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Vergiftet

Vergiftet

Titel: Vergiftet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Enger
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auf. Als er ins Wohnzimmer kommt, ist von Pål, Endre und Elisabeth nichts zu sehen.
    »Komm«, sagt er und hebt die letzten Stifte auf. »Wir müssen noch etwas mitnehmen, worauf wir malen können, damit wir nicht die Bettdecke vollkritzeln. Das mag Mama nämlich gar nicht.«
    »Sollen wir denn im Bett malen?«
    »Ja. Und dann bauen wir uns ein Zelt, in dem wir malen können. Was meinst du, das wird ein Spaß.«
    »Au ja!«
    »Dann komm jetzt.«
    Er winkt sie hinter sich her, nimmt zwei Zeitungen mit, die auf dem Wohnzimmertisch liegen, und steigt ins Bett. Sie ziehen beide Decken über sich. Thorleif sitzt aufrecht, sodass die Decken eine Wand um ihn bilden. Julie legt die eine Zeitung unter das Blatt, auf dem sie malen will.
    »Du«, sagt er und sieht sie an. Sie erwidert seinen Blick nicht, da sie viel zu sehr von der Frage gefangen ist, welche Farbe sie nehmen soll. »Haben wir eigentlich noch Chips?«
    Julie sieht ihn an. »Aber Papa! Heute ist doch nicht Samstag.«
    »Ich weiß. Aber wir könnten doch so tun«, flüstert er.
    Julie strahlt.
    »Lauf mal, und guck nach. Aber pass auf, dass niemand dich sieht. Auf jeden Fall nicht Mama.«
    »Okay, Papa.«
    Ihre Füße tapsen über das Parkett. Gleich darauf kommt sie mit einer zerknitterten Tüte zurück. Ihr Gesicht glüht. Julie klettert ins Bett und gibt Thorleif die Tüte. Er öffnet sie und bietet ihr zuerst etwas an. Julie nimmt einen Chip heraus und steckt ihn sich in den Mund. Sie lächelt.
    »Versuch, nicht zu krümeln«, flüstert Thorleif. »Mama darf nicht herausfinden, was wir gemacht haben, okay?«
    Julie lächelt verschwörerisch und schüttelt den Kopf. Glücklich knuspernd. Thorleif nimmt sich selbst ein paar Chips, das Salz spricht die Geschmacksknospen auf seiner Zunge an. Dann hält er Julie die Tüte wieder hin und sieht sie an. Sie nimmt sich ein paar Chips und malt weiter. Herz auf Herz. Rote und gelbe, schwarze und violette.
    »Papa, weinst du?«
    »Nein«, sagt er mit einem Schniefen.
    »Und warum sind deine Backen dann so nass?«
    »Weil …« Er sieht sie lange an, betrachtet ihre raschen Bewegungen, ihre strubbeligen Haare und die Ketchupreste in ihrem Mundwinkel. Dann streicht er ihr die Haare aus den Augen. »Schön«, sagt er und zeigt auf die Zeichnung.
    »Was willst du denn malen, Papa?«, fragt sie.
    Thorleif blickt auf das rote Herz und dreht das Blatt um, ehe er an die Decke blickt und nach etwas Kleinem, Rundem Ausschau hält, das eine Kamera sein könnte. Aber er sieht nichts. Trotzdem beugt er sich vor und flüstert ihr ins Ohr. »Ich werde ein Auto malen, ein sehr, sehr schönes Auto.«
    42
    Henning holt sich auf dem Heimweg im Deli de Luca ein Baguette und isst es im Gehen. Der Gedanke an die bevorstehende Aufgabe beschleunigt seine Schritte.
    Heidi hat ihm für den Rest der Woche freigegeben, wobei sie es sich natürlich nicht verkneifen konnte, laut zu seufzen, als er ihr wieder einmal nicht sagen wollte, woran er arbeitet. Stattdessen hat sie gesagt: »Okay, du scheinst das zu brauchen, du siehst müde aus«, ohne dass Henning diesen Satz kommentiert hat.
    Zu Hause in der Wohnung setzt er sich aufs Sofa, holt die Minikassetten mit seinen Initialen hervor, löst das Klebeband und knüllt es zu einer Kugel zusammen, die er auf den Küchenboden wirft. Keine der Kassetten trägt ein Datum oder eine Jahreszahl, und man sieht ihnen auch nicht an, welche häufiger als die anderen benutzt worden ist.
    Henning holt den alten Kassettenrekorder aus dem Vorratsschrank, steckt das Netzkabel in die Steckdose und legt die erste Kassette ein.
    Gleich darauf hört er seine eigene Stimme.
    »Was halten Sie von der Art, wie Statoil auf diese Sache reagiert hat?«
    Die Antwort kommt von einer Frau, deren Stimme er nicht zuordnen kann.
    »Was Statoil mir bezüglich meiner Arbeitsaufgaben versprochen hat, war ebenso falsch wie die selbst auferlegten Verpflichtungen, immer und überall die Menschenrechte zu wahren. Hinter diesen Personalentscheidungen steckt ein höheres Prinzip.«
    Henning spult rasch weiter. Die Frauenstimme begleitet ihn über zwölf Minuten und sechsunddreißig Sekunden, ehe nach einer kurzen Pause die Stimme einer anderen Frau zu hören ist. Die Stimme erkennt Henning sofort.
    »Dem Mann wurde offensichtlich in die Brust gestochen. Er ist ins Krankenhaus Ullevål gebracht worden, aber sein Zustand ist vorläufig noch nicht bekannt. Die mutmaßliche Täterin wird derzeit von der Polizei verhört.«
    Pia Nøklebys Stimme

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