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Verloren

Verloren

Titel: Verloren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Taylor
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schlichte, elegante Etuikleider oder Kostüme, von denen ich auch welche mithabe. Aber hier in Rom kamen mir die alle so langweilig vor. Und außerdem war es auf einen wirklich erschwinglichen Preis heruntergesetzt, und ich fand, dass das Rot sehr gut zu meinen dunklen Haaren passt, deshalb musste ich es einfach haben. Ich konnte ja nicht ahnen, dass sich der ungewohnt lange Rock als eine so üble Stolperfalle erweisen würde.
    »Sie können mich jetzt loslassen«, sage ich einen Hauch zu ungehalten zu dem Mann, der mich interessiert betrachtet, und schiebe schnell ein freundlicheres »Danke« hinterher. Er kann schließlich nichts dafür, dass ich mich über meine eigene Ungeschicklichkeit ärgere. Außerdem schulde ich ihm wirklich was. Ich hätte mir übel wehtun können bei dem Sturz, den seine schnelle Reaktion verhindert hat.
    Erst dann fällt mir auf, dass ich das alles auf Englisch gesagt habe und er mich vielleicht gar nicht verstanden hat. Auch wenn er nicht aussieht wie der typische Italiener, sagt mein Gefühl mir, dass er einer ist – seine Aussprache klang gerade nämlich ziemlich authentisch. Doch als ich ansetzen will, den Satz – zur Sicherheit – noch einmal in der Landessprache zu wiederholen, lächelt er, was ein extrem attraktives Grübchen auf seiner rechten Wange erscheinen und mich schon wieder starren lässt.
    »Auf Ihre Verantwortung«, sagt er in lupenreinem Englisch – so viel dazu – und nimmt die Hände von meinen Armen. Dann bückt er sich und hebt meine Clutchbag auf, die auf den Stufen liegt. Er reicht sie mir und beugt sich leicht vor, und jetzt, wo ich wieder atme, nehme ich den Duft seines Aftershaves wahr, das herb ist und sehr angenehm und mir ein bisschen zu Kopf steigt. »Passen Sie nur auf«, fügt er hinzu und sein ohnehin schon sehr charmantes Lächeln vertieft sich. »Kunst ist etwas Wunderbares, aber Ihr Leben sollten Sie dafür nicht riskieren.«
    Er flirtet mit mir, das ist ziemlich eindeutig, und ich bin anfälliger dafür als sonst, wahrscheinlich weil mir der Schock noch so in den Gliedern sitzt. Deshalb bin ich froh, dass er von sich aus einen Schritt zurücktritt und nach oben zu dem Bild an der Wand sieht, das ich gerade so intensiv betrachtet habe. Offenbar will er sich davon überzeugen, was es war, das meinen Fast-Sturz verursacht hat. Als ich seinem Blick folge, spüre ich, wie mich erneut Aufregung erfasst.
    Das Bild ist eins von vielen Kunstwerken – Gemälden, Zeichnungen und Skulpturen –, die die Eingangshalle schmücken. Jedes einzelne lässt mein Herz höher schlagen, aber das da oben hat es mir ganz besonders angetan. Wenn es das ist, was ich vermute, dann hat sich der weite Weg von London nach Rom schon gelohnt.
    »Ich schätze, das verstehen Sie nicht, aber Kunst ist mein Leben«, erkläre ich dem Mann lächelnd, ohne den Blick von dem Bild zu wenden. »Und für einen Joseph Severn muss man schon mal was riskieren.«
    Ganz sicher bin ich natürlich nicht, dafür müsste ich das Gemälde genauer in Augenschein nehmen. Aber ich könnte schwören, dass es von dem englischen Maler stammt, an den man sich vor allem deshalb erinnert, weil er der beste Freund von John Keats war, einem der bedeutendsten Dichter der englischen Romantik – und meinem Lieblingsdichter. Niemals hätte ich erwartet, hier, in dieser Villa in Rom, ein Bild von Severn zu finden, aber es steigert meine Vorfreude auf das, was ich vielleicht noch entdecken werde.
    Oh, hoffentlich klappt es, denke ich und schicke schnell ein Stoßgebet zum Himmel, dass unser Auktionshaus den Zuschlag erhält und wir die Kunstwerke aus diesem Haus versteigern dürfen. Nicht, dass es uns schlecht ginge, das nicht. Aber wir erholen uns gerade von einem schwierigen finanziellen Engpass und können einen neuen, attraktiven Auftrag sehr gut gebrauchen. Die Lage auf dem Kunstmarkt ist derzeit generell angespannt, und ohne interessante Angebote, die Bieter anlocken, funktioniert es nun mal nicht. Außerdem könnten wir unsere Kontakte nach Italien dadurch endlich entscheidend auszubauen – eine Gelegenheit, auf die ich schon lange warte. Auf internationaler Ebene müssen wir nämlich unbedingt aktiver werden, damit uns die Konkurrenz auf Dauer nicht übertrumpft. Nur wie soll das gehen, wenn Dad und ich nie länger als ein paar Tage von zu Hause weg sein können?
    Hastig beiße ich mir auf die Lippe und zwinge meine Gedanken in andere Bahnen. Weil ich weiß, dass es ungerecht ist, und weil ich

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