Verfuehrerisch doch unerreichbar
gelassen, aber bestimmt, und diesmal sah er Paul an. „Das glaube ich nicht. Ob Ellie mich nun heiraten wird oder nicht, du wirst das ‚Amoteh’ und Tanyas Mutter in Ruhe lassen. Falls nicht, wird es mir ein Vergnügen sein, dich zu ruinieren.”
„Was ist mit meiner Mutter?” fragte Ellie verwirrt. Sie erinnerte sich an Noras Stimme, die sie am Telefon anflehte. Die unregelmäßigen Anrufe hatten begonnen, als sie dreißig war, doch Ellie wollte nicht mit der Frau sprechen, die sie verlassen hatte. Nachdem Tanya ihre Tochter wurde, war Ellies Abneigung gegen Nora noch stärker geworden. Keine liebende Mutter konnte ihr Kind verlassen.
„Ich verschwinde”, verkündete Paul und stürmte an Ellie vorbei.
„Nimm das mit. Deine Enkelin hat es gemalt. Sie ist ein wundervolles Kind. Und Ellie ist ihr eine gute Mutter. Du wirst Tanya nicht das antun, was du deinen Töchtern angetan hast.”
Mikhail stand auf und nahm eine von Tanyas Zeichnungen ab, die an der Wand hingen. Er reichte sie Paul, der sie in der Faust zerknüllte und aus dem Büro verschwand, wobei er die Tür hinter sich zuknallte.
„Was ist mit Nora?” wandte Ellie sich an Mikhail.
„Ich wollte, dass Paul dir davon erzählt, aber er kann seine eigenen Fehler nicht eingestehen. Ich habe Kontakt zu deiner Mutter aufgenommen. So hart wie du um Tanya gekämpft hast, konnte ich mir nicht vorstellen, dass sie dich einfach Paul überlassen hat.
Wenn du die ganze Geschichte hören willst und nicht die, mit der Paul dich immer abgespeist hat, ruf sie an.” Er gab ihr einen Zettel mit einer Telefonnummer in seiner kühnen Handschrift.
„Du hattest kein Recht, dich in diese Dinge einzumischen.” Ein Albtraum von Erinnerungen an ihre Kindheit stürzte auf sie ein, an die Mutter, die einfach verschwunden war, an den kalten, harten und fordernden Vater, von dem sie keine Beachtung erfuhr, und an ihre kleine Schwester, der sie all ihre Liebe geben wollte.
„Ach nein?”
„Du hast mich letzte Nacht absichtlich erschöpft, um zu verhindern, dass ich Paul begegne.”
„Ich hatte eher den Eindruck, dass es in gegenseitigem Einverständnis und zur gegenseitigen Befriedigung geschah. Nimm dir den Rest des Tages frei. Ich will das ,Amoteh’
nicht durch deine Laune ruinieren, denn du siehst mir viel zu kampflustig aus. Übrigens liebe ich dich wirklich und will dich heiraten.”
Mit diesen Worten setzte Mikhail sich, schob Garnrollen auf das Näh-Gerät und prüfte die Richtungen. Offenbar war die Sache damit für ihn erledigt. In seinen großen starken Händen wirkten die glänzenden Fäden so schwach, wie Ellie sich fühlte.
„Das wirst du nie hinkriegen”, erklärte sie und fädelte rasch sämtliche Fäden in das Gerät.
„Ich stelle übrigens den Golfprofi ein, Stepanov. Hier ist Drues Bewerbung … und wage es nie mehr, dich in mein Leben einzumischen. Und wenn du das nächste Mal einen Liebesmarathon veranstalten willst, um mich von irgendetwas fern zu halten, werde ich vorbereitet sein.”
Er hob spöttisch eine Braue. „Ach ja?” Während sie nach Worten suchte, fügte er hinzu:
„Hör dir an, was deine Mutter zu sagen hat. Nora ist eine gute Frau. Sie hat dich nicht verlassen. So einfach war das nicht. Da spielten die Leben anderer noch eine Rolle. Sie hat getan, was sie tun musste, und die Wahl fiel ihr nicht leicht. Nimm dir ein wenig Zeit, dich damit auseinander zu setzen.” Damit widmete er sich seiner Post und ignorierte Ellie demonstrativ.
Ellie betrachtete sein dunkles Haar, das im Sonnenlicht schimmerte, und tat, was sie tun musste. Sie nahm die Mappe der Golflehrerin und schlug ihm damit auf den Kopf. Mikhail zuckte zusammen, las jedoch weiter. „Ruf sie an. Das Heiratsangebot steht.”
„Und wenn ich mich weigere?”
In seinen Augen war ein kurzes Aufflackern zu sehen, und ein Wangenmuskel zuckte, doch er sprach ruhig: „Dann setzen wir unsere Arbeit fort wie vorher. Du bist eine wertvolle Kraft für das ‚Amoteh’. Es würde schwer sein, deine Fähigkeiten zu ersetzen.”
Sie starrte ihn an, unfähig, in diesem kalten Mann noch den Liebhaber zu sehen, der sie letzte Nacht so zärtlich in den Armen gehalten hatte. Zornige Worte schössen ihr durch den Kopf, doch sie kamen ihr nicht über die Lippen. Schließlich entschied sie sich zu handeln, indem sie sämtliche der geordneten Papiere auf seinem Schreibtisch in die Luft warf. Während sie umherflatterten, schlug sie noch danach und lief durch das Zimmer. Sie
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