Vergiss mein nicht
Wahrscheinlich hatte er versprochen, sich in den nächsten Tagen mit ihr zu unterhalten. Nachdem er sich befreit hatte, kam er auf Sara zu, ein verschmitztes Lächeln im Gesicht.
» Na, du«, sagte er und gab ihr die Hand. Ehe sie sichs versah, schüttelte Sara sie ihm, so wie fast alle anderen Besucher der Inline-Bahn zuvor.
» Hallo, Jeffrey«, unterbrach Tessa in ungewohnt scharfem Tonfall. Normalerweise erledigt ihr Vater es, Jeffrey anzuraunzen.
Jeffrey lächelte verdutzt. » Hi, Tessie.«
Tessie nuschelte irgendetwas und stieß sich vom Geländer ab. Sie rollte davon, warf aber Sara über die Schulter noch einen vieldeutigen Blick zu.
Jeffrey fragte: » Was war das denn?«
Sara zog die Hand zurück, aber Jeffrey hielt ihre Finger noch lange genug fest, um sie spüren zu lassen, dass er bestimmte, wann er losließ. Er war sich seiner so verdammt sicher. Und mehr als alles andere war es diese Eigenschaft, die Sara so anzog.
Sie verschränkte die Arme und sagte: » Du kommst zu spät.«
» Es war nicht leicht wegzukommen.«
» Ist ihr Ehemann auf Reisen?«
Er sah sie an wie eine Zeugin, von der er wusste, dass sie log. » Ich musste Frank noch sprechen.« So hieß der dienstälteste Detective im Dezernat von Grant County. » Ich habe ihm gesagt, dass er heute Abend das Kommando hat. Ich möchte nämlich nicht, dass jemand uns beide stört.«
» Wobei stört?«
Das Lächeln zupfte wieder an seinen Mundwinkeln. » Na ja, ich dachte, ich verführe dich heute Abend.«
Sie lachte und wich zurück, als er sie zu küssen versuchte.
» Das Küssen hat eigentlich nur dann Sinn, wenn sich die Lippen berühren«, meinte er.
» Nicht vor den Augen meiner halben Patientenschar«, konterte sie.
» Dann komm mit.«
Wider alle Vernunft bückte sich Sara unter dem Geländer hindurch und nahm seine Hand. Er schob sie auf ihren Rollschuhen in den hinteren Bereich der Bahn nahe den Toiletten und drückte sich mit ihr in eine Ecke, wo man sie nicht sehen konnte.
» So besser?«, fragte er.
» Oh, ja«, antwortete Sara. Sie sah auf ihn hinab, denn auf den Skates war sie ein paar Zentimeter größer als er. » Viel besser, ich muss nämlich ganz dringend aufs Klo.«
Sie wollte wegrollen, aber er hielt sie zurück, indem er ihre Taille umfasste.
» Jeff«, sagte sie und wusste nur zu genau, dass das nicht sonderlich abweisend klang.
» Du bist so schön, Sara.«
Sie verdrehte die Augen wie ein Teenager.
Er lachte und wagte es dann: » Gestern habe ich den ganzen Abend nur daran gedacht, dich zu küssen.«
» So?«
» Ich habe Sehnsucht danach, wie du schmeckst.«
Sie versuchte gelangweilt zu klingen. » Immer noch nach Colgate.«
» Von dem Geschmack rede ich nicht.«
Sara war sprachlos, und Jeffrey grinste vergnügt. Sara merkte, wie sich tief in ihr etwas regte, und wollte ihm schnell irgendetwas entgegnen. Aber in diesem Moment ging sein Pieper. Er sah sie weiterhin wie gebannt an, als habe er den Alarmton gar nicht gehört.
Sara räusperte sich und fragte: » Willst du nicht darauf reagieren?«
Jetzt warf er doch einen Blick auf den Pieper, der an seinem Gürtel klemmte, und murmelte nur » Scheiße«, als er die Nachricht sah.
» Was?«
» Einbruch«, antwortete er schroff.
» Ich dachte, Frank soll dich vertreten.«
» Nur bei den Lappalien. Ich muss an ein Münztelefon.«
» Wo ist denn dein Handy?«
» Akku leer.« Jeffrey schien seinen Unmut so weit unter Kontrolle zu bekommen, dass er sie aufmunternd anlächeln konnte. » Nichts kann mir diese Nacht verderben, Sara.« Er legte die Hand auf ihre Wange. » Das ist mir das Allerwichtigste.«
» Hast du etwa noch ein heißes Date nach unserem Abendessen?«, neckte sie ihn. » Wir können es auch verschieben, wenn es sein muss.«
Er kniff die Augen zusammen, bevor er sich umdrehte und losging.
Sara schaute ihm nach und flüsterte ein leises » Gütiger Himmel«, als sie sich haltsuchend an die Wand lehnte. Sie konnte es einfach nicht fassen, dass er es schaffte, sie innerhalb von drei Minuten völlig willenlos zu machen.
Sie schreckte auf, als die Toilettentür laut zugeschlagen wurde. Dort stand Jenny Weaver und sah wie in Trance hinaus auf die Rollschuhbahn. Im Kontrast zu ihrem langärmeligen schwarzen T-Shirt wirkte die Haut des Mädchens fahl. Jenny trug einen dunkelroten Rucksack in der Hand, den sie über die Schulter schwang, als Sara ihr entgegenfuhr. Der Rucksack beschrieb einen hohen Bogen und streifte Saras Brust.
» Langsam«,
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