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Verkehrte Welt

Verkehrte Welt

Titel: Verkehrte Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen von der Lippe
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Herrschaften waren zu sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen, als dass jemand bemerkt hätte, wie Edda mit einer Wachstuchtischdecke aus dem China-Imbiss gekommen war, aus der sie mit einer Schere EDDA ausgeschnitten hatte und die sie nach Gebrauch als Schablone natürlich zurückgebracht hatte.
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SCHULZEIT
    »Was glotzt du denn so?«, fragte meine Frau letztens im Biergarten.
    Ich sagte: »Ich werd verrückt, ich glaube, das ist Vera, mit der bin ich zur Schule gegangen!«
    »Müsste sie dann nicht in deinem Alter sein, und nicht zirka 25?«
    »Jetzt, wo du's sagst, fällt es mir auch auf.«
    Abends war meine Frau zum Stammtisch, also zog ich mir in Ruhe einen Porno rein. Sie kam unerwartet früh, also meine Frau jetzt, nach Hause, meine ich.
    «Was guckst du dir denn da an?«
    »Du, das gibt es nicht, die Blonde da ist Beate, mit der bin ich mal zur Schule gegangen.«
    »Vom Alter her könnte es hinkommen, aber bist du sicher, dass es 1954 in deutschen Volksschulen schwarze Schulkinder gab?«
    »Hör ich da fremdenfeindliche Untertöne?«, trat ich die Flucht nach vorn an.
    »Los, komm jetzt ins Bett«, befahl sie, »dann zeig ich dir mal, wie eine deutsche Hausfrau zuschlägt!«
    Wenn ich eins hasse, dann zum GV gedrängt zu werden. So etwas muss sich spielerisch ergeben, und auch dann ist längst nicht gesagt, dass alles klappt, in den mittleren Jahren ist so was immer ein Ritt über den Bodensee, jeder, der vom bitteren Kelch des Versagens gekostet hat, wird mir aus tiefster Seele zustimmen. Andererseits ist es nicht Männerart, rumzuzicken, Kopfschmerzen vorzutäuschen oder Ähnliches, aber Gewalt mag ich nun mal gar nicht. Einmal haben wir mit Handschellen experimentiert, wo ihr dann die Schlüssel ins Klo gefallen sind, das dreckige Grinsen von dem Schlüsseldienstmann sehe ich jetzt noch vor mir.
    Also sagte ich: »Ich würde zu gern mal wissen, wie es ist, wenn zwei deutsche Hausfrauen zuschlagen. Kannst du nicht mal deine Freundinnen fragen, vielleicht die blonde, die diese leckeren Eintöpfe macht, letztens erst den köstlichen Grünkohl mit Birnen, wie heißt sie noch gleich?«
    Rumms, sie knallte die Schlafzimmertür so fest zu, dass einige Bücher aus dem Regal fielen, sie kann es halt nicht leiden, wenn ich die Kochkünste anderer Frauen lobe. Das funktioniert immer und hat mir schon viele schöne Abende mit meinen Kumpels beschert. Ich hob die Bücher auf und stellte sie ins Regal zurück, dabei fiel mir ein Brief in die Hände, der an sie adressiert war. Den Briefkopf kannte ich nicht, in fremde Post zu gucken ist nicht meine Art, aber der Brief steckte in einem meiner Bücher, das heißt ja wohl, dass ich ihn lesen sollte, also las ich:
     
    Liebe Annabel,
    Elke hat mir von Deinem Entschluss erzählt, Günther, diesen Vollidioten, zu heiraten. Um Himmels willen, was ist in Dich gefahren? Der Typ hat keine Kohle, weder Humor noch Fantasie, und tanzen und vögeln kann er auch nicht. In ein paar Jahren hängt der nur noch vorm Fernseher ab und guckt sich Pornos an. Blumen besorgt der übrigens grundsätzlich vom Friedhof, Ira hat ihn zufällig dabei erwischt, und mir hat er damals obendrein noch eine Grablampe zum Geburtstag mitgebracht und behauptet, es sei das neueste Partylicht. Und ein massives Alkoholproblem hat er auch. Kratz Deinen Grips zusammen, lass diese Null sausen, da kommt auch hinterm Komma nichts mehr. Und spiel jetzt nicht die Beleidigte, Du hast wirklich was Besseres verdient.
    Ich küsse und umarme Dich, Deine alte Schulfreundin Brigitte.
     
    Hier gab es ja wohl Klärungsbedarf. Ich stürzte gegen meine Gepflogenheiten einen dreistöckigen Bourbon und riss die Schlafzimmertüre auf.
    »Sagt dir der Name Brigitte etwas?«
    »Was ist los? Kannst du mal deutlicher artikulieren, oder bist du wieder besoffen?«, keifte meine Frau.
    »Wer ist Brigitte?«, sagte ich betont langsam und akzentuiert.
    »Meine alte Schulfreundin, von der habe ich lange nichts gehört, seit vier Jahren.«
    »Wie lange sind wir verheiratet? Zehn Jahre?«
    »Nein, das kommt dir nur so vor, es sind vier Jahre.«
    »Und wie viele Günthers kennst du?«
    »Nur einen.«
    »Und wer ist das?«
    »Das bist du.«
    »Und wie würdest du mich beschreiben?«
    »Willst du das wirklich wissen?«
    »Ja.«
    »Du bist ein pornosüchtiger, alkoholabhängiger Loser ohne einen Funken Fantasie, geizig, humorlos, kannst weder

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