Verfuehrt, Verlobt - Verraten
überheblich und kann Ihnen nur sagen, dass Sie einen Riesenfehler machen!“
Sie hatte ihr Pulver verschossen und riss die Tür auf. Eine offensichtlich überraschte Elena starrte sie an, bevor die Sekretärin dann fragend zu ihrem Chef schaute, der wiederum ungläubig auf die kleine Brünette sah, die energisch aus dem Büro marschierte. Der Mann, der nie die Selbstbeherrschung verlor, wirkte, als wäre er völlig überrumpelt.
„Hören Sie mit dem Starren auf.“ Giancarlo schüttelte den Kopf und lächelte seine Sekretärin zerknirscht an. „Wir alle verlieren irgendwann mal die Beherrschung.“
2. KAPITEL
Mailand war eine großartige Stadt. Museen, Galerien, Basiliken und Kirchen boten den vielen Touristen ausreichende Ausflugsziele. In der Galleria Vittorio reihte sich Café neben Café, Designer-Laden neben Designer-Laden. Caroline wusste dies, da sie alles über die Stadt las, die sie wahrscheinlich nicht wieder besuchen würde. Nach ihrem Zusammenstoß mit Giancarlo de Vito hatte die wunderschöne Stadt für sie einen faden Beigeschmack bekommen.
Je länger sie über diesen Mann nachdachte, desto unsympathischer wurde er ihr. Sie konnte nichts finden, was sich zu seinem Vorteil deuten lassen könnte. Alberto würde sicherlich Antworten von ihr erwarten, doch was konnte sie ihm schon erzählen? Dass sein Sohn sündhaft gut aussah, aber einen hässlichen Charakter hatte? Würde ein Vater, selbst ein entfremdeter, solche Informationen hören wollen?
Sie starrte in das Glas mit Limonade, in dem die Eiswürfel rasant schmolzen. Zwei Stunden war sie pflichtbewusst durch den Dom gewandert, hatte die Bleiglasfenster und Statuen bewundert, doch sie war nicht mit dem Herzen dabei gewesen. Und so saß sie also nun in einem der vielen überfüllten Cafés und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen, als ein Schatten auf sie fiel und eine bekannte Stimme erklang.
„Sie haben mich angelogen.“
Die Augen mit der Hand gegen die Sonne beschattet, schaute Caroline auf. Im gleichen Moment landete ein Stapel Unterlagen vor ihr auf dem Tisch. Sie war so schockiert, Giancarlo düster wie einen Racheengel vor sich stehen zu sehen, dass sie fast die Limonade verschüttet hätte.
„Was tun Sie hier? Wie haben Sie mich gefunden?“ Sie zeigte auf die Papiere. „Und was ist das?“
„Wir müssen uns unterhalten. Aber nicht hier.“
Ein Hoffnungsfunke glomm auf. Vielleicht hatte er es sich ja noch einmal überlegt. Vielleicht hatte er den Ernst der Situation erkannt und war bereit, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Caroline vergaß seine seltsame Einleitung völlig und lächelte. „Ja, gern.“ Sie räusperte sich, als sie kein Lächeln als Erwiderung erhielt. „Ich weiß immer noch nicht, wie Sie mich gefunden haben. Wohin gehen wir? Soll ich das hier mitnehmen?“
Scheinbar, denn er hatte ihr bereits den Rücken zugedreht und sah sich auf der Piazza nach einem passenden Ort um. Ob ihm die interessierten Blicke der Touristinnen auffielen? Oder war er gegen diese Art von Aufmerksamkeit immun?
Caroline nahm die Unterlagen auf und beeilte sich, ihm über die Piazza und durch enge Gassen zu folgen, immer weiter weg von den Touristenmassen.
Heute trug sie das einzige andere Kleidungsstück, das sie mitgebracht hatte – ein Sommerkleid mit dünnen Trägern und vorn einer Leiste winziger Knöpfe. Da sie sich allerdings schon immer ihres großen Busens übermäßig bewusst gewesen war, hatte sie sich eine dünne Strickjacke über die Schultern gelegt. Das war zwar nicht unbedingt praktisch, aber so fühlte sie sich wohler.
Giancarlo führte sie den Weg durch die geschäftigen Gassen mit der lässigen Selbstverständlichkeit eines Einwohners, der seine Stadt genau kannte. Caroline trippelte nervös hinter ihm her. Schließlich betrat er ein kleines Café, das relativ leer und glücklicherweise klimatisiert war, sagte etwas in schnellem Italienisch zu dem rundlichen kleinen Mann, der wohl der Besitzer sein musste, und führte Caroline dann an einen Tisch. Hier blieb sie abwartend stehen.
„Setzen Sie sich“, meinte er nicht sehr freundlich.
Was sah sein Vater nur in dieser Frau? Er erinnerte sich nur vage an Alberto, aber eines wusste er noch: War seine Mutter nicht gerade eine umgängliche Person gewesen, so war Alberto mindestens doppelt so schwierig. Wie sehr musste Alberto sich verändert haben, wenn er eine so zaghafte, ja fast schüchterne Frau als Assistentin beschäftigte? Und erneut fiel ihm auf, dass ihr
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