Verfuehren
Augen schließen und sich seine Kontrolle zurückerkämpfen.
„Habe ich dich nicht schon bis zu einem gewissen Grad verführt?“, rief sie ihm nach und er blieb ruckartig stehen. „Ich hab dich zu mir auf die Bühne geholt ... Ich habe dich erregt, bis du nicht widerstehen konntest, dich zu beteiligen.“
Er konnte das nicht verleugnen. Seine Finger waren noch feucht davon, dass er sie berührt hatte und er hatte die Versuchung bekämpft, sie sauber zu lecken, die ganze Zeit über, als er mit ihr geredet hatte. Was tat er? Wie hatte sie den Panzer um seine Gefühle so mühelos geknackt? Sie gehörte nicht zu ihm. Er gehörte zu keinem. Es war sicherer so.
Sicherer für sie beide.
Antoine sah auf seine Hände herunter. Blut. Es bedeckte sie, blutrot von seinen Fingerspitzen tropfend und auf die Ärmel seines silbergrauen Hemdes heraufgespritzt. Er atmete schwer, gegen die Panik und die Erinnerungen ankämpfend. Die Angst. Sie überschwemmte ihn, drückte seine Abwehr herunter und zerbrach sie, verschloss seine Kehle und straffte seine Brust. Sie prickelte über jeden Zentimeter seiner Haut und loderte in seinem Herzen. Antoine schloss die Augen und atmete langsam und tief. Ein. Aus. Einatmen. Ausatmen. Genau so, wie er es viele Male geübt hatte. Auf seine Atmung konzentriert. Alles andere verblassen lassend. Keine Angst. Kein Schmerz. Kein Tod. Nur er, lebend, atmend. Lebendig, nicht tot.
Nicht verblutend.
Als er schließlich wieder seine Augen öffnete, war das Blut an seinen Händen verschwunden und Sera stand zwischen ihm und der Bühnentür, ihn merkwürdig ansehend. Betroffen? Der Funke der Begierde, der ihre Pupillen erweitert hatte, war verschwunden, ausradiert von ihrer gerunzelten Stirn und einem stetigen, durchdringenden Blick, der ihn sich fühlen ließ, als ob sie genau in diesem Moment an der Barriere vorbeireichte, sich bemühend, die Wahrheit über seine Vergangenheit aus seinem Herzen zu reißen.
Antoine schloss seine Augen, wandte sich von ihr ab und entließ einen letzten, beruhigenden Atemzug. Es würde sich als weiterer Fehler herausstellen, würde damit enden, dass sie sein Herz aufspalten würde, aber er konnte sich nicht dazu bringen, zu gehen. Er wollte bleiben. Er musste bleiben. Zum ersten Mal seit drei Jahrhunderten musste er einen Bruchteil an Kontrolle aufgeben, damit er sich in einer Frau verlieren konnte.
Er musste mit jemandem zusammen sein.
Mit ihr.
Alles an ihr besagte, dass sie seine Bedürfnisse befriedigen könnte, dass sie alles sein würde, was er wollte — sanft, zärtlich und warm. Sie konnte sogar sein gebrochenes Herz heilen, wenn er mutig genug war, es sie versuchen zu lassen, töricht genug zu glauben, dass die Gefühle, die ihre Augen ihm zuweilen zeigten, wahrhaftig waren und kein Theater.
Sein Herz flüsterte, dass er immer noch entkommen konnte, bevor es zu spät war. Er musste sich dieser Hölle nicht wieder aussetzen.
Antoine sprang von der Bühne herunter und setzte sich auf den Platz, den er während Seras Darbietung für ihn eingenommen hatte.
Er konnte nicht gehen. Es war bereits zu spät. Er hatte sie berührt, war von ihr verzaubert und brauchte jetzt mehr, als nur eine Kostprobe von ihr.
Er brauchte sie ganz.
Sera stand dort auf der Bühne, jetzt auch unsicher aussehend. Hatte sie erwartet, dass er es ihr leicht machen würde?
Er konnte es nicht, nicht wenn ein Teil seines Herzens ihn anschrie zu fliehen, dass er in Gefahr war und jetzt sofort entkommen musste. Das Verlangen rührte sich in ihm, die Anziehung, die er ihr gegenüber empfand, hätte ihn zum Bleiben veranlassen können, aber er kämpfte immer noch instinktiv gegen jene Gefühle und sein Herz würde weiter dagegen kämpfen, während sie ihn zu verführen versuchte. Der Selbsterhaltungstrieb war stark nach drei Jahrhunderten, unmöglich zu überwinden, ohne ein bisschen Überredungskunst.
Sera stand immer noch dort. Wartete sie darauf, dass er etwas sagte oder tat?
Sie blinzelte, lange, dunkle Augenlider verschlossen ihre wunderschönen, grünen Iris, und als sie ihn wieder ansah, war ihr Selbstvertrauen zurück. Sie hatte gesagt, dass sie einen Mann verführen könnte, sein Nein in ein Ja umwandeln könnte. Er würde sich nicht als einfache Herausforderung erweisen. Der düstere Teil in ihm sagte ihm, alles zu nehmen, was er von ihr bekommen könnte, jedes seiner Bedürfnisse zu befriedigen, ohne sich zu verlieben und anschließend dafür zu sorgen, dass sie ging. Sie war
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