Verlockung der Finsternis (Kriegerinnen der Fiannah) (German Edition)
ihre Schritte verursach t hatt en. Wie lange w ar es her, dass sie Schnee sah? D ie Erinnerung stammte au s einem anderen Leben , gehörte einer anderen Person , die sie jenseits der Grenzen ihrer von Felswänden eingeschloss e nen Welt verbannt hatt e . Es gab solche Barrieren auch im Domhain des Fremden, ein gigantisches Bollwerk, das seine Welt nicht begrenzte, sondern ihr Herz bild e te. Dort kerkerte er Erinnerungen ein, die er nicht an sich hera n lassen wollte. Aber nicht sie weckten ihre Neugier, es war das, was direkt vor ihr aus dem Schnee ragte. Sie fegte das pulvrige Weiß beiseite, eine Truhe kam zum Vo r schein . D as H olz war dunkel, beinahe schwarz und glatt gehobelt . Sie strich mit den Fi n gerspitzen darüber, die Berü h ru ng löste ein warmes Kribbeln aus , das ihren Arm hinauf lief und sich über ih ren gesamten Körper ausbreitete – nicht ziel los – es war auf der Suche und ermunterte sie, die Truhe zu öffnen. Sie sollte nicht darauf hören, sicher würde sie den Fremden e r zür nen …
Teagan blickte über ihre Schulter, er war nicht hier. D er Fremde schuf das Domhain, aber er mied es , barg diese Welt doch all das, was er zu vergessen suc h te, wie diese Truhe , die hier ihre letzte Ruhestätte gefunden hatte . Der Fre m de hatte sie nicht allein im Schnee vergraben , er hatte sie mit Erde bedeckt , aber sie ruhte nicht, sie v i brierte vor Macht und verlangte, befreit zu werden. Es war kein rüder Befehl, eher ein Wunsch, der unmöglich abzuschl a gen war . Sie befreite die obere Hälfte der Truhe aus ihrem Gefängnis, mehr e r laubte der hart gefroren e Boden nicht – eine Vorkehrung gegen Diebe? S ie kam nicht, um zu steh len, nur einen Blick wü r de sie sich erlauben. Vorsichtig hob sie den Deckel , einen Finger breit, verschloss ihn jedoch sofort als ein silbernes Licht hervordrang und sie des Au s maß es der eingesperrten Macht gewahr wurde . Es kam in dieser Welt der Entzündung eines Fanals gleich , wenn sie den Deckel voll stän dig lüftete . D ie Brandfackel würde den Fremden in sein ungeliebtes Domhain locken oder schlimmer , ihren Nêr.
Die Truhe vibrierte unwirsch, der Inhalt wollte heraus, stemmte sich gegen den Deckel. Mit einem überraschte n Laut drückte sie ihn mit einer Hand nach unten und versuchte mit der anderen die Truhe einzu graben. Als sie schlie ß lich unter einem Haufen schmutzige n Schnees verschwand, wollte das silberne Leuchten einfach nicht verblassen und auch das Kribbeln fand , wonach es suchte , fuhr i h ren Rücken hinab wie ein Schau dern. I hre Finger öffneten und schlossen sich wie von selbst, wollten die Truhe ausgraben , den Deckel öffnen, das Armúrlann ve r langte danach – die Manifestation ihrer Ga be.
Das Armúrlann war Schwert und Schild zu gleich und Teagans Willen oblag es, ob es Schutz bot oder Vernichtung brachte, ob ihre Gabe einzelne Erinnerungen zerquetschte oder ein ganzes Leben bewahrte . I n diesem Moment wollte ihre G a be die Entscheidung treffen, doch sie gestattete es ihr nicht , bal l te ihre Hände zu Fäusten und hielt das Armúrlann gefangen , das bereits ihre Fingerspitzen umwi r belte. Ein letzter Blick zurück bestätigte ihre Befürchtung, etwas durch das Anh e ben des Deckels geweckt zu haben, das mö g licherweise besser für alle Ewigkeit verborgen ge blieb en wäre .
Sie floh, wählte ihren Weg entlang der vor Abweisung strotzenden Befest i gung , rannte bis ihre Lungen brannten und verlangsamte ihr Tempo erst als das Leuc h ten sie nicht mehr erreichte . Außer Atem lehnte sie sich gegen die gigant i sche Ma uer . Wie lange musste sie das Domhain durchstrei fen, um eine Pforte zu fi n den? D achte der Erbauer dieser Welt überhaupt an einen Einlass? Teagan s Finge r spitzen hinterließen silberne S puren auf dem Gemäuer, das die Berührung mit Wärme willkommen hieß . Sie missbrauch te ihr Gast recht nicht , mied Risse, die das Wehr an einigen Stel len durchzogen. M a nche nur haarfein und oberfläc h lich, andere breit und die gesamte Dicke der Mauer durchdringend , gaben sie den Blick auf das D a hinter frei. Sie nahm die unausgespr ochene Einla dung nicht an und zerrte seine Geheimnisse nicht ans Licht . Mit g e schlosse nen Augen e rtastete sie sich ih ren Weg entlang des Bollwerks, l ieß allein die Wärme der Steine und Rei n heit der Luft auf sich wirken. Eine Weile hie lt sie so ihre Neugier im Zaum, b is ihre Finger auf einen besonders ausgeprägten Riss stießen. Erschrocken zuckte
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