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Vergangene Schatten

Titel: Vergangene Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Robards
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Unsicherheitsfaktoren auszuräumen - im Gegensatz zu früher, als er den schweren Fehler begangen hatte, sich zurückzuhalten und nichts zu unternehmen. Diesen Fehler würde er nicht noch einmal machen. Schon gar nicht jetzt, da er plötzlich so viel zu verlieren hatte.
    »Komm zu mir, kleiner Hund.«
    Er bemühte sich, freundlich zu klingen, bückte sich und schnippte mit den Fingern. Der Hund zitterte und beobachtete den Mann mit eingezogenem Schwanz aus sicherer Entfernung.
    Schließlich gab es der Mann auf. Er hatte eine Idee und ging zum Wagen zurück, um die Twinkies zu holen, die Marsha zuvor gegessen hatte. Ein Twinkie lag zerdrückt auf dem Fahrersitz, doch auf dem Beifahrersitz fand sich noch einer unversehrt in der geöffneten Packung. Er beugte sich ins Innere des Wagens, holte ihn heraus und ging zu dem Hund zurück.
    »Komm zu mir, Hündchen«, sagte er in süßlichem Ton und hielt ihm den Leckerbissen hin.
    Der Hund begann aus Leibeskräften zu bellen.
    Einen Moment lang erstarrte der Mann. Die Nacht war pechschwarz, das nächstgelegene Haus war unbewohnt, und die Chance, dass irgendjemand den verdammten Köter hörte, war ziemlich gering. Trotzdem machte ihn das Gebell nervös.
    »Halt's Maul«, befahl er, und als der Hund immer noch nicht aufhörte zu bellen, verlor er die Nerven und machte einen Satz auf das Tier zu. Der Hund sprang weg und bellte nur noch lauter. Das ist doch verrückt, dachte der Mann und warf den Twinkie nach dem Hund. Dann stieg er in den Wagen, ließ den Motor an und brauste auf das Tier zu, um es zu überfahren.
    Der Hund wich dem Wagen kläffend aus und huschte davon. Er kroch unter einem Zaun hindurch, und der Mann im Taurus stieg gerade noch rechtzeitig auf die Bremse, um nicht in den Zaun zu krachen. Fluchend sah er dem Hund nach, der in einem Maisfeld verschwand.
    Ist er also entwischt, dachte er grimmig und lenkte den Taurus auf die Straße zurück. Na, und wenn schon. Morgen früh würde er sowieso tot sein. Außerdem, wie hätte ihm der Köter denn schon schaden sollen? Schließlich war er nur ein verdammter kleiner Hund.

3
    28. Juni
    »Ich habe gehört, ihr beide hättet Streit gehabt.«
    Matt Converse sah dem Mann direkt in die Augen. Er wich seinem Blick kurz aus und schaute ihn sofort wieder an. Der Kerl war sichtlich nervös. Matt hatte einiges über ihn in Erfahrung gebracht. Er hieß Keith Kenan, war sechsunddreißig Jahre alt, geschieden, arbeitete seit fünf Jahren bei Honda am Fließband, wohnte genauso lange in Benton und war bisher nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten, wenn man einmal davon absah, dass man ihn einmal bei einer Rauferei und ein paar Mal alkoholisiert am Steuer erwischt hatte. Ja, Keith Kenan war nervös; dass jemand nervös war, hieß noch lange nicht, dass er schuldig war -doch man musste den Mann auf jeden Fall im Auge behalten.
    »Wer hat das gesagt?«
    Matt zuckte nur die Achseln.
    »Na, und wenn schon? Das heißt doch nichts. Jeder hat mal Streit«, wehrte Kenan ab. Er wurde immer unruhiger. Matt stellte fest, dass sein Atem schneller ging, dass sich seine Gesichtsmuskeln anspannten und seine Augen sich verengten. Kenan war ein großer, kräftiger Kerl mit dunkelblondem Haar und kleinen blassblauen Augen. Auf einen der beiden hochgezüchteten Oberarme war ein von einem Dolch durchbohrtes Herz tätowiert. Er war nur mit einem ärmellosen Trikot und einer Nylon-Turnhose bekleidet. Die beiden Männer standen im Wohnzimmer der Wohnung, in der Kenan mit Marsha Hughes lebte.
    Nein: gelebt hatte. Marsha Hughes galt seit einer Woche als vermisst. Es war bereits Matts zweites Gespräch mit Kenan. Das erste Mal hatte er vor fünf Tagen mit ihm gesprochen, nachdem eine von Marshas Arbeitskolleginnen sich Sorgen gemacht hatte, weil Marsha ohne irgendeine Erklärung von der Arbeit ferngeblieben war, und sich an den Sheriff gewandt hatte.
    »Sicher, jeder hat mal Streit«, räumte Matt ein. Kenan begann im Zimmer auf und ab zu gehen. Matt nützte seine Aufgewühltheit aus, um sich in der Wohnung umzusehen. Sie war sauber und ordentlich aufgeräumt, abgesehen von ein wenig Geschirr auf dem Esstisch, das wohl vom Abendessen des Vortags stammte; Kenan hatte sich, als er die Tür geöffnet hatte, beklagt, dass Matt ihn geweckt hatte. Der Teppich war schon etwas abgenutzt. Die goldfarbenen Vorhänge waren zugezogen, damit die strahlende Vormittagssonne nicht hereindringen konnte. An den weißen Wänden hingen ein paar nichtssagende Bilder. Es war,

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