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Verkehrte Welt

Verkehrte Welt

Titel: Verkehrte Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen von der Lippe
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heute nix bezahlen muss?«
    Die Abstimmung verlief einstimmig, Willi war aus dem Schneider, und bald darauf gingen alle nach Hause. Willi allerdings kehrte noch einmal in die Gaststätte zurück.
    »So, mein Schätzken«, sagte er zu Liesel, die gerade die letzten Gläser spülte, »getz mach uns beide mal einen ordentlichen Schlummertrunk auf meine Rechnung, den haben wir uns verdient.«
    Grienend zog er sein Portemonnaie aus der Hosentasche, holte einige Münzen heraus und warf sie in den Spielautomaten.
    »Nimm ruhig den guten Cognac, hab ja heut noch nix ausgegeben.«
    »Und«, fragte Liesel, als sie sich zugeprostet hatten, »wirst du sie wiedersehen?« »Das nehme ich stark an, ich hab ein Gespür dafür, wenn der Automat voll ist«, sagte
    Willi.
    »Ich meine doch nicht deine Euros, sondern Elsie«, sagte Liesel kopfschüttelnd.
    »Wen?«, fragte Willi und schaute gebannt auf den Automaten. »Ach so, nee, Mensch Liesel, das war doch Kokolores.«
    »Wie, du hast die Geschichte nur erfunden und uns Theater vorgespielt?«
    »Ja sicher«, gab Willi zu, »den größten Teil hab ich mir ausgedacht.«
    »Das darf ja wohl nicht wahr sein!«, empörte sich Liesel genau in dem Moment, als der Automat mit Klingeln und Bimmeln die Goldene Serie ankündigte.
    »Siehsse, siehsse, ich hab's doch gesacht!«, trompetete Willyi.
    Aufgeregt scheffelte er Hunderte von Euros aus dem Automaten und stopfte sie in seine rechte Jackentasche. Das Gewicht der Münzen brachte ihn in eine gefährliche Schieflage.
    »Willi, nimm die andere Tasche, sonst kippst du noch um«, riet ihm Liesel, die immer noch darüber nachsann, welcher Teil seiner Geschichte wohl der Wahrheit entsprochen hatte, bis ihr wieder der unangenehme Spargelgeruch in die Nase stieg.
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STEIFER HALS
    Ich hatte den Freundeskreis über meine Absicht, am Wochenende in aller Ruhe arbeiten zu wollen, informiert. Schon ab zehn Uhr saß ich am Küchentisch, wo ich immer arbeite, vor allem, wenn mein Mann an meinem Schreibtisch frühstückt, weil man von dort ungehindert in ein Ladyfitnesscenter gucken kann, teilte das große Thema in kleine Happen, und als es gerade richtig flutschte, klingelte es.
    Freunde, ein Pärchen, das fast jeden Samstag nach den Einkäufen gegen Mittag seinen Cappuccino bei uns einnahm. Der linkshemisphärisch minderbemittelte Teil dieser Kleingruppe, Anton, Informatik-Fachmann, griff mir mit den Augen kurz an die Brust und eilte dann meinem Mann zu Hilfe. Die unausgesprochene Aufforderung, Kaffee herzustellen, stand fast vorwurfsvoll im Raum, und während ich die alte Pavoni-Espressomaschine in Gang setzte und geschirrliche Vorbereitungen traf, nahm Marion in der Küche Platz und begann, ihre Einkaufserlebnisse in Echtzeit zu referieren.
    Ich packte mal wieder meine Qualitäten als Placebo-Zuhörerin aus und freute mich über die einsetzenden Zischlaute der Maschine, die den majestätischen Redefluss in meinem Rücken dämpften. Ich schaltete zusätzlich die phonstarke Kaffeemühle ein und ließ den Milchaufschäumer fauchen, in der Hoffnung, etwas Ruhe zu finden. Doch Marion übertönte das Kaffeeinferno mühelos mit dem Satz: »Und also haben wir gefunden, es wäre nun durchaus an der Zeit für einen sexuellen Tapetenwechsel.«
    Man weiß ja, dass Bewegungen oft erfolgen, bevor die entsprechende zerebrale Schaltzentrale überhaupt »Action« gerufen hat, was den freien Willen in merkwürdigem Licht erscheinen lässt, jedenfalls riss es mir den Kopf in Richtung Marion herum, wo er auch blieb, als ich ihn wieder dahin bewegen wollte, wo er herkam. Ein Nerv war eingeklemmt, ein Muskel hatte dichtgemacht, was auch immer, der Hals hatte schon mal mit Pausemachen angefangen. Zum Glück war der Stimmapparat unversehrt geblieben, sodass mein Wehklagen bald im ganzen Wohnblock widerhallte. Alarmiert erschienen die beiden Männer in der Küche mit einem einstimmigen: »Is denn los, wolltet ihr nicht Kaffee kochen?«
    Mit vereinten Kräften schaffte man mich zu einem Chiropraktiker, der mich nicht nur in drei Sitzungen heilte, sondern auch sehr ordentlich tapeziert.
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TENNIS
    »Hier wären dann die Spindschlüssel, wenn ihr euch umziehen wollt«, sagte die lebhafte junge Dame mit den kurzen, hochgegelten dunklen Strubbelhaaren und den roten und blauen

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