Verliebt in eine Gottin
Wärme. Sie fühlte Kraft. Stärke. Selbstvertrauen.
Macht.
Und Abby und Shar glühten – helles Bernsteingelb umwaberte Abby, und ein kraftvolles Blau umgab Shar -, sie schienen darin zu vibrieren. Daisy blickte an sich herab und sah das kräftige Tiefrot der Wildblumen, das ihre Hände umgab. Dann verblassten die Farben bei ihnen allen, doch es war noch da. Daisy wusste, dass es, was immer das Tonikum in ihnen wachgerufen hatte, da war, in ihnen war – es war …
» Drei in Eins .«
Sie vernahm das Flüstern, war sich nicht sicher, ob es von Shar oder Abby gekommen war, und blickte sie fragend an. »Habt ihr …?«
» Drei in Eins .« Das Flüstern fand ein Echo in ihrem Kopf.
Sie beobachteten sich gegenseitig einen Augenblick lang, starr lauschend, und Daisy vernahm zum dritten Mal: » Drei in Eins «, und sah im Blick der beiden, dass sie es ebenfalls vernommen hatten.
Shar stellte ihren geleerten Becher ab. »Wenn das das Seltsamste ist, was uns heute widerfährt, dann können wir von Glück reden.«
»Finde ich auch.« Daisy warf einen letzten raschen Blick zu Noah hinüber und wandte ihre Aufmerksamkeit endgültig und ausschließlich Abby und Shar zu, ihren besten Freundinnen, ihren Göttinnen. Was immer ihnen geschah, sie würden ihr hindurchhelfen, und gemeinsam würden sie die Welt retten.
Dessen war sie sich sicher.
Kapitel 17
Eine Stunde vor Sonnenaufgang war Abby hinter Sam, als der die Doppeltüren aufstieß und in den höhlenartigen Tempel schritt. Sie folgte ihm gemeinsam mit Daisy und Shar, und Noah und Christopher waren mit den Hunden dicht hinter ihnen. Es stand außer Frage, einen von ihnen allein zurückzulassen, und es bedeutete eine leicht mit Angst gemischte Erleichterung, dass sie alle zusammen waren. Es brachte jeden in Gefahr, sich in den Tempel und in die Schlacht gegen Kammani zu begeben, aber es erzeugte durch die Gemeinsamkeit und Einheit ihrer Familie auch eine besondere Kraft.
Vor dem Altar befanden sich jetzt keine Stühle, kein einladender Halbkreis, selbst der Vorhang war verschwunden. Kammani stand neben dem Altar in der Mitte des Raums, das Gesicht der Rückwand und dem Basrelief zugekehrt, das nun von den Fackeln beleuchtet war, und Abby erkannte sie alle, ihre in den Stein gemeißelten Vorfahren. Kammani wandte sich zu ihnen um, und Abby sah, dass sie sich wieder prunkvoll herausgeputzt hatte – sie trug ein schweres Leinengewand, eine juwelenbesetzte Halskette und Kopfschmuck, einen Gürtel mit goldenen Gliedern um die Taille, in dem ein juwelenbesetztes Messer steckte -, aber sie hatte sich verändert, seit sie sie zum ersten Mal in ihrer vollständigen Festkleidung gesehen hatten. In ihrem Blick lag eine gewisse Wildheit, und ihre Haltung hatte etwas Schwankendes. Außerdem war ihr das Gewand zu eng geworden; die Streifen mit Stickerei trafen sich nicht mehr, wie sie sollten, und das Zeremoniemesser klemmte schräg auf ihrer Hüfte, anstatt locker an ihrer Seite zu hängen. Sie wirkte mehr
wie eine Karikatur Kammanis als wie die Göttin selbst. Mina stand in einem schwarzen, geschäftsmäßigen Kostüm neben ihr, in dem sie seltsamerweise viel bedrohlicher wirkte; sie hatte keine Augenbrauen und keine Wimpern mehr, und das Haar, das ihr sonst immer halb über das Gesicht gefallen war, war angesengt und dumpf feucht.
»Du heimtückische Brandstifterin«, knurrte Abby Mina an. »Mit dir ist’s jetzt aus.«
Mina beachtete sie nicht, sondern beobachtete Kammani, nicht sklavisch ergeben, sondern wie eine Tochter vielleicht ihre Mutter ansehen würde, von der sie Demütigung erwartete. Sie trug Mort auf dem Arm, der alle beobachtete und mit seinem heiser keuchenden »Hehehe« die im Raum herrschende Spannung unterstrich.
»Erst Kammani besiegen, dann Mina verprügeln«, murmelte Daisy aus dem Mundwinkel. Laut verkündete sie: »He, Kammani, wir haben da etwas zu besprechen.«
Kammani blickte sie mit königlicher Würde unbewegt an. »Ich bin die Göttin. Ihr seid meine Dienerinnen. Und mein großer Plan hat begonnen.«
»Genau«, versetzte Daisy. »Die Flut. Du musst sie stoppen. Auf der Stelle. Sofort.«
»Das geschieht, wenn ein Volk mir untreu wird«, erklärte Kammani und blickte bedeutungsvoll von Abby zu Daisy und zu Shar. »Die Flut wird die Welt von Ungläubigen reinigen. Nur diejenigen, die meine Macht respektieren, werden überleben.«
» Wie denn? «, fragte Abby sarkastisch. »Können die länger schwimmen? Hört sich ziemlich blöd an.«
Mina
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