Verloren
ist davon ausgegangen, dass ich seine Einladung irgendwann annehmen werde? Obwohl, so übersteigert ist sein Selbstbewusstsein vermutlich gar nicht, denke ich dann – ein Mann wie er kriegt wahrscheinlich wirklich selten einen Korb.
Was es auch ist, er sitzt im Moment definitiv am längeren Hebel – und das weiß er leider auch, wie mir sein Lächeln verrät.
»Machen Sie das immer so?«, frage ich und kann den aggressiven Unterton in meiner Stimme kaum verbergen.
»Was? Frauen zwingen, mit mir auszugehen?« Er lacht. »Nein, eigentlich nicht.«
Ich schüttele den Kopf. »Und warum bei mir?«
»Vielleicht, weil ich weiß, dass Sie es sonst nicht tun würden«, erwidert er. Womit er absolut recht hat.
»Vielleicht habe ich ja meine Gründe«, erwidere ich spitz, woraufhin er erneut die Brauen hebt.
»Es gibt gute Gründe, nicht mit mir essen zu gehen?« Das kann er sich offenbar nicht vorstellen.
»Ja, allerdings«, rechtfertige ich mich und nenne gleich den ersten und wichtigsten. »Ihre Freundin könnte zum Beispiel etwas dagegen haben.«
»Meine Freundin?« Er runzelt die Stirn, aber ich bin gerne bereit, seinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen.
»Die Frau, die Sie auf Giacomos Empfang begleitet hat. Sie trug ein grünes Kleid und hat oben an der Treppe auf Sie gewartet.«
»Paola!«, sagt er sofort, doch er bleibt völlig entspannt, weicht meinem Blick nicht schuldbewusst aus. »Sie ist mit meinem Bruder verheiratet«, informiert er mich. »Luca ist im Moment in Mailand, deshalb war Paola alleine da, und weil sie wusste, dass ich komme, hat sie Ausschau nach mir gehalten.« Er grinst. »Tut mir leid, Miss Conroy, aber mit einer eifersüchtigen Freundin kann ich nicht dienen.«
Peinlich berührt presse ich die Lippen zusammen.
Die Frau war seine Schwägerin! Jetzt, wo er es sagt, wird mir klar, dass es stimmt. Die beiden haben sich gar nicht wie ein Paar verhalten, das habe ich nur hineininterpretiert. Sie waren zwar vertraut miteinander, doch es fehlte die Intimität. Was mich … erleichtert? Erschrocken verbiete ich mir das Gefühl, das als Erstes in mir aufgestiegen ist. Nein, es ärgert mich, ja, das tut es. Denn wenn er keine Freundin hat, dann fehlt mir der Grund, seine Bedingung nicht zu erfüllen.
Mein erster Reflex ist dennoch ein Nein. Ich hole sogar schon Luft, um ihm mitzuteilen, dass ich unter gar keinen Umständen mit ihm essen gehen werde. Doch dann fällt mir wieder ein, wie drängend die Stimme meines Vaters klang. Er will unbedingt Matteo Bertani, also kann ich die Chance, ihn als Gutachter für das »Conroy’s« zu gewinnen, nicht einfach so verstreichen lassen.
»Wir brauchen diese Expertise aber möglichst bald«, erkläre ich ihm, ohne seinem Blick auszuweichen. Wenn er Bedingungen stellen kann, dann kann ich das auch.
Er zuckt nur mit den Schultern. »Dann gehen Sie eben schon heute Abend mit mir aus. Ich kenne da ein sehr nettes Restaurant. Das wird Ihnen gefallen.«
Mit nachdenklich gerunzelter Stirn blicke ich ihn an. Lange. So lange, dass er sich schließlich mit der Hand durchs Haar fährt und seufzt, diesmal laut und deutlich.
»Es ist ein harmloses Essen, Miss Conroy.« In seiner Stimme schwingt Belustigung, aber auch ein bisschen Ungläubigkeit mit. »Wovor haben Sie Angst?«
Ja, wovor, überlege ich. Er hat recht, es ist kein unmoralisches Angebot und eine Bedingung, die eigentlich sehr leicht zu erfüllen ist. Ich weiß nur nicht, was er sich davon verspricht, und das macht mich misstrauisch. Und ganz tief in meinem Innern bin ich vielleicht auch verunsichert, weil ich schon seit ewigen Zeiten mit niemandem mehr aus war als mit Nigel.
Nicht, dass ich keine Erfahrungen hätte, was Männer angeht. Es gab schon ein paar in meinem Leben. Die Beziehungen, wenn man überhaupt davon sprechen kann, waren allerdings eher kurz. Vielleicht waren sie auch nur dazu da, meine Neugier zu befriedigen, was Sex angeht. Diesen Punkt konnte ich allerdings immer schnell abhandeln, und ich fand das Ganze auch nach mehrmaligen Versuchen eher enttäuschend. Sex wird meiner Ansicht nach ganz klar überbewertet.
Und außerdem spielt das keine Rolle. Matteo Bertani hat dieses Essen sicher nicht vorgeschlagen, um mich zu verführen. Er muss andere Motive haben, denn ich brauche bloß an die extrem hübschen Frauen zu denken, die ich auf den Internet-Fotos an seiner Seite gesehen habe, um zu wissen, dass ich unmöglich sein Typ sein kann.
Er ist aber deiner, zumindest
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