Verlorene Liebe
sie denken. Und jetzt endlich war sie zurückgekehrt und bereit für ihn. Desiree war wieder da und wartete auf ihn.
Wie in Trance setzte er erneut den Kopfhörer auf und schaltete sich erneut ein.
Diese Stimme. Desirees Stimme. Allein sie zu hören, rief bei ihm schon höchste Erregung und verzweifeltes Sehnen hervor. Desiree war die einzige Frau, die ihm das geben konnte, was er wollte. Die ihn bis an den Rand zu treiben vermochte. In ihr wohnte eine ähnliche Macht wie in ihm. Er schloß die Augen und ließ sich von ihr davontragen, ergab sich ganz dem Gefühl. Desiree war wieder da, war zu ihm zurückgekehrt, weil er einfach der Beste war.
Gott, alles entwickelte sich zu seinen Gunsten. Er hatte recht daran getan, seine Maske fallen zu lassen und den Schlappschwänzen in der Schule zu zeigen, wen sie in Wahrheit vor sich hatten. Desiree war zurück. Sie wollte ihn, wünschte sich nichts dringender, als ihn in sich zu spüren und durch ihn den ultimativen Höhepunkt zu erleben.
Er konnte sie schon unter sich spüren, wie sie schrie, sich an ihn preßte und ihn anflehte, es ihr noch härter zu besorgen. Desiree war zurückgekehrt, um ihm zu zeigen, daß er nicht nur Macht über die Lebenden, sondern auch über den Tod hatte. Er hatte sie zurückgebracht. Wenn er sie wieder besuchte, würde es noch besser werden als beim erstenmal.
Die anderen Frauen waren nur ein Test gewesen. Das wurde ihm jetzt in aller Eindeutigkeit bewußt. Sie waren nur dafür da gewesen, ihm zu beweisen, wie sehr er und Desiree zusammengehörten. Und heute sprach sie wieder mit ihm.
Natürlich mußte er so bald wie möglich zu ihr. Aber nicht heute abend. Schließlich galt es, die nötigen Vorbereitungen zu treffen.
»Er hat sich ausgeschaltet!« Billings fluchte und drückte vergeblich auf einige Knöpfe. »Der kleine Mistkerl hat sich verabschiedet. Komm zurück, Junge, komm schon, ich hatte dich schon fast.«
»Haben Sie überhaupt irgendwas herausgefunden, Billings?«
Immer noch Verwünschungen ausstoßend, zog der Mann einen Stadtplan aus einem Fach. Er kreiste darauf ein Rechteck aus sechs Straßenblocks ein. »Hier irgendwo hockt er. Mehr kann ich Ihnen nicht geben. Dafür muß er sich erst wieder einschalten. Gott, kein Wunder, daß er sich ausgeklinkt hat. Dieser Kunde plärrt ja wie ein Säugling.«
»Bleiben Sie dran.« Ben steckte den Stadtplan ein und sprang aus dem Wagen. Das reichte noch lange nicht, aber wenigstens waren sie jetzt weiter als noch vor einer Stunde. Er klopfte an die Haustür. Ed öffnete ihm. »Wir haben jetzt seinen ungefähren Standort. Liegt innerhalb von sechs Blocks.« Ben warf einen Blick die Treppe hinauf und marschierte dann ins Wohnzimmer, um die Karte auf dem Couchtisch auszubreiten.
Ed hockte sich auf die Sofalehne und beugte sich über den Plan. »Vornehme Gegend.«
»Das kannst du laut sagen. Tess’ Großvater lebt hier.« Er tippte auf eine Stelle, die sich außerhalb des Vierecks, aber dicht dran befand. »Und der Kongreßabgeordnete Morgan hat hier sein Domizil.« Sein Finger wanderte in den Kreis.
»Vielleicht war es ja doch kein Zufall, daß jemand mit Morgans Kreditkarte einen Strauß Blumen bestellt hat«, murmelte Ed. »Möglicherweise kennt unser junger Freund ihn oder seine Kinder.«
»Der Sohn des Kongreßabgeordneten dürfte ungefähr in seinem Alter sein.« Ben nahm sein Glas. Die Cola darin war schon etwas schal geworden.
»Sein Alibi ist aber wasserdicht, und dem Phantombild ähnelt er nicht sehr.«
»Stimmt, aber ich frage mich, was er uns wohl zu sagen hätte, wenn wir ihm die Zeichnung unter die Nase hielten.«
»Wie heißt doch noch die Schule, die der junge Morgen besucht? St. James’, nicht wahr?«
»Ja, eine der vornehmsten, konservativsten und verkrustetsten höheren Schulen im Lande.«
Ed fiel der Bürstenhaarschnitt wieder ein, den der junge Mann auf dem Phantombild trug. »Ich rufe sofort dort an.«
Ben trat ans Fenster. Draußen war der Lieferwagen zu sehen. In ihm hockte Billings, knabberte Erdnüsse und war vielleicht gerade dabei, den Jungen noch weiter einzukreisen. Ben spürte, daß ihnen die Zeit davonlief. Bald, sehr bald schon, würde etwas geschehen. Und wenn irgendwas schiefging, steckte Grace in der Klemme.
Er warf einen Blick über die Schulter. Ed telefonierte noch. Er wußte, welche Emotionen einen beherrschten und wie furchtbar man sich fühlte, wenn sich die Frau, die man liebte, in einer Situation befand, die man nicht
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