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Verdammnis

Verdammnis

Titel: Verdammnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
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ist.«
    »Wahrscheinlich finden Sie Miriam Wu ziemlich leicht, wenn Sie sich ein bisschen anstrengen.«
    »Wahrscheinlich. Aber das Einfachste ist natürlich, jemand zu fragen, der die Nummer schon hat.«
    Bublanski seufzte. Mikael war plötzlich ziemlich gereizt.
    »Sind Polizisten denn schlauer als gewöhnliche Menschen, die Sie als Privatdetektive bezeichen?«
    »Nein, das glaube ich nicht. Aber die Polizei hat eine Ausbildung und den Auftrag, Verbrechen aufzuklären.«
    »Privatpersonen haben auch eine Ausbildung«, erwiderte Mikael langsam. »Und manchmal kann ein Privatdetektiv ein besserer Ermittler sein als ein richtiger Polizist.«
    »Das glauben Sie.«
    »Denken Sie an den Fall Rahman. Der saß wegen des Mordes an einer alten Dame unschuldig im Gefängnis und würde dort immer noch sitzen, wenn nicht eine Lehrerin mehrere Jahre damit verbracht hätte, akribische Ermittlungen durchzuführen. Und zwar ohne auf die Mittel zurückgreifen zu können, die Ihnen zur Verfügung stehen. Am Ende konnte sie nicht nur Rahmans Unschuld beweisen, sondern auch einen entscheidenden Hinweis auf den wahren Täter geben.«
    »Im Fall Rahman ging es auch ums Prestige. Der Staatsanwalt wollte sich die Fakten nicht anhören.«
    Mikael Blomkvist betrachtete Bublanski.
    »Ich werde Ihnen etwas verraten, Bublanski. Genau in diesem Augenblick geht es auch im Fall Salander ums Prestige. Ich behaupte, dass sie Dag und Mia nicht ermordet hat. Und ich werde es beweisen. Ich werde Ihnen den richtigen Mörder präsentieren, und wenn es so weit ist, werde ich einen Artikel schreiben, dessen Lektüre für Sie und Ihre Kollegen verdammt unangenehm sein wird.«
     
    Auf dem Heimweg in die Katarina Bangata verspürte Bublanski das dringende Bedürfnis, die Angelegenheit mit Gott zu besprechen, aber statt in die Synagoge ging er in die katholische Kirche an der Folkungagatan. Er nahm auf einer der hinteren Bänke Platz und blieb eine Stunde lang reglos sitzen. Im Grunde hatte er als Jude nichts in einer katholischen Kirche zu suchen, aber sie war so ein friedvoller Ort zum Nachdenken, und er kam regelmäßig hierher, wenn er seine Gedanken ordnen wollte. Jan Bublanski war der Meinung, dieser Ort eigne sich dafür so gut wie jeder andere, und er war überzeugt, dass Gott es ihm nicht verübeln würde. Außerdem gab es einen großen Unterschied zwischen dem Katholizismus und dem Judentum. In die Synagoge ging er, um Gesellschaft und Gemeinschaft mit anderen Menschen zu erleben. Die Katholiken hingegen gingen in die Kirche, um in Ruhe mit Gott allein sein zu können. Die ganze Kirche lud zur Stille ein und gebot, dass man jedem Besucher seine Ruhe lassen musste.
    Bublanski dachte über Lisbeth Salander und Miriam Wu nach. Und er überlegte, was Erika Berger und Mikael Blomkvist ihm wohl verheimlicht hatten. Er war ganz sicher, dass sie etwas über Salander wussten, was sie ihm nicht erzählt hatten. Zu gern hätte er gewusst, was für eine »Recherche« Lisbeth für Mikael Blomkvist betrieben hatte. Einen Augenblick streifte ihn sogar der Gedanke, dass sie für Blomkvist gearbeitet hatte, kurz bevor er die Wennerström-Affäre lostrat, aber nach kurzem Nachdenken verwarf er diese Möglichkeit wieder. Diese Art von Drama passte einfach nicht zu Lisbeth Salander, und es schien eher abwegig, dass sie in dieser Angelegenheit Informationen von Wert hätte beitragen können.
    Bublanski war bekümmert.
    Mikael Blomkvists Gewissheit, dass Salander unschuldig war, gefiel ihm ganz und gar nicht. Es war eine Sache, dass er als Polizist seine Zweifel hatte - Zweifel gehörten zu seinem Beruf. Eine andere Sache war es, dass Mikael Blomkvist ihn mit seiner Privatdetektiv-Attitüde herausforderte.
    Er mochte Privatermittler nicht, denn sie arbeiteten oft mit Verschwörungstheorien, die zwar für große Schlagzeilen in den Zeitungen sorgten, die Arbeit der Polizei aber nur unnötig erschwerten.
    Das hier waren mittlerweile die verzwicktesten Mordermittlungen, die er jemals erlebt hatte.
    Dabei hatten sie sich so gut angelassen. Schon nach wenigen Stunden hatten sie eine Hauptverdächtige. Lisbeth Salander war diese Rolle auf den Leib geschneidert - sie war ganz offensichtlich ein Fall für die Psychiatrie und ihr Leben lang immer wieder mit gewalttätigen und unkontrollierten Ausbrüchen aufgefallen. Man musste sie praktisch nur noch festnehmen und ein Geständnis bekommen. Aber dann war plötzlich alles schiefgegangen.
    Salander wohnte nicht dort, wo sie wohnte.

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