Verfuehrung im Harem
das?“ Er trank einen Schluck, ehe er die schwarze Krawatte löste und den obersten Knopf des weißen Seidenhemds öffnete. Der Empfang und das anschließende Essen zu Ehren des chinesischen Finanzministers und seines Gefolges hatten sich endlos hingezogen. Jessica war der einzige Lichtblick an dem ansonsten ziemlich langweiligen Abend gewesen.
Als er sie ansah, durchflutete ihn heißes Verlangen. Das elegante grüne Seidenkleid, das ihr bis zu den Knöcheln reichte, hatte einen tiefen Rückenausschnitt, bei dessen Anblick Kardahl sich immer wieder daran erinnerte, wie weich und verführerisch sich ihre nackte Haut in ihrer einzigen gemeinsamen Nacht angefühlt hatte.
Er hatte sich alles von der Seele geredet, aber er wusste immer noch nicht, ob es richtig oder falsch gewesen war. Doch der Verlust wog nicht mehr so schwer wie zuvor. In der heißen Liebesnacht mit Jessica hatte sich seine Vermutung bestätigt, dass sie eine ungemein leidenschaftliche Frau war.
Erst später hatten sich Schuldgefühle bei ihm eingestellt, und er schämte sich dafür, dass er sein Versprechen gebrochen hatte. Das hinderte ihn jedoch nicht daran, sie immer wieder von Neuem zu begehren. Eine einzige Nacht mit ihr war nicht genug, und es stiegen sogar leise Zweifel in ihm auf, ob er jemals genug von ihr bekommen konnte. Deshalb hatte er vorsichtshalber ihre Gesellschaft gemieden, was jedoch nichts gebracht hatte, denn es hatte sich nichts geändert. Er begehrte sie nach wie vor und konnte der Versuchung, sie zu berühren, kaum widerstehen.
Sie stand mitten im Raum, hatte die Hände gefaltet und ließ die Daumen kreisen. In dem gedämpften Licht, dass die Lampe verbreitete, betrachtete er ihr schönes Gesicht. Sie waren allein, und der Wunsch, ihre nackte Haut zu berühren, wurde übermächtig. Ihm war ganz und gar nicht nach Reden zumute.
„Was möchtest du denn mit mir besprechen?“, fragte er schließlich.
„Ich habe heute meine Großeltern kennengelernt“, erklärte sie mit vor Freude leuchtenden Augen.
„Ja, ich weiß. Deine Miene verrät, dass das Treffen gut verlaufen ist“, antwortete er lächelnd.
Sie nickte. „Sie sind wunderbar und noch viel liebevoller und herzlicher, als ich gehofft habe.“
Er kam näher, legte ihr den Finger unter das Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. „Du wirkst plötzlich so ernst. Was bedrückt dich?“
„Wie viel Zeit haben wir?“, fragte sie.
„So viel du brauchst.“
„Seit ich meine Tanten und meine Großeltern kenne, ist mir das Verhalten meiner Mutter noch unerklärlicher. Ich finde es unbegreiflich, dass sie weggelaufen und nie zurück gekommen ist.“
„Das ist eine Frage, die nur sie allein beantworten könnte“, erwiderte er und streichelte ihr sanft die Wange. „Wahrscheinlich wirst du nie erfahren, weshalb sie sich zu diesem Schritt entschlossen hat.“
Jessica seufzte. „Ja, das befürchte ich auch. Meine Großeltern haben mich so herzlich aufgenommen. Ihr Haus ist wunderschön. Ich bin mir ganz sicher, sie hätten meiner Mutter geholfen und zu ihr gehalten, egal, was sie getan hatte.“
„Eigentlich brauchst du doch gar nicht zu wissen, was in deiner Mutter vorgegangen ist. Es war ihr Leben, und du hast deins. Jetzt kennst du deine Verwandten und kannst dich darauf konzentrieren, eine gute Beziehung zu ihnen aufzubauen.“
„Genau darüber möchte ich mit dir reden.“ Sie biss sich auf die Lippe.
„Das verstehe ich nicht.“
„Ich werde kaum noch die Gelegenheit dazu haben, mit ihnen eine gute Beziehung aufzubauen. Das, was ich hier wollte, habe ich erledigt, ich habe meine Familie kennengelernt. Aber schon bald muss ich mich wieder von diesen lieben Menschen verabschieden, denn es wird Zeit, nach Hause zurückzufliegen.“
Ihm verkrampfte sich das Herz, und das Atmen fiel ihm schwer. Alles in ihm schien sich dagegen zu wehren, Jessica gehen zu lassen, obwohl er von Anfang an gewusst hatte, dass sie nur für eine bestimmte Zeit zusammen waren.
Aber als sie das vereinbart hatten, hatte er sie noch nicht so gut gekannt. Und er hatte sie noch nicht gern gehabt. Dass er sich so sehr an ihre Anwesenheit gewöhnen würde, hatte er nicht geahnt und auch nicht erwartet. Jetzt hatten sie miteinander geschlafen, und er sehnte sich nach mehr.
„Du kannst nicht zurückfliegen“, stieß er hervor.
„Nein?“ Sie hob das Kinn. „Ich dachte, das hätten wir bereits vereinbart.“
„Hatten wir auch, aber dass wir zusammen geschlafen haben, hat alles
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