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Verkehrte Welt

Verkehrte Welt

Titel: Verkehrte Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen von der Lippe
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tanzen noch vögeln. Reicht das?«
    »Ich denke schon«, sagte ich und entledigte mich meiner Kleidung. Meine Frau pfiff anerkennend, und es wurde eine lange und wilde Nacht.
    Später, viel später seufzte sie: »Puh, das war Spitze, aber irgendwie ist das doch ganz schön aufwendig, dich scharfzumachen. Briefe schreiben, in Büchern verstecken, man weiß nie, wann du sie findest ...«
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STAMMTISCH
    »Wann hat dir das letzte Mal eine Frau ihre Titten gezeigt?«
    Es gibt Fragen, nach denen es im ganzen Raum still wird, sei es, weil die Peinlichkeit der Situation quasi gelöffelt werden kann, sei es, dass die Vorfreude auf eine körperliche Auseinandersetzung allen die Zunge lähmt. Nicht so beim Stammtisch der »Alten Knaben«, einer losen Formation von Senioren, deren Gespräche fast ausschließlich um Dinge kreisen, wie sie vorzugsweise Adoleszenten umtreiben.
    »Wat hasse gesacht?«
    »Wann dir zum letzten Mal eine Perle ihre Tüten gezeigt hat!«
    »Wat ham wer heute?«
    »Dienstag.«
    »Vor drei Jahren, glaube ich, da kam nämlich meine Putze das erste Mal zu mir. Meine Tochter hatte das arrangiert, weil sie meinte, ich würde im Dreck verrotten, und dat Mädel war ein hübsches junges Ding. So wat hatte ich überhaupt nicht erwartet. Und vor lauter Überraschung verfiel ich in die Höflichkeit und hab ihr außem Mantel geholfen, und da stand se auf einmal nur in Slip und Turnschuhe da.«
    »Und wat hasse gesacht?«
    »Wollen Sie auch ein Schnaps auf den Schreck?«
    »Wat fürn Schreck«, sacht se, »sehen die Dinger so schlimm aus?«
    »Ich sach, nee, sach ich, ganz im Gegenteil, ich rede ja auch von ein freudigen Schreck.« »Ja und dann?«
    Dann ham wer ein Schnäpperken getrunken, und dann hat sich rausgestellt, dat die Putzagentur dat verwechselt hatte. Bei mir sollte normal geputzt werden, und die hatten aber eine für zum nackt Putzen geschickt.«
    »Ja und dann?«
    »Dann hab ich gesacht, ja und jetzt? Geputzt werden muss ja schließlich! Hat se so, wie se war, geputzt, aber ich durfte nich mehr gucken, weil et ja andere Tarife sind.«
    Theo, der Vorsitzende des Abends, rief: »Und diese Geschichte ist .?«
    Vier Hände gingen für »klasse« hoch, drei für »scheiße«; Paul, der Erzähler, hatte sich natürlich enthalten.
    »Ein Punkt für Paul«, verkündete Theo, womit Paul zahlungstechnisch aus dem Schneider war, denn die Zeche teilten sich immer die, die keine Mehrheit für ihre Geschichten zusammenbekamen.
    »Ne Runde Herrengedecke!«, bestellte Malermeister Theo lautstark in den breiten Rücken von Liesel, der Wirtin.
    »Kommt, sobald du dich an meinen Namen erinnerst oder bitte, bitte sagst!«, rief Liesel über die Schulter zurück.
    »Entschuldige, Liesel, eine Runde, aber dalli! Und es geht weiter, meine Herren, die Frage lautet immer noch: Wann hat dir das letzte Mal eine Frau ihre Titten gezeigt, und geht an . Willi!«
    »Ich muss erst pinkeln«, rief Willi und erhob sich rasch.
    »Alfons, du gehst mit und passt auf, dat der nich mit'n Handy einen anruft und sich eine Story erzählen lässt!«
    »Ich muss aber nich!«
    »Du sollst ja auch nur aufpassen!«
    »Ich kann aber nich, wenn einer danebensteht!«, protestierte Willi lautstark. »Dann stellt sich der Alfons eben dahinter!«
    »Kommt gar nicht infrage, dann lässt der einen fahren, und ich kriech die volle Wolke ab, dat kannze selber machen!«
    »So, eure Runde«, trompetete Liesel mit einem Organ, wie es damals Jerichos Mauern hatte fallen lassen. Die Senioren schauten wie ein Mann tief in ihr Dirndl. Ihre beiden Trinkgeld-Garantien präsentierte sie freitags immer nahezu open air.
    Alle seufzten ergriffen und ergriffen Halt suchend die Doppelkörner. Und dann schallte ihr Kampftrinkspruch durchs Lokal.
    »Prost«, wildes gemeinsames Trampeln mit den Füßen, »wir saufen voll und ganz, bis in die Ambulanz!«
    Ein »Aaaaaaahhhhhh« aus acht frisch geölten Altmännerkehlen folgte.
    »Dann erzählt eben Peter die nächste Story!«, bestimmte Theo.
    Peter lief sofort violett an, sein Unterkiefer bebte, und aus den Mundwinkeln lief ein dünnes Speichelfädchen, bevor er zu sprechen anfing: »Heute, heute Nachmittag, halb vier!« Seine Augen leuchteten. »Nee, et war mehr zehn vor vier«, er blickte auf seine Armbanduhr, als stünde es dort geschrieben, »ja, ja, so in etwa zehn vor vier.«
    »Mann«, sagte Willi, den der Harndrang

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