bjurman hatte ihn aus einem ganz bestimmten Grund angerufen. Er wollte ihn um einen Gefallen bitten. Und fragte nach Zalatschenko …
Björck stand auf und trat ans Küchenfenster. Er war damals ein bisschen beschwipst gewesen. Um ehrlich zu sein, sogar ziemlich beschwipst. Was hatte Bjurman wissen wollen?
»Apropos … ich habe da gerade eine Sache auf dem Tisch, in der ein alter Bekannter aufgetaucht ist …«
»Aha, und wer ist das?«
»Alexander Zalatschenko. Erinnerst du dich noch an ihn?«
»Ja, schon. Den vergisst man nicht so schnell.«
»Wo ist der eigentlich abgeblieben?«
Im Grunde ging das Bjurman überhaupt nichts an. Es gab sogar triftige Gründe, ihn allein für diese Frage kritisch unter die Lupe zu nehmen … aber andererseits war er ja Lisbeth Salanders Betreuer. Er meinte, er brauchte den alten Ermittlungsbericht. Und er hat ihn von mir bekommen.
Björck hatte einen tragischen Fehler begangen. Er war davon ausgegangen, dass Bjurman bereits Bescheid wusste - alles andere schien ihm undenkbar. Und Bjurman hatte es so dargestellt, als wolle er einfach den schwerfälligen bürokratischen Dienstweg umgehen, wo die Akte doch strenger Geheimhaltung unterlag. Auf die Art würde sich das Ganze nur Monate dahinschleppen, besonders in einer Angelegenheit, die Zalatschenko betraf.
Ich habe ihm den Ermittlungsbericht gegeben. Der immer noch als geheim eingestuft war, aber Bjurmans Gründe waren einleuchtend, und er verplapperte sich nie. Er war ein bisschen seltsam, aber zu viel geplaudert hatte er nie. Was konnte es schon schaden … es war doch alles so lange her.
Bjurman hatte ihn reingelegt. Er hatte ihm vorgegaukelt, es ginge nur um Formalitäten. Je länger er überlegte, umso überzeugter war er davon, dass Bjurman seine Worte sehr exakt und vorsichtig gewählt hatte.
Aber was zum Teufel hatte er damit im Sinn gehabt? Und warum hatte Salander ihn umgebracht?
Mikael Blomkvist stattete der Lundagatan am Samstag noch vier weitere Besuche ab, in der Hoffnung, Miriam Wu doch noch zu treffen, aber sie glänzte durch Abwesenheit.
So verbrachte er einen Großteil des Tages mit seinem iBook in der »Kaffebar« in der Hornsgatan und las noch einmal die E-Mails durch, die Dag Svensson an seine Adresse millennium. se bekommen hatte, sowie den Ordner, den er »Zala«
Weitere Kostenlose Bücher