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Vergessene Tränen im Regenwetter

Vergessene Tränen im Regenwetter

Titel: Vergessene Tränen im Regenwetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Berth-Escriva
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doch wagte auszusprechen, was ihm gerade eingefallen war:
"Gegenüber kann man was trinken! Wenn Sie möchten, lade ich Sie auf ein Glas ein, der Regen lässt mit der Zeit bestimmt nach. Dann können Sie zur Metro gehen." Sie blickte ihn aus ihren großen, überraschten Augen an. Einladend spannte er einen Regenschirm auf, bot ihr seinen Arm, um sie über die Straße zwischen den dichten Autos hindurch sicher in die Bar zu geleiten. Angenehme Wärme und gedämpftes Licht empfingen die beiden, er half ihr aus dem Mantel, wie man es sonst in alten Filmen sah. Selbst am kleinen Tischchen angelangt, zog er mit aller Selbstverständlichkeit den zierlichen Sessel hervor, damit sie bequem darauf Platz nehmen konnte. Sie wunderte sich, mit welcher selbstverständlichen Sicherheit er diese kleinen Gesten von einer alten Schule des guten Tons ausführte.
"Was möchten Sie trinken?", fragte er, während er sich geschickte auf den Sessel gegenüber gleiten ließ. Dabei fiel ihr auf, wie groß er eigentlich war. Viel mächtiger und imposanter als die meisten Anwohner dieser modischen Stadt.
"Ähm ... ich weiß nicht ... ich sollte Sie einladen, wo Sie doch ... ich meine, es ist nicht recht."
"Machen Sie sich keine Sorgen, ich lade keine Dame in eine Bar ein, damit sie ihren Drink selbst bezahlt. Was möchten Sie?"
"Einen Mojito, angeblich soll er hier köstlich sein. Ich hatte nie die Gelegenheit, davon zu kosten."
"Also dann, zwei Mojito!"
"Ich verstehe nicht ganz, Yoann sagte, Sie seien obdachlos? Wie soll ich das verstehen?"
Er lächelte verständnisvoll.
"Ich ziehe es vor, mein verdientes Geld nicht für teure Miete auszugeben, wo ich nicht lange bleiben werde. Meine Schwester hilft mir dabei. Dank ihres Unternehmens komme ich zu Jobs als Sicherheitsangestellter. Ich habe mir einen alten VW-Bus von einem Gebrauchtwagenhändler in Deutschland gekauft und so ausgestattet, dass ich darin übernachten kann. Meine nötigsten Sachen sind darin untergebracht."
Sie schüttelte verständnislos den Kopf und nippte an ihrem köstlichen Getränk.
"Möchten Sie dazu etwas essen?", fragte er, Nathalie verneinte, doch er bestellte einen Teller mit einem Mix angenehmer Happen.
"Aber wozu? Sie könnten sich doch ein Studio mieten ..."
"Nein, das würde mich an meinen Projekten hindern. Vor ein paar Jahren verlor ich meine Anstellung als Fotoreporter für ein engagiertes Journal. Damals konnte ich mir Haus, Familie und Auto leisten. Wir hatten sogar einen Hund. Als ich meine Arbeit verlor, bekam meine Frau Panik und verließ mich. Sie kümmert sich um unseren Jungen. Noch heute hat sie Angst, ich würde ihn entführen. Sie hat sich wohl in ihre eigenen Geschichten hineingesteigert, die sie damals bei unsere Scheidung den Rechtsanwälten erzählte."
"Oh, das tut mir leid. Wie alt ist Ihr Sohn?"
"Heute ist er neun Jahre alt, ein prächtiger Kerl. Am kommenden Wochenende habe ich die Genehmigung, ihn zu sehen."
Nathalie nahm sich einen Happen und kaute. Diese Geschichte verschlug ihr den Atem.
"Was haben Sie für Projekte?"
"Sie haben meine alten Fotos von damals gesehen. Nun, ich bin noch nicht fertig damit. Zu dieser Serie gehören noch viele Länder, die ich bereisen und dokumentieren will."
"Aber warum? Niemand bezahlt Sie dafür! Sie leben in Verhältnissen, die es Ihnen nicht einmal ermöglichen, Ihren kleinen Sohn zu sehen."
Er lachte leise, wurde aber sofort wieder ernst.
"Das ist mein Beruf! Das ist es, was ich kann: die Geschichten von Menschen und ihren Ländern in Form von Bildern wiedergeben. Soll ich einem politisch gelenkten Finanzplan gehorchen und all mein Wissen, meine Träume, meinen Glauben verstummen lassen?"
Daraufhin wusste Nathalie nicht, was sie sagen konnte.
"Waren Sie schon einmal in Schwarzafrika?", fragte er. Sie schüttelte verneinend den Kopf.
"Eines Tages werden Sie es vielleicht mit eigenen Augen sehen. Den Ursprung der Menschheit und wie die Leute heute damit leben. Vielleicht auch nicht. Dafür sollen meine Reportagen existieren."
"Erzählen Sie mir von Ihren Reisen!", forderte Nathalie ihn auf, was er nur zu gerne tat. Er erzählte besser als ein Bilderbuch, sie trank seine Worte und tauchte in eine ihr völlig fremde Welt ein, die doch nur ein paar Flugstunden von ihrer Stadt entfernt war. Sie, die nichts von dieser Welt wusste, außer, welche Farbkombinationen in der kommenden Saison getragen werden mussten, um in zu sein.
Seine Erzählung wurde vom unangenehmen Vibrieren ihres Telefons unterbrochen. Hastig

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