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Verführt: Roman (German Edition)

Verführt: Roman (German Edition)

Titel: Verführt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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publizierten Memoiren mit dem bescheidenen Titel Lord Howell: Nautisches Genie des Jahrhunderts , die ihr der Vater für die Reise mitgegeben hatte. Die fortgeschrittene Dämmerung machte das Lesen ohnehin fast unmöglich.
    Die alten Knochen fast im Gleichklang mit dem Deck der HMS Tiberius knarrend, lehnte sich der Matrose, der seine Zuhörerin nicht bemerkt hatte, an ein Fass. Sein Publikum bestand aus einer Hand voll Seeleuten und dem blauäugigen Kabinensteward. »Niemand, der ihn gesehen hat, war noch lang genug am Leben, um etwas erzählen zu können. Manche sagen, dass sein böser Blick schon reicht, einen aufs Deck zu spießen, wie vom Blitz getroffen. Verwegen ist er und unbarmherzig, dieser Captain Doom.«
    Lucy hätte fast losgeprustet. Captain »Verderben« , fürwahr! Dieser sagenumwobene Pirat erschien ihr immer mehr wie eine der Figuren aus den grässlichen Schauerromanen, die Lord Howells flatterhafte Tochter Sylvie ständig las.
    Ein junger Matrose teilte offenbar ihre Meinung. Lucy rümpfte die Nase, als er einen Batzen Kautabak aufs frisch geschrubbte Deck der bescheidenen Fregatte spuckte. »Unsinn! Ich habe die Geschichten gehört, aber ich sage, das ist alles nur besoffenes Geschwätz«, sagte er. »In diesen Gewässern hat es seit über fünfundsiebzig Jahren keine echten Piraten mehr gegeben.« Er setzte schräg seine Mütze auf, was seine jugendliche Unverfrorenheit noch unterstrich. »Wir leben nicht in den gesetzlosen Zeiten eines Captain Kidd. Die Kanalflotte würde so einem Kerl das Schiff zu Kleinholz schießen.«
    Lucy verkniff sich einen zustimmenden Kommentar, weil ihr Vater weder die Lauscherei gutgeheißen hätte, noch dass sie ein privates Gespräch unterbrach. Nach dem Frieden von Amiens hatte ein Waffenstillstand den Krieg mit Frankreich beendet, doch je milder der Wind von Napoleons wachsendem Imperium herüberwehte, desto nervöser wurde die Royal Navy. Dieser Captain Doom hätte schon sehr dumm sein müssen oder sehr verwegen, sich ihren gierigen Kanonen zu zeigen.
    »Nicht, wenn er wirklich ein Geist ist«, flüsterte der Kabinenjunge zu Lucys Erstaunen die passende Antwort auf ihre Überlegungen. »Dann hätte er nichts zu verlieren. Überhaupt nichts.«
    Lucy erschauerte unwillkürlich, wickelte sich fester in ihr Schultertuch und erinnerte sich präzise der Worte des Admirals: Du musst wissen, Lucinda, Seeleute sind ein abergläubisches Volk, aber du gehörst nicht zu den Mädchen, die irgendwelchen Fantastereien nachhängen. Zumindest dies eine Mal schenkte die scharfe Stimme ihr Trost, anstatt sie zu tadeln.
    Ein Seemann in abgetragenem Uniformmantel zog eine Pfeife aus Walbein aus der Tasche. Als er ein Streichholz entzündete und es an den runden Pfeifenkopf hielt, warf die Flamme zuckende Schatten auf ein Gesicht, das Sonne und Gischt zu Leder gegerbt hatten. »Ich habe ihn gesehen«, sagte er schroff, was ihm die ganze Aufmerksamkeit sicherte, auch Lucys. »Ich war im Ausguck auf dem Fockmast, an einem Abend wie diesem. Meilenweit waren nur der Himmel und die See zu sehen, dann brach das Meer auf, und sie kam herausgesegelt wie ein Teufelsschiff, als hätten die Eingeweide der Hölle sie ausgespuckt.«
    Lucy hatte den Verdacht, dass ihre Augen schon so rund waren wie die des Kabinenjungen.
    »Ich habe kein Wort herausgebracht. Ich konnte mich nicht bewegen. Als hätte mir der Anblick das Blut in den Adern gefrieren lassen. Bevor ich meinen Mund aufkriegte und einen Warnruf herausbekam, hatte die See sie ohne einen einzigen Wellenschlag schon wieder verschluckt. Solang ich lebe, habe ich so was noch nicht gesehen.« Er schauderte. »Und hoffentlich sehe ich so was auch nicht mehr.«
    Wie ein Leichentuch legte sich die Stille um die Männer, nur das unheimliche Knarren der Spiere und das langsame Schlagen der Segel im Wind waren noch zu hören. Nebelranken krochen aus der dunkler werdenden See wie die Tentakel eines Fabelwesens. Als wollten sie den Bann eines Fluchs brechen, fingen die Männer plötzlich alle wieder zu reden an.
    »Ich habe gehört, er ritzt seinen Opfern sein Zeichen ein, Teufel, der er ist.«
    »Er hasst jedes Geschwätz, heißt es. Als ein Mädchen nicht aufhören wollte zu schreien, hat er ihm mit Segelgarn den Mund zugenäht.«
    »Und einen armen Burschen hat er mit einem einzigen mächtigen Hieb seines Entermessers in zwei Stücke zerteilt.«
    Der junge Matrose, der es zuvor gewagt hatte, den gespenstischen Kapitän zu verspotten, zog gehässig

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