Verlobt, verliebt, verführt
verführerisch, und Nicole konnte den Blick nicht von seinen Lippen lösen. Außerdem war sie sich sehr bewusst, dass er sie immer noch festhielt und wie warm seine Hand war. Dass sie gar nicht in seiner Nähe sein wollte, hatte sie völlig vergessen.
„Darling“, antwortete er leise. „Ich verliere immer Gehirnzellen, wenn ich dich ansehe.“
Wie unfair, dachte sie, dass ich allein bei dem Klang seiner Stimme fast dahinschmelze. „Wenn schon dieser Aufzug das bei dir auslöst, dann hast du ein größeres Problem, als ich annahm.“ Sie blickte an sich hinunter. Sie trug ein schlichtes weißes T-Shirt und Armyhosen.
Er nahm nicht den Blick von ihr. „Das hat nichts mit deiner Kleidung oder deinem Aussehen zu tun.“
Wieso sagte er so etwas? Noch nie hatte jemand so etwas zu ihr gesagt. Wie sollte sie damit nur umgehen? Röntgenbilder und Operationen, das war ihre Welt. Hier ging es leider um viel persönlichere Dinge, und darin war sie ziemlich hilflos. Da half nur tief Luft holen.
„Das macht Angst, stimmt’s? Gehen wir etwas essen, Nicole.“
„Weil Taylor es will?“
„Weil ich dich nicht aus dem Kopf bekomme. Lass uns einfach etwas Zeit miteinander verbringen und sehen, wohin es führt.“
„Nirgendwohin.“
Ty lächelte. „Wir werden es sehen.“
„Nein.“ Nicole stieg in ihr Auto. „Ich muss los.“ Hastig drehte sie den Zündschlüssel.
Der Motor röchelte und keuchte.
Noch einmal drehte sie den Schlüssel, aber nichts tat sich. Schon wieder. „Mist.“
„Klingt, als hättest du Probleme mit der Batterie.“ Vollkommen ruhig öffnete Ty die Tür und zog Nicole nach draußen. „Zum Glück für dich fährt mein Auto tadellos. Ich setze dich am Krankenhaus ab, und während du dort bist, lasse ich deine Batterie wechseln.“
„Ich will nicht …“
„Das macht mir keine Umstände.“
Natürlich fuhr Ty Nicole nicht direkt zur Arbeit, sondern er parkte bei einem netten Straßencafé.
„Nur um dich am Leben zu halten“, erklärte er, stieg aus und kam um den Wagen herum.
Fassungslos ließ Nicole sich beim Aussteigen helfen und zu einem freien Tisch führen. Wann hatte ein Mann sie zum letzten Mal so zuvorkommend behandelt? Ihr wurde leicht schwindlig.
„Wer bist du eigentlich?“, fragte sie, als sie sich am Tisch gegenübersaßen.
Ty senkte die Speisekarte und lächelte. „Da gibt es keine Mysterien. Was du siehst, ist, was du kriegst.“
„Das bezweifle ich stark.“
„Verstehe ich nicht. Und bei dir? Gibt es da verborgene Abgründe?“
Sie blickte an sich hinunter, fuhr mit einem Finger über ihre Ohrringe und zuckte mit den Schultern. „Ich glaube nicht.“
„Erzähl mir von den Ohrringen. Was bedeuten Sie?“
„Wie kommst du darauf, dass sie etwas bedeuten?“
„Das ist so eine Ahnung.“
Nicole fühlte sich nicht wohl dabei, dass Ty sie so gut durchschaute. „Jeder kleine Ring steht für ein Jahr Medizinstudium“, antwortete sie schließlich. Sie war damals noch ein Teenager gewesen und hatte es sehr schwer gehabt, sich in der Erwachsenenwelt zurechtzufinden. Mit den Ohrringen hatte sie sich Mut gemacht, die Zeit durchzustehen.
Ty lächelte gelassen, und Nicole fühlte sich mehr denn je zu ihm hingezogen. Langsam schob er einen Ärmel seines Hemds hoch und zeigte ihr die Tätowierung, die sie bereits kannte. Es war ein schmales Band um den gebräunten muskulösen Oberarm, und das tätowierte Muster war genauso sexy wie der ganze Mann.
„Nach jedem Jahr auf dem College habe ich mir ein Stück mehr tätowieren lassen. Das letzte Stück habe ich mir machen lassen, als ich meinen Abschluss gemacht habe und mit dem Praktikum in Sydney angefangen habe.“
„Dann ist es ja fast genauso wie bei mir“, flüsterte sie und fühlte sich mit ihm in diesem Moment tief verbunden.
Die Kellnerin kam. Als Nicole nur Kaffee bestellte, orderte Ty fast alles, was es auf der Speisekarte gab.
„Ich wachse noch“, erklärte er Nicole lächelnd. „Außerdem musste ich Taylor versprechen, dass ich dich füttere.“
„Wir sind also doch deshalb hier. Weil du es Taylor versprochen hast.“
Sein Lächeln erstarb, und er wollte etwas entgegnen, doch da kam die Kellnerin mit frischem Brot und Butter zurück. Sobald sie fort war, bestrich Ty eine der warmen Scheiben mit Butter. „Wir sind hier, weil ich Zeit mit dir verbringen will. Und ich glaube, dass du eigentlich auch mit mir zusammen sein möchtest, obwohl du das hinter deiner sturen und kühlen Art verbirgst.“
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