Vereint
Genau so einem Typen wie ihm hatte ich meine Unschuld geschenkt. Und zwar im Apartment seines besten Freundes. Ich hatte ja nicht geahnt, dass sein bester Freund in Wirklichkeit ein Mädchen war, das über beide Ohren in ihn verliebt war. Das hatte kein gutes Ende genommen.
Er betrachtete prüfend meine Kreditkarte. »Della. Schöner Name. Er passt zu dir. Sexy und geheimnisvoll.«
In diesem Augenblick ging mir auf, dass ich seinen Namen ja auch noch nicht kannte. »Danke, aber jetzt hast du mir was voraus. Wie heißt du denn?«
Er grinste. »Woods.«
Woods . Noch nie gehört. Der Name war einzigartig.
»Der Name gefällt mir. Er passt zu dir«, erwiderte ich.
Er schien zu erwarten, dass ich noch etwas sagte, doch dann erlosch sein Lächeln, und er hielt die Karte hoch.
»Lektion Nummer eins ist, wie man beim Tanken bezahlt.«
Ich beobachtete und lauschte aufmerksam, als er mir Schritt für Schritt erklärte, wie man eine Zapfsäule bediente. Es war schwer, sich von seiner gebieterischen Art nicht ablenken zu lassen. Als er den Stutzen wieder an der Tanksäule einhängte und die Quittung abriss, wurde ich mit einem Mal traurig. Ich wollte nicht, dass dieser Augenblick zu Ende ging, aber ich musste weiter. Nach all der Zeit musste ich mich darauf konzentrieren, mich selbst zu finden. Damit konnte ich jetzt nicht aufhören, nur weil ich mich an einer Tankstelle in einen Typ verguckt hatte. Das wäre dämlich.
»Ich danke dir wirklich sehr. Beim nächsten Mal müsste ich das eigentlich allein hinkriegen«, sagte ich, nahm ihm meine Karte und die Quittung ab und versuchte unbeholfen, sie mir in die Tasche meiner Shorts zu stecken.
»Immer gerne. Machst du Urlaub hier?«, fragte er.
»Nein. Bin nur auf der Durchreise. Ich mache einen Road Trip nach nirgendwo und überall.«
Woods zog die Brauen zusammen und musterte mich einen Augenblick lang. »Wirklich? Das klingt interessant. Kennst du denn deinen endgültigen Bestimmungsort?«
Keine Ahnung. Ich zuckte mit den Achseln. »Nein. Wenn ich ihn finde, dann kenne ich ihn, schätze ich mal.«
Einen Augenblick standen wir schweigend da. Ich wandte mich zum Gehen, doch da hob Woods die Hand und berührte mich am Arm. »Was meinst du, hättest du Lust, mit mir essen zu gehen, bevor du weiterreist? In einer Stunde ist es dunkel. Würdest du nicht ohnehin bald in einer Stadt haltmachen und dich irgendwo einquartieren?«
Eigentlich hatte er recht. Das hier war eine nette kleine Küstenstadt – und sehr stilvoll. Hier war ich bestimmt gut aufgehoben. Auch wenn ich mich nicht länger von Gedanken an Sicherheit beherrschen ließ. Endlich lebte ich. Und schlug alle Bedenken in den Wind. Ich sah zu dem Fremden vor mir hoch. Er war nicht sicher. Ganz und gar nicht.
»Essen gehen klingt gut. Dann kannst du mir vielleicht auch einen Tipp geben, wo ich mir hier am besten ein Hotelzimmer nehme?«
I ch sah zu, dass ich das kleine rote Auto im Rückspiegel immer im Auge behielt. Della sollte mir zu einem direkt außerhalb des Ortes gelegenen mexikanischen Restaurant folgen, das wirklich gutes Essen servierte. Außerdem standen die Chancen dort besser, dass mir niemand Bekanntes über den Weg lief.
Heute Abend wollte ich mich von dem stressigen Leben, das ich in letzter Zeit führte, einmal erholen. Mein Vater setzte mich immer mehr unter Druck. Er fand, ich solle mich beweisen. Dabei war ich mir nicht mal sicher, was er eigentlich von mir wollte, verdammt! Nein, das stimmte nicht. Ich kannte seine Pläne für mich. Er erwartete, dass ich heiratete. Allerdings niemanden meiner Wahl. Er hatte eine eigene Wunschkandidatin – Angelina Greystone. Schon mein ganzes Leben lang hegte Dad den Plan, die Namen Kerrington und Greystone zu vereinen. Und den Hauptgewinn ließ er dabei nicht aus dem Auge. Jedes Jahr verbrachten wir mit den Greystones zusammen eine Woche auf Hawaii, und Dad spornte mich immer an, Angelina besser kennenzulernen. Etwas mit ihr zu unternehmen. Herrgott noch mal, sie steckten uns so viel zusammen, und das in einem so jungen Alter, dass wir schließlich mit fünfzehn miteinander schliefen. Ich hatte gedacht, ich sei ihr Erster, bis ich wirklich mal etwas mit einer Jungfrau hatte und begriff, dass Angelina mich angelogen hatte. Ich mochte damals ja unberührt gewesen sein, sie jedenfalls nicht. Das hatte mein Bild von der hübschen Blondine getrübt. Je älter und glamouröser sie wurde, umso schneller rannte ich vor ihr davon. Sie hatte Krallen, und wenn es
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