Vermählung um Mitternacht
scharf. »Wir haben das Vermögen verloren.«
Nach einer wohl berechneten Kunstpause blickte er auf. Seine schönen blauen Augen mit den dichten schwarzen Wimpern hatten mehr als einmal Thereses Neid erregt.
»Ich habe es bereits beim ersten Mal vernommen, meine Liebe«, erwiderte er. »Deswegen bin ich hier. Wexford und dieser närrische Edmund Valmont haben heute Morgen bei White’s vorbeigeschaut. Sie haben eine höchst interessante Geschichte über Alec und deine Cousine verbreitet.«
»Alec ist letzte Nacht mit Julia durchgebrannt.«
Schweigend betrachtete Nick sie.
Therese gestattete sich ein leises Zittern der Lippen. Normalerweise hätte das die Aufmerksamkeit eines Mannes sofort auf ihre vollen Lippen gelenkt, einen ihrer Pluspunkte. Doch Nick fixierte sie weiterhin. Seine Miene wirkte seltsam stumpf, als hätte er bereits alle Sünden dieser Welt ausgekostet und für uninteressant befunden.
Ein köstlicher Schauder überlief sie. »Ich habe alles so gemacht, wie wir geplant hatten.«
»Alles?« Das sanft geäußerte Wort schien im Raum zu hängen. »Gestatte, dass ich anderer Meinung bin, meine Liebe. Du hast eine entscheidende Sache vergessen.«
Sie schluckte. Seine Reglosigkeit hatte etwas merkwürdig Beängstigendes. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Ich weiß nicht, wie du so etwas sagen kannst! Ich habe getan, worum du mich gebeten hast. Ich habe alles für dich aufs Spiel gesetzt.«
»So hübsche Tränen«, murmelte er. »Aber ich habe kein Mitleid für dich übrig. Gib dir keine Mühe, mich rührst du nicht.«
Seine Gleichgültigkeit verletzte sie. »Ich kann nichts dafür. Ich habe mich wie vereinbart verhalten.«
Er zog die Augenbraue hoch. »Ach ja? Hast du nicht möglicherweise zu erwähnen vergessen, dass die hausbackene Miss Julia ebenfalls die Tochter eines Earl of Covington ist?«
Obwohl die Worte in täuschend sanftem Ton geäußert wurden, schmerzten sie wie Peitschenhiebe. Therese musterte Nick. Bei ihm konnte man nie wissen, wie er reagieren würde. Das war einer der Gründe, warum er sie so faszinierte. »Das ist sie wohl gewissermaßen.«
Seine blauen Augen wurden schmal, während er auf sie zutrat. »Erklär mir das.«
Therese ließ sich wieder auf das Sofa sinken. »Ihr Vater hatte den Titel auch inne.« Sie bemerkte seinen zornglühenden Blick und fügte hastig hinzu: »Aber ich dachte nicht, dass es etwas zu bedeuten hätte. Er ist gleich darauf gestorben.«
Nicks Miene verhärtete sich. »Du dumme Gans. Du hättest es mir erzählen sollen.«
»Ich hielt es für nicht so wichtig. Ich habe doch nicht angenommen, dass Julia einen so hinters Licht führt. Meine Güte, es ist wirklich vollkommen lächerlich.«
Ein grausames Lächeln umspielte seinen Mund. »Weißt du, was Wexford und Valmont behaupten?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Dass es eine Liebesheirat war.«
»Den Blödsinn nimmt ihnen doch kein Mensch ab. Alec war die letzten zwei Monate hinter mir her, und jeder hat das mitbekommen.«
»Nicht, nachdem Lucien und sein schafsköpfiger Freund den gesamten ton mit ihrer romantischen Geschichte ergötzt haben. Anscheinend war es Alec egal, ob die Testamentsvollstrecker die Ehe billigen oder nicht, er war entschlossen, sie zu heiraten.« Thereses Magen verkrampfte sich. »Auf der musikalischen Soiree gestern Abend habe ich allen mitgeteilt, dass ich nicht mit ihm durchbrennen wollte. Jetzt werden sie mich für eifersüchtig halten.«
Seine Augen glühten. »Das ist mir völlig gleichgültig. Für mich zählt nur das Geld.«
Ihr wurde heiß. »Ich hätte mit Alec durchbrennen sollen, als sich die Gelegenheit bot. Ich weiß wirklich nicht, warum ich mich von dir zu diesem absurden Plan habe überreden lassen.«
»Wenn ich mich recht entsinne, warst du diejenige, die scharf darauf war, Countess zu werden«, sagte er und betrachtete sie derartig abfällig, dass sie sich fragte, ob ihr teures blaues Musselinkleid sich plötzlich in Sackleinen verwandelt hatte.
Sie klammerte sich an der Armlehne fest. Anscheinend war Nick dies aufgefallen, denn er schenkte ihr ein ganz besonders reizendes Lächeln. »Weißt du, meine Liebe, wenn jemand aus dieser Geschichte als Verlierer hervorgeht, dann bestimmt nicht ich. Ich mag ein Vermögen verloren haben, aber zumindest bin ich noch Earl. Du hingegen ...« Er wies mit seiner blassen Hand auf sie. »Nun ja, vielleicht nimmt dich ja irgendein Landjunker, wenn sich das Gelächter gelegt hat.«
Ohne nachzudenken, fuhr sie
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