Verlorene Liebe
daneben und verbrannte sich drei Fingerspitzen. »Nicht!« warnte sie Ed, als er instinktiv aufsprang.
»Ich habe mich verbrannt, und deswegen werde ich mich auch darum kümmern.« Sie warf ihm einen finsteren Blick zu und hielt die Hand unter kaltes Wasser. »Siehst du? Ich schaffe es auch ohne dich. Und ich will auch nicht, daß du Küßchen auf die Fingerspitzen gibst und die Schmerzen wegpustest.«
Wütend drehte sie das Wasser ab, stand dann nur da und starrte auf die tropfenden Finger. »Tut mir leid. Verdammt, es tut mir so leid. Ich kann mich selbst nicht ausstehen, wenn ich so häßlich bin.«
»Wirst du mich treten, wenn ich dich bitte, wieder Platz zu nehmen?«
Sie schüttelte den Kopf und ging zum Tisch. »Ich glaube, ich bin schon den ganzen Abend ziemlich nervös. Als ich dann herunterkam und dich mit Ben reden hörte, bin ich ausgerastet.« Sie nahm einen Topflappen und zupfte und zerrte an ihm herum. »Ich weiß nicht, wie ich mit deinen oder meinen Gefühlen klarkommen soll. Soweit ich mich zurückerinnern, kann, habe ich noch nie jemandem so viel bedeutet wie dir.«
»Gut.«
Das Wort klang aus seinem Mund so komisch, daß sie lachen mußte. Und danach konnte sie ihn endlich wieder ansehen. »Ich denke, es ist nur fair, wenn ich noch einen Schritt weitergehe und dir gestehe, daß ich noch nie für jemanden solche Gefühle hatte wie für dich.«
Er wartete einen Moment. Als von ihr nichts mehr kam, fragte er: »Aber?«
»Wenn es sich um die Vorlage für einen Roman handeln würde, wüßte ich längst, wie ich alle Verwicklungen auflösen kann. Weißt du, ich möchte dir gern sagen, was ich fühle, aber ich fürchte, wenn ich das tue, wird es für uns beide nur noch schwieriger.«
»Versuch es doch wenigstens.«
»Ich habe eine Scheißangst.« Sie schloß die Augen und wehrte ihn nicht ab, als er seinen Hand auf die ihre legte. »Ich fürchte mich so sehr. Als ich oben am Telefon saß, hätte ich am liebsten eingehängt und gesagt: ›So, das war’s.‹ Aber das konnte ich dann doch nicht. Ich bin mir ja nicht einmal mehr sicher, ob ich überhaupt das Richtige tue. Die Gewißheit ist mir abhanden gekommen, und trotzdem muß ich weitermachen. Und was das Ganze noch schlimmer macht, bist du; denn du ziehst mich in die andere Richtung. Und das letzte, was ich will, ist dir weh zu tun.«
»Du willst meine Unterstützung. Du hoffst, ich sage dir, das, was du machst, ist richtig … Ich weiß nicht, ob ich das kann.«
»Dann sag mir einfach nicht mehr, daß ich etwas Falsches tue. Denn wenn du das noch oft von dir gibst, fange ich an, dir zu glauben.«
Er betrachtete ihre ineinanderverschränkten Hände. Sie waren so klein, fast zierlich. Sie hatte sich die Nägel geschnitten und nicht lackiert. Ein goldener, mit Diamantsplittern besetzter Ring steckte an ihrem kleinen Finger. »Bist du schon einmal campen gewesen?«
»In einem Zelt?« Verblüfft schüttelte sie den Kopf. »Nein. Und ich habe auch nie begreifen können, warum Menschen sich freiwillig in Schlamm und Dreck schlafen legen.«
»Ich kenne da eine hübsche Stelle in West Virginia. Ein Bach fließt da, und es gibt jede Menge Felsen und wilde Blumen. Ich würde gern einmal mit dir dorthin fahren.«
Sie lächelte. Auf seine Weise machte er ihr ein Friedensangebot. »In einem richtigen Zelt?«
»Ja.«
»Ich schätze, der Room Service ist da nicht so besonders.«
»Ich könnte dir eine Tasse Tee an den Schlafsack bringen.«
»Okay.« Sie drehte die Hand und zeigte ihm die Brandwunden. »Ed, warum küßt du meine Finger nicht und pustest die Schmerzen fort?«
15. Kapitel
»Tess, du siehst großartig aus.« Claire Hayden küßte kurz die Wange der Psychologin und nahm dann an dem Ecktisch im Mayflower Platz. »Ich bin dir wirklich dankbar, daß du am Ende eines arbeitsreichen Tages noch Zeit gefunden hast, dich mit mir zu treffen.«
»Ich freue mich doch immer, dich zu sehen, Claire.« Tess lächelte, obwohl ihre Füße brannten und sie sich nach einem heißen Bad sehnte. »Außerdem hat es ja ziemlich dringend geklungen.«
»Wahrscheinlich mache ich wieder einmal aus einer Mücke einen Elefanten.« Claire zog ihre elegante Jacke gerade. »Ich nehme einen trockenen Martini«, erklärte sie dem Kellner und sah dann Tess an. »Du auch?«
»Nein. Für mich lieber ein Perrier.« Die Psychologin verfolgte, wie ihr Gegenüber unablässig den Ehering am Finger drehte. »Wie geht es Charlton? Seit Monaten habe ich euch nicht mehr
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