Vergiss den Sommer nicht (German Edition)
Greenleaf Road entlang. Mit dem Auto wäre es natürlich viel schneller gegangen, aber manches war eben Gewohnheitssache, denn bei meiner letzten Flucht von zu Hause war mein Führerschein noch in unerreichbarer Ferne gewesen.
Je weiter ich mich von unserem Haus entfernte, desto ruhiger wurde ich. Meine Vernunft sagte mir, dass ich irgendwann umkehren musste, aber ich hatte gerade keine Lust darauf, vernünftig zu sein. Stattdessen wollte ich mir vormachen, dass dieserTag – und dieser ganze Sommer – einfach ausfiel, und das funktionierte umso leichter, je größer die Entfernung zwischen mir und dem Haus wurde. Nachdem ich schon eine Weile gelaufen war, kramte ich in meiner Tasche nach meiner Sonnenbrille. Da hörte ich in der Nähe ein metallisches Klirren und schaute auf.
Connie aus dem weißen Haus gegenüber führte ihren Hund aus, und als sie mir zuwinkte, verließ mich fast der Mut. Sie war etwa so alt wie meine Eltern, und irgendwann hatte ich auch schon mal ihren Nachnamen gewusst, aber der fiel mir gerade nicht ein. Ich ließ das Etui meiner Sonnenbrille in meine Tasche fallen. Es landete neben etwas, das sich als Gelseys iPod herausstellte (ups!). Ich hatte ihn in der Hektik wohl für meinen eigenen gehalten. Conny einfach zu ignorieren oder mich seitlich in die Büsche zu schlagen war eindeutig keine Option. Beides hätte meine Mutter garantiert umgehend erfahren. Also setzte ich seufzend ein Lächeln auf, als sie näher kam.
»Oh, hallo Taylor!«, begrüßte sie mich und strahlte mich an. Ihr Hund, ein großer, etwas trottelig aussehender Golden Retriever, zerrte an der Leine und kam schwanzwedelnd auf mich zu. Ich fixierte ihn und ging instinktiv einen kleinen Schritt zurück. Wir hatten noch nie einen Hund gehabt. Theoretisch mochte ich Hunde zwar, hatte aber überhaupt keine Erfahrung mit ihnen. Und dass ich mir im Fernsehen andauernd diese Hundesendung Top Dog ansah, half im Kontakt mit ganz realen Hunden kein bisschen weiter.
»Hallo Connie«, sagte ich und wollte mich eilig an ihr vorbeidrücken, in der Hoffnung, dass sie meine Signale kapierte. »Wie geht’s?«
»Prima, und dir?«, erwiderte sie mechanisch, aber ich sah, wie ihr Lächeln etwas verblasste, als sie mein Gesicht und meine Kleidung musterte. »Du siehst heute ja so anders aus«, bemerkte sie. »So … locker irgendwie.«
Da Connie mich normalerweise in der Schuluniform der Stanwich Academy – weiße Bluse und kratziger Karorock – sah, war es kein Wunder, dass ich ihr jetzt anders vorkam. Schließlich war ich gerade erst aufgestanden, hatte mir nicht mal die Haare gekämmt und trug Flip-Flops, abgeschnittene Jeans und ein weißes T-Shirt mit der Aufschrift Lake Phoenix Swim Team . Das Shirt gehörte zwar eigentlich nicht mir, aber ich hatte es nun schon so viele Jahre in meinem Besitz, dass ich es inzwischen als mein Eigentum ansah.
»Tja, kann sein«, sagte ich zu Connie und bemühte mich, dabei immer weiterzulächeln. »Na dann …«
»Schon große Pläne für den Sommer?«, erkundigte sie sich gut gelaunt und bekam offenbar überhaupt nicht mit, dass ich das Gespräch dringend beenden wollte. Der Hund ging anscheinend davon aus, dass die Sache länger dauern könnte, ließ sich entspannt zu ihren Füßen nieder und legte seinen Kopf auf den Pfoten ab.
»Nicht so richtig«, entgegnete ich in der Hoffnung, mich damit verabschieden zu können. Aber sie sah mich so erwartungsvoll an, dass ich seufzend hinzufügte: »Wir wollen den Sommer in unserem Haus am See verbringen und fahren heute los.«
»Oh, toll!«, schwärmte sie. »Das klingt ja wunderbar. Wo liegt es denn?«
»In den Poconos«, erklärte ich. Sie runzelte die Stirn und überlegte offenbar, wo sie das einordnen sollte. Daher ergänzte ich: »Also, in den Pocono Mountains. In Pennsylvania.«
»Ach so, ja«, sagte sie und nickte, obwohl ich an ihrem Gesicht ablesen konnte, dass sie immer noch keine Ahnung hatte, worum es ging, was auch nicht weiter verwunderlich war. Die Familien einiger meiner Schulfreunde besaßen auch Ferienhäuser, aber die lagen eher in typischen Urlaubsregionen wie der Insel Nantucket oder der Halbinsel Cape Cod. Außer uns kannte ich keinen, der ein Ferienhaus in den Bergen im Nordosten von Pennsylvania hatte.
»Oh«, sagte Connie und strahlte immer noch übers ganze Gesicht. »Ein Haus am See! Das wird bestimmt herrlich.«
Ich nickte und traute mich gar nichts weiter dazu zu sagen, denn ich wollte nicht nach Lake Phoenix. Ich
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